Sexprozess: Zeugen nicht psychisch krank

Von Manfred Scherer
 Foto: red

Im Vergewaltigungsprozess gegen einen 71-Jährigen hat Psychiater Thomas Wenske am Donnerstag wichtige Gutachten vorgelegt.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Er ist eine Art Feuerwehrmann. 70.000 Kilometer ist Thomas Wenske im Jahr 2015 gefahren.  In Strafprozessen in Nordbayern hat er über 200 Gutachten erstattet. Ohne Wenske, den stellvertretenden Leiter der forensischen Psychiatrie in Erlangen, hätten Richter so manches Verfahren abbrechen müssen.

Wenske ist Spezialist darin, auf die Schnelle psychiatrische Gutachten zu machen. Jetzt auch im großen Bayreuther Vergewaltigungsprozess gegen einen 71-jährigen Unternehmer aus Westdeutschland, der seit Ende September vor dem Landgericht steht.

Der Angeklagte wird von fünf  Frauen bezichtigt, sie vergewaltigt oder sexuell missbraucht zu haben. Unter den mutmaßlichen Opfern sind seine Ex-Frau, seine zwei Enkelinnen und eine Freundin einer der Enkelinnen. Das Hauptopfer ist laut Anklage die heute 48-jährige Tochter des Angeklagten, die er seit ihrer Kindheit missbraucht und vergewaltigt haben.

Verteidigung will Falschbezichtigung nachweisen

Wie berichtet äußert sich der Angeklagte nicht zu den Vorwürfen. Sein Anwalt Johann Schwenn verteidigt den 71-jährigen mit einer Strategie, die den Prozess am Ende  zu dem Ergebnis bringen soll, dass der Angeklagte von den Belastungszeuginnen fälschlich beschuldigt werde. Tatsächlich gibt im Lauf der bisher 18 Verhandlungstage andauernden Beweisaufnahme einige Widersprüche  und Indizien für mögliche Alibis zu angeblichen Taten.

Ein Teil der Verteidigungsstrategie war die Frage, ob zwei der Belastungszeuginnen möglicherweise aufgrund psychischer Erkrankungen lügen. Die 48-jährige Tochter hatte via Arztattest eine posttraumatische Belastungsstörung reklamiert. Das hierbei unterstellte Trauma wäre die Vergewaltigung durch den Vater. Eine ihrer Töchter berichtet von Selbstverletzungen in der Kindheit und Jugend. Für den Verteidiger ein Hinweis auf eine besondere Persönlichkeitsstörung, die mit notorischem Lügen gekoppelt ist.

Ist die Hauptzeugin eine Simulantin?

Gutachter Thomas Wenske, der seine Expertisen nachts schreibt, schloss für beide Zeuginnen Persönlichkeitsstörungen aus. Die Zeugentüchtigkeit der zwei Frauen sei deshalb nicht beeinträchtigt. Das heißt nicht, dass die Frauen deshalb die Wahrheit sagen. Wenske hatte nicht die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen zu untersuchen.

Der Psychiater hatte Mitte November den Auftrag des Gerichts für das Gutachten erhalten und hatte seine Untersuchung schon kurz vor dem Jahreswechsel fertig - dafür dankte der Strafkammervorsitzende dem Gutachter in der laufenden Sitzung ausdrücklich.  Am Verhandlungstag beantwortete Wenske weitere Fragen zu seinem Gutachten. Viele Fragen gab es nicht, die zwei interessantesten stellte Verteidiger Schwenn: Ob eine posttraumatische Belastungsstörung entstehen könne, wenn jemand, wie die Hauptzeugin, beim Lügen erwischt werde und ihr das totale Gesellschaftliche Aus drohe? Oder,  ob jemand eine posttraumatische Belastungsstörung simulieren könne? Beides wollte Wenske nicht ausschließen, merkte aber an: "Ausschließen kann ich gar nichts, außer, dass Menschen 200 Jahre alt werden können."

Die Vorgeschichte:

Ersatzrichter muss bald ran

Tochter bezichtigt Vater der Serienvergewaltigung

Eine Zeugin unter Anklage

Zeugin kommt in Sexprozess das Kotzen

Man zieht sich hier selisch aus

Mögliches Alibi im Sexprozess

Ein verbotener Satz im Sexprozess

Eine Zeugin verschwindet im Sexprozess

Gericht hebt Haftbefehl auf

"Kümmerer" in der Schusslinie

Bilder