Sexprozess: Tochter weiter vernehmungsunfähig - Anwalt geht auf Verteidiger los Sexprozess: Wirbel um falsches Attest

Von Susanne Will
Die Göttin Justitia. Foto: Arne Dedert/dpa Foto: red

Der Platz am Zeugentisch blieb leer: Die Tochter (48), die ihren Vater beschuldigt, sie seit ihrer Kindheit sexuell missbraucht und vergewaltigt zu haben, war auch am Mittwoch nicht vernehmungsfähig. Was der Verteidiger des Mannes, der sich unter anderem auch wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs an seinen Enkeltöchtern zu verantworten hat, erneut in Zweifel zog. Künftig wird ein unabhängiger Psychiater als Sachverständiger neben der Klägerin sitzen. Um zu überprüfen, ob die Zeugin eine "Inszenierung" aufführt, wie es der Verteidiger formulierte.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Zunächst gab es Irritationen um ein Attest. Das Gericht hatte am Dienstag die Vernehmung abgebrochen, sie könne nicht mehr, sagte ihr Anwalt. Sie fuhr direkt zurück in die psychosomatische Klinik, in der sie sich seit einigen Wochen aufhält.  Von dort kam gestern ein Attest, das ihr die Vernehmungsunfähigkeit ausstellte. Nur: Es war datiert auf den 22. Februar.

"Übliches Drohgebaren"

Eine Steilvorlage für Johann Schwenn. "Ein altes Attest vorzulegen", das sei  ein "klassischer Contempt of Court", so der Verteidiger, also eine "Missachtung der Anweisung des Gerichts", oder auch einfach ein Nichterscheinen vor Gericht. Englische Fachbegriffe nutzten ihm allerdings nichts. Es stellte sich als harmloser Irrtum der Klinik heraus, die versehentlich ein altes Attest gefaxt hatten. Frank K. Peter, Anwalt der Frau, forderte Schwenn auf, sein "übliches Drohgebaren" zu unterlassen. Es sei für seine Klientin ohnehin schon schwierig, während der Vernehmungen dessen "hämisches Grinsen" zu sehen und unweit des Mannes zu sitzen, der "verbrannte Erde" hinterlassen habe.

Posttraumatische Belastungsstörung

Das neue Attest bescheinigte der Frau eine posttraumatische Belastungsstörung, einhergehend mit schweren Schlafstörungen. Darüber hinaus würde sie durch bestimmte Auslöser traumatische Ereignisse immer wieder erleben. Außerdem sei der Prozess für sie "sehr belastend".

Chefarzt im Gericht

Weil der Verteidiger darauf drängte, wurde die Frau gestern in der Klinik vom Bamberger Landgerichtsarzt Dr. Martin Weichert untersucht. Der unabhängige Mediziner kam zum gleichen Schluss wie die Kollegen aus der Psychosomatik: Die Frau ist nicht vernehmungsfähig. Wenn sie  allerdings kommende Woche erneut vernommen wird, wird der Chefarzt der Bayreuther Bezirksklinik, Dr. Klaus Leipziger, neben ihr sitzen und über ihre Vernehmungsfähigkeit wachen.

Tagebuch aufgetaucht

Dann dürfte es spannend werden: Der ehemalige Bundesanwalt Wolfgang Schädler vertritt eine der Töchter der Frau. Auch sie soll vom Opa missbraucht worden sein. Er legte dem Gericht alte Tagebucheinträge der Tochter vor, in denen der Opa nicht gut wegkommen soll. Sie werden am Dienstag - dem 27. Prozesstag -  im Beisein der jungen Frau verlesen.

Bilder