BAT: Ringen um die Transfergesellschaft

Von Susanne Will
Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (2.v.l.) mit Arbeitsministerin Emilia Müller und Markus Schmitz von der Bundesagentur für Arbeit vor der BAT im Gespräch mit Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe. Foto: Andreas Harbach Foto: red

44 Millionen Euro will Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner in zwei individuelle Standortkonzepte investieren, um den Jobabbau bei Siemens in Bayern und BAT in Bayreuth abzufedern. Derweil kämpft der Betriebsrat mit der Gewerkschaft um das Beste für die Mitarbeiter von BAT.

 
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British American Tobacco (BAT) hatte Mitte Juli mitgeteilt, 950 von 1400 Stellen in Bayreuth zu streichen. Siemens hatte die Streichung oder Verlagerung von weltweit 2500 Jobs in der Sparte Prozessindustrie und Antriebe angekündigt, davon rund 2000 in Deutschland, vor allem an den Standorten Nürnberg und Ruhstorf nahe Passau.

"Gewaltige Kraftanstrengung"

Während in Ruhstorf die Unterstützung der Regierung schon weit fortgeschritten ist – hier soll ein Gewerbepark auf dem Siemensgelände entwickelt werden –, steht die Unterstützung in Bayreuth noch am Anfang. „Es sind gewaltige Kraftanstrengungen nötig“, sagte die Ministerin am Montag in München.

Insgesamt stehen in den kommenden Jahren für Bayreuth und die Siemens-Standorte 44 Millionen Euro zur Verfügung. Zu welchen Teilen, ist derzeit noch offen.

Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums zur BAT: „Zuerst müssen die Betroffenen aufgefangen werden. Wir haben der Geschäftsführung einiges abgerungen, darunter die Transfergesellschaft, in der die Betroffenen möglichst lange Zeit für Weiterbildung haben.“

Gewerbe-Center im BAT-Komplex?

Derweil werde die Regierung das Thema Ansiedlungspolitik angehen. Die Sprecherin: „Ilse Aigner hat bereits nachgefragt, was BAT mit dem Grundstück plant.“ Im Hinterkopf hat die Ministerin Ruhstorf, wo es konkrete Pläne für ein Gewerbecenter gibt, in dem die Ex-Siemensianer wohnortnah arbeiten können. „So konkret können wir für Bayreuth noch nicht werden“, so die Sprecherin, der Aktionsplan für Bayreuth werde gerade noch entwickelt.

Drei Millionen Euro für Münchberg

Um Arbeitsplätze in der Region Bayreuth zu sichern, würden nun zukunftsträchtige Bereiche wie Digitalisierung und Elektromobilität gestärkt. So wird in Münchberg ein Textilforschungsinstitut als Außenstelle der Hochschule Hof errichtet. Dazu werden ab 2018 zusätzlich drei Millionen Euro zur Verfügung stehen. Dort soll industrienahe angewandte Forschung betrieben werden, die zu 50 Prozent vom Ministerium und zu 50 Prozent von der regionalen Industrie finanziert wird.

Die Projektliste, die die Uni Bayreuth zusammen mit den Wirtschaftskammern in Bayreuth der Wirtschaftsministerin vorgelegt hat, werde derzeit bewertet.

Verhandlungen bis Ende August

Dass es vom Freistaat Millionen-Hilfen für British American Tobacco geben wird, hat Paul Walberer gehofft. Dass es nun 44 Millionen Euro werden, die für verschiedene vom Jobabbau gebeutelte Regionen in Bayern vorgesehen sind, kommentiert der Betriebsrats-Chef des Tabakriesen nicht. Walberer steckt mitten in den Verhandlungen mit dem Konzern. Bis Ende August sollen Lösungen für die 950 geschassten Mitarbeiter gefunden werden.

„Wir sind momentan auf einem Weg, der zumindest von beiden Parteien ordentlich beschritten wird“, sagt er. „Das heißt nicht, dass wir uns ordentlich fetzen. Aber es ist richtig, dass wir als Arbeitnehmer-Vertretung bestimmte Vorstellungen haben, die letztendlich in einem Sozialplan berücksichtigt werden müssen.“

"Wir wollen mehr"

Momentan stünden Diskussionen über Themen wie Abfindungen auf seinem Tagesprogramm. „Wir können schließlich nicht ewig warten.“ Er sagt, dass es in jedem Unternehmen schwierig wird, wenn es ums Geld geht. „Trotz allem denke ich, dass es Zugeständnisse geben wird, wir reden da sehr offen.“ Eine Obergrenze werde es geben, das sei ihm klar. „Aber unter der Prämisse, dass bei der BAT ja auch verdient wird, werden wir uns nicht mit einer Abfindung zufrieden geben, die vielleicht vor einigen Jahren Standard war. Wir wollen mehr.“

Weiteres Thema: über Weiterbildungen und Qualifizierungsmaßnahmen den Großteil der 950 fit für den ersten Arbeitsmarkt zu machen. „Die BAT macht da mit“, sagt Walberer.

Womit er beim nächsten Baustein ist: die Transfergesellschaft. Dieses arbeitsmarktpolitische Instrument hat den Zweck, Mitarbeiter, die von der Arbeitslosigkeit betroffen sind, innerhalb eines Jahres eine neue Beschäftigung zu vermitteln. Als arbeitslos gelten die Mitarbeiter in der Transfergesellschaft damit noch nicht. Innerhalb der Transfergesellschaft können sich die Mitarbeiter weiter qualifizieren.

„Wir können die Zeit auch verlängern“, erklärt Walberer. Finanziell seien diese Mitarbeiter dann abgesichert, da die BAT die Aufstockungsbeträge zwischen Arbeitslosengeld I und Gehalt übernähme. Bereits jetzt würden Mitarbeiter schon vereinzelt Schulungen machen, um sich weiterzubilden.

Noch keine Transfergesellschaft

Wer die Transfergesellschaft sein wird, ist noch unklar. Walberer: „Auch unter Transfergesellschaften gibt es schwarze Schafe. Wir haben uns umgeschaut, auch in der Region, haben aber noch keinen Vertrag gemacht.“

Er macht deutlich: „Es kann nur jemand sein, der wirklich starke Referenzen hat und der in der Lage ist, jedem einzelnen BAT-Mitarbeiter zu helfen.“ Die Mitarbeiter gehen regelmäßig ihrer Arbeit nach, wohl wissend, dass die Tage der meisten in der BAT gezählt sind. „Die Stimmung ist nach wie vor gedrückt“, erzählt Walberer. „Sie nehmen so langsam wahr, was hier passiert. Sie sind gefasst.“

In die Verhandlungen eingebunden ist Michael Grundl, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gastwirtschaft. „Wir stehen noch immer am Anfang der Verhandlungen“, sagt er. Die BAT kenne die drei Kernforderungen (Transfergesellschaft, großzügige Abfindungen und vorgezogener Ruhestand). „Wir brauchen vor allem für die älteren Kollegen einen größeren Spielraum.“ Da möchte er mehr herausholen, als ein Tarifvertrag derzeit vorsehe.

Gewerkschaft: "Alles begrüßen, was die Region stärkt"

Zu den in Aussicht gestellten 44 Millionen Euro, mit denen das Wirtschaftsministerium versuchen wird, von Arbeitslosigkeit bedrohte Region zu unterstützen, sagt er: „Es ist natürlich alles zu begrüßen, was eine Region stärkt. Allerdings kenne ich noch keine Modelle, mit denen das passieren soll.“

Michael Grundl findet es grundsätzlich schade, „dass die Gewerkschaften nicht in die Pläne einbezogen werden“, er ist sich sicher, „wir hätten hier Positives bewirken können“. Aber: „Wir begrüßen alles, was hilft, um in Oberfranken den Arbeitsmarkt zu verbessern.“

Mit Material von dpa

 

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