Zwei Beobachterinnen beim Toilettengang
Die 47-jährige Hauptzeugin befindet sich noch immer im Zeugenstand. Am dritten Verhandlungstag am Dienstag sollte die Frau berichten, was die Folge ihres Aufbegehrens gegen den Vater für ihre Ehe war: Sie berichtete, dass ihr Ehemann ihrem Vater immer ähnlicher geworden sei. Dass ihr Ehemann sie ebenfalls vergewaltigt habe. Während der Schilderung eilte die Zeugin zweimal zur Toilette. „Ihr ist schlecht, sie muss sich übergeben“, erklärte ihre Anwältin Kristina von Imhoff. Auf den Hinweis von Verteidiger Schwenn, dies sei eine „Inszenierung“ schickte der Gerichtsvorsitzende Michael Eckstein die Nebenklageanwältin und die Glaubwürdigkeitsgutachterin mit aufs Klo. Beide berichteten, sie hätten auf der Gerichtstoilette geringe bräunliche Flecken gesehen. Die Vernehmung der Hauptzeugin wurde abgebrochen, sie ging am Nachmittag zum Arzt.
Die Mutter hat ein schlechtes Gewissen
Ihre Mutter berichtete, dass ihre Tochter ihr schon als Kind von Übergriffen des Vaters erzählt hatte und auch eine erste Vergewaltigung im Alter von 13. Man habe Rat bei einer Anwältin gesucht und von der den Hinweis bekommen: Aussage gegen Aussage, ihnen wird niemand glauben. Die Zeugin berichtete, dass der Angeklagte nach der Ehescheidung auf sein Recht zum Umgang mit der Tochter gepocht, sogar gedroht habe, sich das ganze Sorgerecht zu holen – mit dem Hinweis: „Mit Geld ist vieles möglich.“ Ihre Tochter sei völlig verstört gewesen, habe als Achtjährige wieder in die Hosen gemacht, oft gesagt: „Mama, ich will nicht mehr da hin.“ Jahre später sagt die Ex-Frau im Gericht: „Ich mache mir heute sehr große Vorwürfe. Hätte ich die Zeichen erkannt, wäre vieles nicht passiert.“
Die Zeugin ist in Augen des Verteidigers nicht glaubwürdig: Anhand alter Gerichtsberichte aus der Zeitung versucht er zu beweisen, dass die Frau als vorbestrafte Betrügerin anzusehen sei.
Ehemann lässt erklären: Ich wurde zu Unrecht bezichtigt
Der Ehemann der Hauptzeugin hat über seinen Anwalt eine Presseerklärung verbreiten lassen: Darin heißt es, er sei von seiner Frau zu unrecht der Vergewaltigung bezichtigt worden, entsprechende Verfahren habe die Staatsanwaltschaft eingestellt. Der Ehemann lässt darin weiter erklären, seine Ehefrau habe ihm niemals von sexuellen Übergriffen seines Schwiegervaters berichtet. In dem Prozess werde er von seinem Schweigerecht Gebrauch machen. Der Erklärung beigefügt ist auch ein Schreiben, in dem ein zweiter Anwalt von dem Zivilrechtsstreit der Hauptzeugin mit ihrem Ehemann berichtet. Dort habe der Anwalt der Hauptzeugin in Aussicht gestellt, dass seine Mandantin für den Fall einer gütlichen Einigung von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen werde. Gemeint sind aber möglicherweise die Vorwürfe gegen den Ehemann. Verteidiger Schwenn hatte zunächst gemutmaßt, die Hauptzeugin habe sich ihr Schweigen im Prozess gegen ihren Vater bezahlen lassen wollen.
Der Prozess wird fortgesetzt.