F-16-Absturz: Keine Folgen für Umwelt

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Nachdem die amerikanische Armee die Teile des abgestürzten F-16-Kampfflugzeugs bei Engelmannsreuth im Spätsommer 2015 abtransportiert haben, waren deutsche Behörden und ein Landwirt damit beschäftigt, deren Hinterlassenschaften zu beseitigen. Archivfoto: Ralf Münch Foto: red

F-16-Absturz, und es ist alles noch mal gut gegangen. Jedenfalls wenn es nach dem Bericht der Staatsregierung geht, der am Donnerstagmorgen im Umwelt- und Verbraucherschutz-Ausschuss vorgestellt wird. Allerdings zeigt der Bericht auch: Die Notfallpläne müssen besser werden.

 
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Keine Umweltverschmutzung, keine Folgen fürs Grundwasser, keine Gefahren für die Helfer und schon gar keine bleibenden Schäden. Und in Zukunft soll die Kommunikation mit den Amerikanern bei vergleichbaren Unfällen besser werden. Verglichen mit dem Unglück am 11. August vergangenen Jahres ist die Antwort des Freistaates kurz und knapp. „Aber zufriedenstellend“, sagte Ulrike Gote von den Grünen. 

Als der F-16-Kampfjet der US Army in einem Waldstück bei Engelmannsreuth abstürzte, begann die Ungewissheit. Ist die Umwelt verschmutzt? War Munition an Bord? Oder gar andere Kampfstoffe? Welche Folgen hat das Unglück für Mensch und Natur? Wie konnte es zum Absturz kommen? Wie kann so etwas vermieden und wenn nicht, wenigstens die Zusammenarbeit zwischen Amerikanern und den Behörden verbessert werden?

Die Grünen wollten alles genau wissen – und schnell. Und stellten im Dezember einen Dringlichkeitsantrag. Mit der Bitte um präzise Antworten von der bayerischen Staatsregierung. Der wurde am Donnerstagfrüh im Ausschuss für Umwelt- und Verbraucherschutz vorgestellt.

Noch heute steht laut diesem Bericht der Staatsregierung nicht fest, was die Ursache des Absturzes war. Allerdings werde der „abschließende Untersuchungsbericht des US-Militärs in den nächsten Wochen erwartet“. Noch weiß man nur, dass der Pilot über einen plötzlichen „Leistungsabfall“ seiner Maschine berichtete.

An Bord hatte er sechs 25 Pfund Übungsbomben, die er zur Übung in der Grafenwöhr „impact area“ abwerfen sollte. Deren Rauchkörper wiesen „eine geringe Menge Phosphor“ auf. Weitere Waffen soll er nicht an Bord gehabt haben. Gote reichen diese Angaben nicht. Sie will zum Phosphor weitere Angaben. „Weil das noch eine Gefährdung für die Ersthelfer sein könnte.“

Allerdings gab es erstmals genaue Zahlen zu gefährlichen Stoffen an Bord des Flugzeugs. Beim Absturz waren noch etwa 3.000 Liter Kerosin im Tank sowie ein Behälter mit etwa 13 Litern des hochgiftigen Raketentreibstoffes Hydrazin an Bord. Der in der Nähe der Absturzstelle  der F-16 gefundene Hydrazintank, der 26 Liter fasst, war nur noch etwa zur Hälfte gefüllt. Diese Zahlen nennt die Staatsregierung zum ersten Mal. Als die Maschine auf dem Boden aufschlug, geriet sie in Brand, außerdem gelangten „unerhebliche Mengen an Kerosin und eine geringere Menge an Hydrazin in den Boden“.

Erst einen Tag nach dem Absturz fand eine zweite Spezialeinheit der Amerikaner diesen Tank und erweiterte aus Sicherheitsgründen die Sperrzone.

Um den Hydrazintank herum wurde der Boden bis zu einem Meter unter der Geländeoberkante und in einem Radius von etwa 90 Zentimetern entfernt und entsorgt. Geeigneter Löschschaum war vor Ort, wurde von den Feuerwehren aber nicht eingesetzt. Dies zeigten auch die Untersuchungen des Wasserwirtschaftsamtes: Sie  ergaben keine Befunde auf perfluorierte Tenside (PFT), die Bestandteil von Löschschaum sind.

Nach Übergang des militärischen Sperrgebiets elf Tage nach dem Unglück, am 22. August, in die Zuständigkeit der bayerischen Behörden beauftragte das Landratsamt einen privaten Sachverständigen zur Untersuchung der Absturzstelle. Die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Sicherung des Grundwassers wurden von den Behörden begleitet.

„Der erkennbar insbesondere mit Kerosin kontaminierte Boden wurde an der Absturzstelle bis in sieben Meter Tiefe ausgehoben und entsorgt. Ebenso wurde Boden an der Absturzstelle einer der Zusatztanks ausgehoben und entsorgt. Der Bodenaushub wurde in eine zugelassene Deponie in Oberfranken gebracht. Der Bodenaushub wurde dort auf die einzelnen Belastungsklassen geprüft und differenziert entsorgt“, heißt es in dem Bericht.

Der Raketentreibstoff Hydrazin wurde nach dem Absturz an zwei Stellen unter dem Waldboden bis in 70 Zentimetern Tiefe nachgewiesen. Laut Bericht wurde die Bodensanierung abgeschlossen, „nachdem der offensichtlich verunreinigte Boden entsorgt“ worden war. In weiteren Proben seien keine Grenzwertüberschreitungen mehr nachgewiesen worden.

Reines Wasser und saubere Böden – keine Langzeitfolgen also für die Umwelt nach dem Absturz: „Trinkwasserschutzgebiete und Wasserschutzgebiete in der Umgebung der Absturzstellen sind durch Schadstoffbelastungen nicht betroffen“, heißt es wörtlich in dem Bericht. Untersuchungen an Wänden und Sohlen der Aushubstellen hätten keine weitere Kontamination des Bodens mit Schadstoffen ergeben. Selbst in tieferen Regionen: Beim Bodenaushub sei „keine grundwasserführende Schicht erreicht“ worden. „Vorliegende Analysen von gepumptem Grundwasser zeigen, dass keine Verunreinigung des Grundwassers vorliegt.“

Gote ist auch zufrieden, dass die Untersuchungen weiter gehen werden: Auf Wunsch des Wasserwirtschaftsamtes wurde in Abstimmung mit dem Landratsamt und den US-Streitkräften vereinbart, eine Grundwassermessstelle zu errichten. Sie soll in der Nähe der Unfallstelle errichtet werden und das erste oberflächennahe Grundwasserstockwerk erschließen. Um eventuelle Langzeitfolgen zu erkennen.

Der Bericht der Staatsregierung kommt zu dem Schluss: „Es ist davon auszugehen, dass nach der erfolgten Sanierung keine Gefahren für die Umwelt als Folge des Jetabsturzes bestehen.“

Und Entwarnung auch für die Helfer: Nach dem beschriebenen Ablauf sei es wenig wahrscheinlich, dass die Einsatzkräfte mit Hydrazin in Berührung gekommen sind. Von den medizinisch untersuchten Feuerwehrleuten sind keine positiven Befunde bekannt.

Auch die Kommunikation soll besser werden: Die ursprüngliche Fehl-Kommunikation zwischen den amerikanischen und deutschen Ersthelfern vor Ort war bereits im November Gegenstand einer Besprechung mit Vertretern des Spangdahlemer Geschwaders im Landratsamt Neustadt an der Waldnaab. Hierbei entschuldigte sich die amerikanische Seite für den Kommunikationsfehler. In einem am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz am 12. Feburar geführten Gespräch sprach auch der Oberkommandierende der US Air Force für Europa und Afrika, General Frank Gorenc, sein Bedauern aus.

Die Kommunikation und Notfallpläne gehen auf sehr alte Abkommen aus den 1950er und 1960er Jahren zurück. „Das muss man auf einen aktuellen Stand bringen“, sagte Gote. Allerdings räumte sie ein: „Es passiert ja auch nicht jeden Tag.“

Und es wird an einer Modernisierung gearbeitet: Des Weiteren wurde von den Amerikanern auf Bitten der bayerischen Seite angekündigt, einen „single point of contact“, also einen zentralen Ansprechpartner für derartige Vorkommnisse, zu benennen. Im Übrigen wurde auf Anregung der bayerischen Seite vereinbart, eine gemeinsame Notfallübung unter Beteiligung der Teams des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr durchzuführen. Gote: „Hoffen wir, dass es nicht nur bei schönen Worten bleibt, sondern dass sich wirklich was tut.

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Im Landkreis Pegnitz weckt das Unglück Erinnerungen an 1971, als beim Absturz eines Hubschraubers 37 US-Soldaten starben.

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