Wegepflege gegen Sport, klamme Gemeindekassen gegen Gnadenbrot Fünf Gründe für und gegen die Pferdesteuer

Von Heike Hampl
Wolfgang Schill ist Fachtierarzt für Pferde. Er hat die Demonstration vor dem Rathaus angemeldet. Er und Pferdehalterin Jennifer Lösche sprechen sich gegen eine Pferdesteuer aus. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Die Eckersdorfer Gemeinderäte beraten am heutigen Dienstagabend, ob sie eine Pferdesteuer einführen wollen. Vor der Sitzung werden Pferdehalter am Rathaus demonstrieren. Der Kurier hat nachgefragt: Was spricht für, was gegen die Abgabe?

 
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Fünf Gründe für die Pferdesteuer

1. Die Gemeinde pflegt Wege

Reiter nutzen mit ihren Tieren oft gemeindliche Wege. Je nach Witterung können Pferdehufe Schäden auf diesen Wegen anrichten. Schäden, die die Gemeinde repariert. "Alleine die Belastung der Feld- und Waldwege könnte die Einführung der Pferdesteuer rechtfertigen", schreibt die Verwaltung der Gemeinde Eckersdorf in die Sitzungsvorlage des Gemeinderates.

2. Pferdehaltung wirkt sich auf Nachbarn aus

Pferdehaltung verursacht Gerüche. Und an Reitställen ist der Straßenverkehr oft rege, auch das müssen Nachbarn hinnehmen. Die Zahl der Pferde nimmt in Eckersdorf stetig zu, um rund zehn Prozent pro Jahr - und damit auch diese Belastungen. Die Verwaltung in Eckersdorf begründet auch damit, dass sie diese örtliche Aufwandsteuer erheben dürfte.

3. Pferde sind Luxus

Das Bundesverwaltungsgericht Leipzig, das die Pferdesteuer vor Kurzem für rechtens erklärt hat, begründet das so: "Das Halten von Pferden geht über das Alltägliche hinaus und erfordert einen zusätzlichen Vermögensaufwand." Pferdehalter seien wirtschaftlich leistungsfähig, deswegen dürfe man sie auch mit Steuern belegen. Die Eckersdorfer Verwaltung schlägt 240 Euro pro Jahr vor. Das macht 20 Euro im Monat.

4. Eckersdorf braucht Geld

Die Gemeinde Eckersdorf hat rund sieben Millionen Euro Schulden. Das Landratsamt beobachtet den Gemeindehaushalt deswegen ohnehin schon genau. Neue Kredite genehmigt die Behörde zum Beispiel nur, wenn Eckersdorf die Straßenausbaubeitragssatzung einführt. Die Gemeinde versucht schon allein deswegen, möglichst viele Einnahmequellen zu erschließen. Die Stadt Bad Sooden-Allendorf in Hessen hat dieses Jahr für die Pferdesteuer 18.400 Euro veranschlagt, teilt Bürgermeister Frank Hix mit. Bad Sooden-Allendorf ist eine von drei deutschen Kommunen mit Pferdesteuer. In Bayern gibt es noch keine einzige.

5. Hundehalter zahlen längst

Diskussionen mit Hundehaltern, beispielsweise auf der Facebook-Seite des Nordbayerischen Kuriers, zeigen: Hundehalter fühlen sich gegenüber Pferdehaltern benachteiligt. Auch die Hundesteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer. So wie die Pferdesteuer erfüllt auch die Hundesteuer einen sogenannten Lenkungszweck. Das heißt, beide Steuern sollen die Anzahl der Tiere regulieren.

Fünf Gründe gegen die Pferdesteuer

1. Pferde sichern Arbeitsplätze

"Vier Pferde schaffen einen Arbeitsplatz", sagt Bukhart Kramer. Kramer ist Mitglied der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Kassel-Marburg, die sich auf Kramers Initiative hin gegen die Pferdesteuer ausgesprochen hat. Kramer rechnet vor, dass alleine durch die Pferde in Eckersdorf rund 400.000 Euro jährlich in der Region erwirtschaftet werden. "Es gibt in Eckersdorf mehrere Reiterhöfe, eine Tierklink und Hufschmiede, die alle stark gefährdet würden", sagt Kramer. Statistisch hängen damit in Eckersdorf rund 20 Arbeitsplätze direkt oder indirekt an der Pferdehaltung. Kramer sagt: dort, wo es die Pferdesteuer gibt, halbiere sich der Pferdebestand . Auch, weil Pferdehalter abwandern.  Der Schaden würde in den Eckersdorfer Betrieben laut Kramer rund 200.000 Euro im Jahr betragen.

2. Pferdehalter schützen die Natur

Der überwiegende Teil der Pferde wird auf Weideflächen gehalten. Diese Grünlandbewirtschaftung kommt dem Naturschutz und der Artenvielfalt zugute. Das Heu für Pferde wird in der Regel erst nach der Blüte der Gräser geschnitten, im Gegensatz zum Silofutter für Rinder. Die Blüte ist wichtig für Insekten und den Artenreichtum. "Da die Landwirte das Heu absetzen können ist dies ein Anreiz für den Erhalt des Grünlandes und den späten Schnitt", sagt Bianca Schiffner aus Weidenberg. Sie ist Geografin, Pferdehalterin und Hufpflegerin.

3. Pferdehalter sind keine Besserverdiener

Bianca Schiffner hat vor sechs Jahren ihre Diplomarbeit zum Thema "Reitsport und Pferdehaltung in Oberfranken" verfasst. Laut ihrer Untersuchung hat ein durchschnittlicher Pferdehalter in Oberfranken ein Netto-Einkommen von 1500 Euro monatlich, und 16  Prozent der Befragten haben ein Einkommen über 2000 Euro Netto. "Pferdehaltung wird also nicht von besser Betuchten betrieben, sondern vom Durchschnittsbürger", sagt Schiffner.

4. Reiten ist Sport und Therapie

Reiten ist eine von nur sechs durch den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) anerkannten Gesundheitssportarten. Zunehmend kommen Pferde beim therapeutischen Reiten zur Behandlung und Rehabilitation kranker und behinderter Menschen zum Einsatz. "Die öffentliche Hand fördert Sport, auch Pferdesport. Die Besteuerung der Reitpferde würde diese Förderung konterkarieren", teilt Carola Schiller vom Verein Aktionsbündnis Pro Pferd mit.

5. Pferdesteuer führt zu früher Schlachtung oder gar sinnloser Tötung

Gnadenbrot, so nennen Pferdehalter es, wenn ihre Tiere nicht mehr zum Sport taugen, aber den Lebensabend weiter auf einem Hof erleben dürfen. Wenn für alte Tiere Steuern anfallen, fürchtet das Aktionsbündnis gegen die Pferdesteuer, dann lassen Pferdehalter ihre Tiere früher einschläfern oder schlachten.

Info: Heute (Dienstag, 22. September) Abend ab 18.30 Uhr findet vor dem Rathaus in Eckersdorf eine Demonstration statt. Als Redner tritt Roy Bartels von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung auf. Um 19.30 Uhr beginnt die öffentliche Sitzung des Gemeinderates.

Der Kurier tickert auf seiner Webseite live von der Demo und der Ratssitzung am Abend.

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