Die Polaroids lagen zwischen anderen Trophäen von seinen Sexualpartnerinnen Nacktfotos der Tochter im Safe

Von Susanne Will
ARCHIV - Die Göttin Justitia thront am 25.01.2008 im Gegenlicht auf dem Gerechtigkeitsbrunnen in Frankfurt am Main. Diese Figur steht für Gerechtigkeit. Foto: Arne Dedert +++(c) dpa - Nachrichten für Kinder+++ Foto: red

Das Schwurgericht nimmt sich viel Zeit, um im komplizierten Sexprozess gegen einen 71-jährigen Unternehmer die Wahrheit zu finden. Gestern wurde die Polizistin angehört, die unter anderem das mutmaßliche Opfer, die Tochter des Mannes, als Zeugin vernahm. Es geht auch um die Glaubwürdigkeit der Tochter (49). In einem Tresor hatten die Ermittler brisantes Material gefunden: Zwischen Fotos, die den Unternehmer bei Sex-Spielen mit verschiedenen Frauen zeigte, lagen auch sechs Polaroids. Das Motiv: seine nackte Tochter, als sie Heranwachsende war.

 
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Der Angeklagte zeigte wie in den vergangenen Prozesstagen keinerlei Regung und ließ seinen Verteidiger reden: Johann Schwenn, ein scharfer Promi-Rechtsanwalt, der auch Jörg Kachelmann zur Seite stand, als der Wettermoderator der Vergewaltigung beschuldigt wurde.

Hilfe vom Weißen Ring

Zur Vorgeschichte: Die Tochter hatte in einem Schreibseminar versucht, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten. Nach ihren Worten soll sie seit ihrer Jugend von ihrem Vater missbraucht worden sein - und später soll der Opa auch ihre Töchter betatscht. Sie suchte sie sich Unterstützung bei der Opferorganisation Weißer Ring und zeigte den Vater an. Fortan war ein Helfer der Organisation an ihrer Seite.

Verteidiger zieht alle Register

Schwenns Aufgabe ist es, seinen Mandanten zu verteidigen. Schwenn zieht die Register, die ihm zur Verfügung stehen. Acht Mal hatte die Polizistin die Tochter vernommen. Wie oft die Frau in Begleitung des Weißen Ring-Mitarbeiters gewesen sei, will Schwenn wissen. Und warum sie sich geduzt haben. Und ob der Unterstützer in die Vernehmung eingegriffen habe. Er suggeriert durch seine Fragen, dass  der "Ring"-Mitarbeiter möglicherweise andere Aussagen gemacht habe als die Tochter. Im Raum steht, dass die Aussagen sich vermischt haben könnten. Nein, sagt die Polizistin, der Mann von der Opferhilfe habe nicht eingegriffen.

Sie erzählte aus den Vernehmungen: Die heute 49-Jährige habe viel gesprochen, sie habe große Gedankensprünge gemacht, weit ausgeholt. "Doch wenn es um die Taten ging, hat sie weniger gesprochen, es war so ein Pfeifen in ihrer Lunge." Die Polizistin ahmt das Geräusch nach - es klingt, als ob jemand keine Luft bekäme.

Geld nach Übergriffen erhalten

Und immer wieder habe es diese Drohungen gegeben: Wenn du nicht mitmachst, drehe ich dir den Finanzhahn zu. Sagt die Polizistin, die Tochter zitierend. "Der finanzielle Druck war da, er hat das ausgenutzt und mich mit Geld erpresst", so etwa steht es in den Vernehmungsprotokollen der Polizeibeamtin. Die Tochter selbst bestätigte laut Protokoll, dass sie "ausnahmslos" nach jedem Übergriff Geld erhalten und angenommen habe.

Enkelkinder bedroht

Die Frau stand vor einem hohen Schuldenberg. 125.000 Euro habe der Vater für sie bezahlt. Ob es denn keine Möglichkeit geben habe, die Situation anders zu regeln, wollte die Polizistin damals wissen. Das mutmaßliche Opfer antwortet, es habe auf den Ehemann gehofft. Darauf, dass der endlich "finanziell stärker" wurde. Und dann habe der Angeklagte eine weitere Drohung ausgesprochen: "Wenn du es nicht machst: Deine Töchter sind ja auch ganz nett..." Das, so sagte die Frau, habe sie "um jeden Preis verhindern wollen".

"Naiv, leicht zu beeinflussen"

Das mutmaßliche Opfer hat seine Therapeutin während des Prozesses von ihrer Schweigepflicht entbunden. So wurde die Psychologin ebenfalls befragt. Und so erfuhr das Gericht, dass sich die Patientin "stark belastet" von den Terminen im Gericht fühle, weil ihre Glaubwürdigkeit von "ein, zwei Details" abhänge. Und dass die Mutter sie als junges Mädchen instrumentalisiert habe, um Geld beim Vater zu erbetteln. Und dass die Tochter dem Vater lieber im privaten Rahmen deutlich gemacht habe, wie massiv seine Grenzverletzungen gewesen seien. Und auch, dass die Therapeutin die Patientin früher als "naiv, leicht zu beeinflussen" eingestuft habe; dass sie anderen Entscheidungen überlassen habe, in der Hoffnung, dass die es gut mit ihr meinten.

Verteidiger betont skeptisch

Den Unterlagen der Psychologin war zu entnehmen, dass die Tochter auch ihren Ehemann der zweifachen Vergewaltigung bezichtigt hatte. Verteidiger Schwenn: "Halten Sie die Frau für glaubwürdig?" Therapeutin: "Ja." Schwenn: "Und das tun sie aufgrund einer zwei Jahre dauernden Zusammenarbeit?" Als die Psychologin dies bejahte, äußerte sich der Verteidiger betont skeptisch: "Ach. Das kann man? Das trauen Sie sich zu?" Die Therapeutin blieb unbewegt. "Ja. In allen Einzelheiten weiß ich das nicht. Aber ich halte sie für glaubwürdig. Ja." Schwenn süffisant: "Alle Achtung." Der Prozess wird fortgesetzt.

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