Sie schont sich selbst nicht. Räumt ein, dass sie sich durch Geld dazu hat bewegen lassen, doch nicht zur Polizei zu gehen. Räumt ein, dass sie trotz jahrelangen Missbrauchs mit dem Vater mehrfach in Familienurlaub fuhr. Dass sie mit ihrem Mann vor Gericht um viel Geld streitet – erst am Montag war ein Termin bei einer Zivilkammer des Landgerichts. Sie beschuldigt ihren Ehemann, die Übergriffe des Angeklagten geduldet zu haben. Ihr Ehemann, Chef der oberfränkischen Firma des Angeklagten, habe sich sein Stillschweigen erkaufen lassen.
Die Zeugin berichtet aber auch, wie sie etwa im September 2010 begann, darüber nachzudenken, ihren Vater doch anzuzeigen: Sie habe mitbekommen, wie er sich an ihre Töchter heranmachte. Ihre jüngste Tochter, damals 14, habe einen heftigen Annäherungsversuch des Opas mit den Worten „wenn du mich noch mal anfasst, zeig’ ich dich an“ gekontert. Im Oktober 2011 will die Hauptzeugin eine besonders erniedrigende Vergewaltigung durch ihren Vater erlitten haben. Sie begab sich in therapeutische Hilfe, es kam in Folge zur Anzeige.
Das ist das Gericht: Den Prozess führt Michael Eckstein, der Vizepräsident des Landgerichts. Er hat zwei Laienrichter und drei Berufsrichter zur Seite. Einer dient als Ergänzungsrichter. Der Gerichtsvorsitzende hat große Erfahrung. Er hat den Wiederaufnahmeprozess im Fall Peggy geleitet. Bei manch anderen Prozessen oder Tatbeständen ist er schon einmal zu Späßen aufgelegt. Hier nicht. Man darf gespannt sein, wie der Vorsitzende reagiert, wenn Verteidiger Schwenn die Hauptzeugin heute zu sehr ins Kreuzverhör nimmt.