Rund 200 "Reichsbürger" in Oberfranken

Von Thorsten Gütling
Blick in einen gepanzerten Waffenschrank mit Langwaffen: Reichsbürger, die über solche Waffen verfügen, müssen damit rechnen, dass sie ihr Arsenal abgeben müssen. Foto: Friso Gentsch/dpa Foto: red

Vergangenen Montag hat das bayerische Innenministerium die Stadtverwaltungen und Landratsämter aufgefordert, "Reichsbürgern" die Waffen abzunehmen. In Oberfranken sollen rund 200 Menschen der Bewegung angehören. Die ersten Schritte zur Entwaffnung sind bereits eingeleitet.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

In Oberfranken leben etwa 200 Personen, die die Polizei der Reichsbürgerbewegung zurechnet. Polizeisprecher Jürgen Stadter sagt: "Das Problem ist: Wer "Reichsbürger" ist und wer nicht, dafür gibt keine klare Definition und keine klaren Parameter." Folglich richtet sich die Polizei bei ihrer Bewertung danach, wer sich bei Behördengängen selbst als Reichsbürger bezeichnet hat. Oder wer bei der Zulassung eines Fahrzeugs oder der Beantragung eines Ausweises aufgefallen ist. Indem er zum Beispiel an Stelle eines Personalausweises einen sogenannten Staatsangehörigkeitsausweis gefordert hat.

"Reichsbürger" reden von einer BRD-GmbH

Anhänger der Reichsbürgerbewegung lehnen einen Personalausweis ab, weil dieser symbolisiere, dass der Bürger Personal der Bundesrepublik-Deutschland-GmbH sei. Dass die Bundesrepublik kein Staat sondern eine GmbH sei, behaupten die Reichsbürger wiederum, weil weder die Kapitulation des Deutschen Reichs noch der Versailler Friedensvertrag von Personen unterschrieben worden sei, die dazu berechtigt gewesen wären. Sondern von Generälen.

Folglich bestehe das Deutsche Reich bis heute fort und die GmbH sei ein Firmenkonstrukt, um das zu vertuschen. Reichsbürger lehnen folglich alle Vertreter der vermeintlichen GmbH ab, darunter Polizisten und Richter. Seit im Oktober im mittelfränkischen Georgensgmünd ein junger Polizist von einem Reichsbürger erschossen wurde, sind die Waffen im Besitz der Mitglieder der Bewegung ein politisches Thema.

Im Landkreis Kulmbach vermutlich 43 Reichsbürger

Etwa 50 der 200 oberfränkischen "Reichsbürger" seien im Besitz einer waffenrechtlichen Erlaubnis, heißt es aus dem Polizeipräsidium Oberfranken. Genaue Zahlen für den Landkreis Bayreuth gebe es nicht. Das Landratsamt gibt darüber keine Auskunft, weil es die Arbeit der Polizei nicht behindern wolle. Seit einer am vergangenen Montag ergangenen Handlungsanweisung des bayerischen Innenministeriums seien ausschließlich die Polizeidienststellen berechtigt, in Sachen Reichsbürgern zu ermitteln.

Das Landratsamt Kulmbach hatte schon vor der Anweisung des Ministeriums mitgeteilt, dass vermutlich 43 Reichsbürger im Landkreis Kulmbach leben, davon hätten sieben eine Erlaubnis zum Besitz von Waffen. In der Stadt Bayreuth heißt es, man gehe davon aus, dass fünf Personen dem Kreis der Reichsbürger zuzurechnen sind. Keiner davon habe die Erlaubnis, eine Waffe zu besitzen. Dass das nicht bedeuten muss, dass auch tatsächlich keine Waffen vorhanden sind, räumt Pressesprecher Joachim Oppold ein.

Wer gefährlich sein könnte, wird zur Polizei vorgeladen

Aus dem Polizeipräsidium heißt es jetzt, man werde die entsprechenden Personen "argwöhnisch beobachten". Zuständig für das Einziehen der waffenrechtlichen Erlaubnis seien aber die Landratsämter und Stadtverwaltungen. Also die Behörden, die die Erlaubnisse auch erteilt haben. Dazu würden seit vergangener Woche alle in Verdacht stehenden Bürger angeschrieben und vorgeladen.

Polizeisprecher Stadter spricht von Einzelfallentscheidungen. Je nachdem, welches Gefahrenpotenzial von den Menschen ausgeht, fänden diese Vorladungen in den Verwaltungsbehörden oder Polizeistellen statt. Erhärtet sich in den Gesprächen der Verdacht, dass es sich um Reichsbürger handelt, werden sie aufgefordert, ihre Waffen abzugeben.

Wer nicht reagiert, bekommt Besuch von der Polizei

Spätestens wenn ein Reichsbürger dieser Aufforderung nicht nachkommt, werde die Polizei hinzu gezogen. Zwar seien grundsätzlich die bayerischen Beamten zuständig, je nach Gefährdungseinschätzung könnten aber auch Sondereinsatzkommandos hinzugezogen werden. Die Einschätzungen würden gründlich und mehreren Personen getroffen.

 

Was "Reichsbürger" wollen

 

Mehr zum Thema:

"Reichsbürger" sollen Waffen abgeben

"Reichsbürger" chattete mit Polizisten

Verfassungsschutz beobachtet "Reichsbürger"

"Reichsbürger" soll Anwohner bedroht haben

 Polizei suspendiert "Reichsbürger"

Essay: Kein Polizist stirbt allein

Vorwurf Mord: "Reichsbürger" in U-Haft

"König von Deutschland" vor Gericht

"Reichsbürger"-Schüsse: Polizist gestorben

"Reichsbürger" schießt Polizisten nieder

Wann dürfen Waffen beschlagnahmt werden?

Welche Waffen sind erlaubt, welche nicht?

"Reichsbürger" zeigt Merk-Erbe an

Schießerei zwischen "Reichsbürger" und SEK

Bilder