Pferdesteuer: Betriebe und Vereine leiden

Von Heike Hampl
Handi Seferaj, vom Reiterhof Vorlahm mit seinem Pferd Mondega. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Die Pferdesteuer hat in Hessen einen Betrieb beinah zerstört. Ein Reitverein steht vor der Auflösung. Reiterhof-Betreiberin Sabine Andersen aus Vorlahm warnt: Solche Konsequenzen könnten auch in Eckersdorf drohen.

 
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Die Pferdesteuer kostete ihr beinahe die Existenz: Doris Stephan betreibt in Bad Sooden-Allendorf eine Pferdepension. Die hessische Kommune erhebt Pferdesteuer. 200 Euro pro Pferd pro Jahr. Nachdem die Lokalpolitiker die Steuer eingeführt hatten, sind Doris Stephan die Kunden weggerannt.

Herz und Galle

Für Stephan begann ein Kampf - gefolgt von Herzattacken und einer Operation an der Gallenblase. "Ich hatte nur Stress, nur Ärger. Ich wusste nicht mehr weiter. Am einen Tag wollte ich auswandern, am anderen Tag wollte ich mich umbringen", sagt sie. Doris Stephan bildet junge Leute zu Pferdewirten aus, beschäftigt Studenten, die ein freiwilliges ökologisches Jahr leisten. "Die Stadt hindert mich daran, meinen Beruf auszuüben."

Hoffnung gestorben

Im Jahr 2013 hat die hessische Stadt die Steuer eingeführt. Der Fall landete vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Das sagte im August: Die Steuer ist zulässig. Für Doris Stephan ist damit jede Hoffnung gestorben.

Ihre Notlösung: Sie bezahlt die Steuer für ihre Kunden. Ihre eigenen Pferde hat sie hergegeben, auch wenn es ihr schwerfiel. "Diese Lösung reißt ein Loch in meine Kasse, aber so kann ich wenigstens weiterarbeiten." Wie lange das gut geht, weiß sie nicht. Ihr Ehemann hat den Sitz seiner Firma umverlegt. "Wir können der Stadt seine Gewerbesteuer nicht mehr gönnen", sagt Stephan. Es ist ihre Art des Protests.

Gilt das auch für Eckersdorf?

Der Fall von Doris Stephan zeigt, was auch Eckersdorfer Betrieben drohen könnte, falls der Gemeinderat sich für die Pferdesteuer aussprechen sollte. Im September haben die Räte die Entscheidung darüber vertagt, während rund 500 Pferdesteuer-Gegner vor dem Rathaus demonstriert hatten.

Sabine Andersen, die in Vorlahm einen Reiterhof betreibt, fürchtet sich vor den Konsequenzen, die ihre hessische Kollegin beschreibt. Andersen beschäftigt fünf Mitarbeiter auf zweieinhalb Stellen. "Mir würde ein Wettbewerbsnachteil entstehen", sagt sie. Viele ihrer Kunden sind Bayreuther, nehmen schon jetzt die Fahrt bis nach Vorlahm auf sich. Käme jetzt noch die Steuer dazu, "bestimmt würden Kunden abwandern". Doris Stephan bestätigt genau das: "Wenn es ums Geld gibt, gibt es auch bei den Pferdeleuten keine Solidarität mehr untereinander."

Verein lässt Arbeit ruhen

Reiner Escher ist der Vorsitzende des Reit- und Fahrvereins in Bad Sooden-Allendorf. Der Verein hat 160 Mitglieder. "Wir haben unsere Ponys und Schulpferde abgeschafft", sagt Escher. Ein zweiter Verein habe seine Aktivität eingestellt. "Ein Grund dafür war die Pferdesteuer", sagt Escher. Er wagt nicht, zu hoffen, dass die Stadt die Steuer wieder abschafft. "Die Politiker wollen ihr Gesicht wahren. Dabei erkennen sie nicht, wie sehr sie dem Ruf unseres Ortes geschadet haben."

Burkhard Kramer, Mitglied der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer in Kassel, hat gegen Bürgermeister Frank Hix (CDU) eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingelegt, sagt er im Kurier-Gespräch. Grund: Hix behalte wichtige Informationen für sich. Etwa, wie viel Pferdesteuer die Kommune tatsächlich einnimmt, wenn sie die Verwaltungskosten abzieht. Der Bürgermeister jedoch weiß von dieser Beschwerde nichts, sagt er.

Was kostet das Verwalten?

Bernhard Brosig, Eckersdorfer Verwaltungsleiter, geht für seine Gemeinde von 2800 Euro Verwaltungskosten aus. Die Einnahmen durch die Steuer schätzt er auf rund 40.000 Euro. Sabine Andersen bezweifelt, dass es dabei bleiben würde. "Dazu kommen Mahngebühren, Prüfungen von Ausnahmen und im Fall einer Klage zusätzliche Kosten."

Bürgermeister Frank Hix aus Bad Sooden-Allendorf kennt den Druck, unter dem die Eckersdorfer Lokalpoltiker jetzt stehen. Hix war wegen der Pferdesteuer mit Beleidigungen und Drohungen konfrontiert. "Wir mussten die Stadtverordnetenversammlung zur Entscheidung über die Einführung der Pferdesteuer sogar unter Polizeischutz durchführen", sagt Hix. Er rät den Eckersdorfer Lokalpolitikern dazu, sich nicht von diesem Druck leiten zu lassen. "Schließlich geht es hier um eine demokratische Entscheidung und man sollte von den Pferdesteuergegnern erwarten dürfen, dass sie eine solche Entscheidung auch akzeptieren."

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