Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um den Gefahrenstoff Darum ist Hydrazin so gefährlich

Von Sarah Bernhard
Hydrazin reagiert sofort, wenn es auf andere Stoffe trifft. Und ist hochgiftig. Wir erklären, warum die Gefahr für die Einsatzkräfte trotzdem eher gering war. Foto: red Foto: red

Hydrazin ist gefährlich. So gefährlich, dass sich alle Einsatzkräfte, die beim F-16-Absturz Anfang August auch nur in der Nähe der Absturzstelle waren, untersuchen lassen sollen. Wir erklären, was den Stoff so gefährlich macht, wozu die Amerikaner ihn brauchten - und wieso die Gefahr für den Menschen trotzdem recht schnell wieder gebannt war.

 
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Warum war überhaupt Hydrazin an Bord der F-16?

Das Problem saß über dem rechten Flügel: 26 Liter Hydrazin hatte die F-16 geladen, die Anfang August über dem Kitschenrain abstürzte. Laut Bundeswehr das einzige Flugzeug, das überhaupt Hydrazin an Bord hat. „Wenn alle Systeme ausfallen, wird damit Notstrom erzeugt, um die Steuerungsfähigkeit zu erhalten“, sagt Rainer Knoll. Er war Sprecher des "Zusammenschlusses umweltbewusster Bürger" (ZuB) und hat sich jahrelang für den Gesundheits- und Umweltschutz rund um den Truppenübungsplatz Grafenwöhr eingesetzt. „Im Fall der F-16 war das allerdings müßig, sie ist ja trotzdem abgestürzt.“

Was macht Hydrazin so gefährlich?

Hydrazin ist eine klare Flüssigkeit, die nach Ammoniak stinkt, ätzend und giftig ist. Kommt sie mit anderen Stoffen in Kontakt, reagiert sie sofort, sagt Birgit Weber, Professorin für anorganische Chemie an der Uni Bayreuth. Bekommt man es zum Beispiel auf die Haut, führt das zu Reizungen, atmet man es ein, verätzt es die Lunge.

Studien an Kleintieren zeigen, dass eine zu hohe Dosis an Hydrazin tödlich sein kann. Dabei unterscheiden die Forscher zwischen Hautkontakt und Einatmen.

Die Einsatzkräfte, die sich nun untersuchen lassen sollen, haben das Hydrazin am ehesten eingeatmet. Denn wenn Hydrazin mit Luft in Berührung kommt, raucht es. Und könne vom Wind verweht werden, schreibt die Bundeswehr in einem Merkblatt. Sie rät den Einsatzkräften deshalb, die Unfallstelle in einem 100-Meter-Radius abzusperren.

Bei einem Versuch, bei dem Ratten mit 0,75 Milligramm Hydrazin pro Liter kontaminierte Luft einatmeten, starb die Hälfte von ihnen. Allerdings hatten die Ratten das Hydrazin vier Stunden lang eingeatmet. Viel länger, als die Einsatzkräfte ohne Schutzanzüge an der Einsatzstelle waren.

Wie lange ist das F-16-Hydrazin für Menschen gefährlich?

Hydrazin reagiert auch mit Sauerstoff äußerst schnell: Es wandle sich zu Stickstoff und Wasser um, beides ist für den Menschen ungefährlich, sagt Weber. „Das heißt wenn alles Hydrazin mit dem Sauerstoff aus der Luft reagiert hat, ist die Gefahr weg.“ Wie lange das dauere, hänge von verschiedenen Faktoren ab, die nicht mehr nachvollziehbar seien.

Hydrazin ist bei dem Absturz aber auch in den Boden gelangt. Ein Versuch mit Kaninchen hat gezeigt, dass von Tieren, die 91 Milligramm Hydrazin pro Kilo Körpergewicht auf die Haut bekamen, die Hälfte starben. Das Landratsamt Neustadt/Waldnaab hat im Boden bei Engelmannsreuth eine Konzentration von 1,2 Milligramm pro Liter Erde gemessen. Die Gefahr für den Menschen durch das Hydrazin war also eher gering.