Sexprozess: Opferanwalt misstraut Zeugen

Von Susanne Will
 Foto: red

Wegen einer Serie von Sexualverbrechen steht ein vermögender Firmenpatriarch vor dem Bayreuther Landgericht. Er soll seine Tochter (heute 49 Jahre alt), seine Ex-Frau, zwei Enkelinnen und eine Freundin der Enkelinnen missbraucht haben. Ein Fall, der aus Sicht der Verteidigung Zweifel zulässt. Am gestrigen Verhandlungstag lag die Hoffnung der Verteidigung auf einem Kellner, der den Angeklagten an einem Tag im Dezember in einem Restaurant gesehen haben könnte. Konnte der Mann das Alibi der Freunde bestätigen, dass der Angeklagte während der Zeit der angezeigten Vergewaltigung am Stammtisch geknobelt hat? War er der Entlastungszeuge?

 
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Laut Anklage reiste das Opfer in eine Stadt in Westdeutschland, da ihr der Vater dort Anteile der Firma habe überschreiben wollen. Im Hotel hätte der Vater sie vergewaltigt und gedroht, wenn sie nicht gefügig sei, könne sie die Firmenanteile vergessen.

Zwar war der Angeklagte in jener Stadt. Jedoch bekam er ein Alibi: Er hatte an einer Knobelrunde mit alten Freunden in einem Restaurant teilgenommen. Gestern ging es darum, ob sich daran ein Kellner in dieser Wirtschaft erinnern konnte und so das Alibi bestätigte.

Der 53-Jährige hatte zunächst in der Vernehmung durch die Kripo angegeben, ihm sei keine Knobelgruppe aufgefallen. Doch kurz vor der Zeugenaussage vor dem Bayreuther Landgericht sei es ihm plötzlich gekommen, dass da doch eine Knobelgruppe gewesen sei. An Gesichter konnte er sich in diesem Zusammenhang nicht erinnern.

Das war dem Anwalt der Hauptbelastungszeugin zu viel: Das sei schon der zweite Zeuge, der vor Gericht etwas anderes als in der Vernehmung durch die Polizei sage. „Ein Schelm, der Böses dabei denkt“, so der Anwalt. Er beantragte die Vereidigung des Mannes, außerdem regte er die Durchsuchung von dessen Wohnung an. Beidem erteilte der Vorsitzende Richter mit der Begründung, die Aussagen seien nicht von ausschlaggebender Bedeutung, eine Absage.

Auch im Zeugenstand saß der erste Freund der Hauptbelastungszeugin. 14 Jahre alt waren die beiden Heranwachsenden, als sie das erste Mal intim wurden. „Eine Defloration“, so erinnerte er sich, „habe ich mir immer anders vorgestellt, das hatte mich irritiert“, sprich: Er vermutete damals, dass das Mädchen keine Jungfrau mehr gewesen sei. Ihre Reaktion: „Sie sagte nur den Satz ,Ich wurde von meinem Vater missbraucht‘“, so der Architekt. Er habe ihr nicht geglaubt.

Jahrzehnte später kamen die beiden über soziale Netzwerke wieder in Kontakt. Sie verabredeten ein Treffen an jenem Tag im Dezember 2010 – die Erinnerungen daran waren wichtig für das Gericht. Denn das Treffen lag auf dem Weg zu jenem Hotel, in dem der Vater der Tochter die Firmenanteile hatte überschreiben wollen und in dem sie – so ihr Vorwurf – von ihm vergewaltigt worden ist.

War das mutmaßliche Opfer tatsächlich auf dem Weg in dieses Hotel? Das konnte der Zeuge bestätigen. Sie habe davon gesprochen, dass sie sich dort mit ihrem Vater treffen wollte. Zunächst habe sie sogar versucht, sich in eben jenem Hotel mit dem ersten Freund zu verabreden. Das habe dieser aber abgelehnt. Denn dort absolvierte zu dieser Zeit gerade die Tochter enger Freunde ein Praktikum. „Das habe ich als unangemessen angesehen.“ So kam es zu einem Treffen auf einem Rastplatz.

 

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