Rettungskräfte sollen „Kenntnisdefizite“ gehabt haben – Grundwasser ist sauber F-16: Bundesregierung kritisiert Helfer

Von Sarah Bernhard
Sie kamen, um zu helfen – und müssen sich dafür nun die Kritik der Bundesregierung gefallen lassen: Die wirft den freiwilligen Rettungskräften beim Absturz eines amerikanischen Kampfjets vor, nicht gewusst zu haben, was sie tun. Kreisbrandrat Hermann Schreck, der den Einsatz im August vergangenen Jahres leitete, ist empört. Foto: Archiv/dpa Foto: red

Die guten Nachrichten zuerst: Das Grundwasser unter der Absturzstelle des amerikanischen Kampfjets im Kitschenrain ist sauber. Und mittlerweile haben 16 Betroffene 720.000 Euro Entschädigung bekommen. Doch es gibt auch eine schlechte Nachricht: Die Bundesregierung hat plötzlich die freiwilligen Rettungskräfte auf dem Kieker. Warum, weiß nicht einmal sie selbst.

 
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Kreisbrandrat Hermann Schreck ist sauer. Sauer auf die Bundesregierung. Denn die übt in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken-Fraktion im Bundestag plötzlich heftige Kritik. Und zwar an den freiwilligen Rettern, die beim Absturz des amerikanischen Kampfjets im August vergangenen Jahres im Einsatz waren.

„Kenntnisdefizite zu den Besonderheiten bei einem Flugunfall mit militärischen Luftfahrzeugen“ hätten sie gehabt. So große, dass bereits „Schulungsmaßnahmen zur Erhöhung der Handlungssicherheit von freiwilligen Rettungskräften veranlasst“ worden seien.

"Ich weiß nicht, wer diese schlauen Gedanken hatte"

„Ich weiß nicht, wer diese schlauen Gedanken hatte“, sagt Schreck. „Aber das Problem war nicht die angebliche Unwissenheit von ehrenamtlichen Einsatzkräften, sondern falsche Aussagen und Informationen der US-Streitkräfte.“ Die hatten zunächst behauptet, dass beim Absturz keine gefährlichen Substanzen ausgetreten seien, worauf sich die Rettungskräfte verließen. Später bestätigte aber sogar die Armeeführung selbst, dass das eine Fehlinformation war. „Dass die Bundesregierung nun uns kritisiert, hat uns sehr überrascht“, sagt Schreck.

Auch die Bundesregierung ist ein bisschen überrascht. Von der Frage, woher sie denn von diesen Kenntnisdefiziten wisse. Ihr Pressesprecher teilt mit, dass sich die Regierung aufs Verteidigungsministerium berufen habe.

Der Pressesprecher des Verteidigungsministeriums teilt mit, dass man für diese Anfrage zwar federführend zuständig war. Aber eigentlich auch doch nicht, weil ja kein deutsches Flugzeug abgestürzt sei, sondern ein amerikanisches. Und wenn es um Rettungskräfte gehe, müsse man sowieso beim Verkehrsministerium nachfragen. Das Verkehrsministerium sagt bis Redaktionsschluss einfach gar nichts.

Grundwasser ist sauber

Es hat länger gedauert als angekündigt, aber jetzt ist sicher: Das Grundwasser unter dem Kitschenrain ist sauber. Das bestätigt Claudia Prößl vom Landratsamt Neustadt an der Waldnaab. Sie beruft sich auf ein Gutachten des Bayreuther Ingenieurbüros Piewak und Partner, das seit dieser Woche vorliegt.

„Die Empfehlung lautet, das Wasser in ein paar Monaten nochmal zu untersuchen, falls noch was nachsickert. Aber wir haben das ganze Erdreich ausgebaggert, da wird nichts mehr sein“, sagt Prößl. Man werde sich aber trotzdem an die Empfehlung halten, „dazu ist das Gutachterbüro ja da“.

Entschädigungen zwischen 250 und 20.000 Euro

Mittlerweile sind 17 der 75 bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) eingegangenen Entschädigungsanträge bearbeitet. Insgesamt wurden bisher 720.000 Euro ausbezahlt, ein Antrag wurde zurückgenommen. Die niedrigste Einzelentschädigung lag bei 250 Euro, die höchste bei 20.000 Euro.

Einen Großteil des Geldes bekommen Bauern oder Waldbesitzer, deren Grundstücke beschädigt oder verschmutzt wurden. Bei der Bima gingen auch Anträge auf die Erstattung von Einsatz- und Lohn- sowie Verpflegungs- und Materialkosten ein. Einige Helfer stellten wegen möglicher Gesundheitsschäden vorsorglich einen Antrag.

Zunächst muss die Bundesrepublik dieses Geld vorstrecken. Wenn klar ist, wie hoch die Entschädigungszahlungen insgesamt sind, kann die Bima bis zu 75 Prozent des Geldes von den USA einfordern. Dieser Höchstsatz greift aber nur, wenn die USA die alleinige Verantwortlichkeit für die Schäden auf sich nehmen.

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