Psychologin beginnt mit Glaubwürdigkeits-Gutachten der Hauptbelastungszeugin Sex-Prozess: Mit Tochter im Erotik-Laden

Von Susanne Will
Die Göttin Justizia. Foto: Arne Dedert/dpa Foto: red

Der Vorsitzende Richter Michael Eckstein ist optimistisch: In drei Wochen könnten die Plädoyers gehalten werden. Und eine Woche später das Urteil über den 71-jährigen Unternehmer gesprochen werden. Gestern wurde ein Teil des Glaubwürdigkeits-Gutachtens über seine Tochter verlesen, die ihm vorwirft, seit ihrem 13. Lebensjahr von ihm missbraucht und vergewaltigt worden zu sein. Klar wurde: Ein normales Leben hat diese Frau nie geführt.

 
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Der Angeklagte muss sich vor dem Bayreuther Landgericht wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung und des sexuellen Missbrauchs, unter anderem an seinen Enkelinnen und seiner Tochter, stellen. Der Unternehmer scheint sich eines Freispruchs sicher: Er hat ab dem 8. April, dem anvisierten Urteils-Tag, einen Urlaub gebucht.

Das war aus dem Gutachten zu hören: Nach dem Scheitern ihrer ersten Ehe lernte die Hauptbelastungszeugin  ihren jetzigen Mann kennen, von dem sie aktuell geschieden wird. Über ihn sagte sie im Gespräch mit der Glaubwürdigkeits-Gutachterin Gabriele Drexler-Meyer, dass sie sich von ihm Unterstützung erhofft hätte. Doch er habe mit ihrer Heirat nur den Eintritt in die Firma ihres Vaters bezweckt.

"Dieses Tier"

Die Tochter, heute 48 Jahre alt, gibt an, der Vater habe sie seit ihrem 13. Lebensjahr missbraucht. "Sexualisiertes Verhalten", so fasst Drexler-Meyer das zusammen, was die Tochter ihr erzählte. Dass der Vater sie beispielsweise öfter eingecremt habe. Zwar habe die Tochter gegen "dieses Tier" - damit meint sie den Vater - angekämpft, doch immer vergebens. Auf die Frage, warum sie dennoch mit ihm in den Urlaub gefahren sei, habe sie gesagt, dass es unmöglich gewesen sei, sich seiner Anordnung zu entziehen.

Besuch im Sex-Shop

Daneben sei es ihrem Vater egal gewesen, "wer etwas mitkriegt": So habe die frühere Ehefrau des Angeklagten gesehen, wie der Vater nackt aus ihrem Schlafzimmer gekommen sei. Und er habe sie gezwungen, mit ihm und dieser Frau einen Sex-Shop zu besuchen.

Introvertiert und bedrückt

In ihrem Persönlichkeitsgutachten konnte die Psychologin am 28. Verhandlungstag die Befunde der Tochter nicht ganz auswerten, "was an ihrer Verschlossenheit liegt", so die Fachfrau. Die Hauptbelastungszeugin hatte sich in einer Selbstbeschreibung als sehr introvertiert und bedrückt bezeichnet. Das abschließende Gutachten zur Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen wird am 30. März verlesen.

Infos aus dem Gerichtssaal

Gestern ging es vor Gericht auch um prozessrelevante Spesenbelege. Dazu wurde die Finanzbuchhalterin der Firma des Noch-Ehemannes der Tochter geladen. Die Angestellte rückte nur auf drängende Nachfrage eines Richters und der Nebenklagervertreter mit der Wahrheit heraus: dass ihr Chef Details aus der Anhörung seiner Noch-Frau wusste und ihr deshalb vor ihrer Vernehmung sagen konnte,  um welchen Beleg es gehen werde. Kurios: Als seine Noch-Frau davon berichtete, saß der Mann gar nicht im Zuhörer-Bereich. Dafür aber ein Leitender Angestellter seiner Firma, der dort Dauergast ist. Und der den Chef wohl umgehend informiert hat.

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