Grünen-Politikerin Gote fordert bessere Aufklärung F-16-Absturz: Staatskanzlei wiegelt ab

Von Christina Knorz
Die Landtagsabgeordnete der Grünen/Bündnis 90 Ulrike Gote ist unzufrieden mit den Antworten der Staatskanzlei zum Absturz eines US-amerikanischen Kampfjets Anfang August in der Nähe von Engelmannsreuth. Foto: Archiv/Gerald Morgensterin Foto: red

Die Bayerische Staatskanzlei will aus dem F-16-Absturz bei Engelmannsreuth keine Konsequenzen ziehen. Die Gefahr militärischer Übungsflüge für die Bevölkerung sei "abstrakt". Landtagsabgeordnete Ulrike Gote (Bündnis 90/Die Grünen) nennt das "absurd" und "absolut unzureichend".

 
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Staatsminister Marcel Huber (CSU) sieht es als "nicht erforderlich", dass die Staatsregierung aus dem Absturz eines US-amerikanischen Kampfjets Anfang August bei Engelmannsreuth Konsequenzen  zieht. Das schreibt Huber in einer sechsseitigen Antwort auf einen Dringlichkeitsantrag der Grünen-Fraktion im Landtag.

Die F-16 war am 11. August auf einem Übungsflug von der US-Luftwaffenbasis in Spangdahlem (Rheinland-Pfalz) zum Truppenübungsplatz Grafenwöhr, als die Maschine aus bisher ungeklärter Ursache in Schwierigkeiten geriet und in den Staatsforst stürzte.

Übungsflüge "abstrakte Gefahr"

Das Gefährdungspotenzial solcher militärischer Übungsflüge vergleicht Huber mit dem der zivilen Luftfahrt, sie enthielten ein "bekanntes Maß abstrakter Gefährdung". Gote nennt diese Einschätzung "absurd". Die Gefahr sei "sehr real", wie der Absturz gezeigt habe.

In diesem Jahr haben 266 vergleichbare Übungsflüge nach Grafenwöhr stattgefunden, schreibt die Staatskanzlei. 2014 waren es weniger als die Hälfte, nämlich 90. Das US-Geschwader aus Spangdahelm sei zum Teil in die Oberpfalz verlegt worden. Daher "der große Unterschied", so Huber schriftlich.

Phosphor an Bord

Auf die Frage welche Übungsmunition und Treibstoffe an Bord gewesen seien, listet das Schreiben "Phosphor in der Übungsmunition", Kerosin und Hydrazin auf. Über die Art des verwendeten Phosphors und dessen Toxizität "liegen keine Informationen vor", so das Schreiben. "Diese Antwort reicht bei weitem nicht aus", kritisiert Gote. Auch dass sich die Staatskanzlei in ihren Antworten nur auf eine einzige Quelle beruft, den Piloten, reiche nicht aus.

Staatsregierung soll nachbessern

Auf eine Gesundheitsgefährdung der Rettungskräfte nimmt das Schreiben keinen Bezug und lässt die Antwort auf eine entsprechende Frage im Dringlichkeitsantrag offen. "Die Staatskanzlei hat noch nicht mal eine Gesundheitsgefährdung abgeschätzt", sagt Gote. "Sie muss in dieser Frage nachbessern und eine ausführliche Antwort nachreichen." Ende September hatte das Landratsamt Bayreuth alle Rettungskräfte, die im Wald bei Engelmannsreuth eingesetzt waren, aufgefordert, sich betriebsärztlich untersuchen zu lassen, mit dem Verdacht auf Kerosin- und Hydrazinvergiftung.

Mittlere Umweltkatastrophe

Auch zu den Ergebnissen des Ingenieurbüros Piewak und Partner aus Bayreuth, das von einer "mittleren Umweltkatastrophe" durch das ausgetretene Kerosin spricht, nimmt die Staatskanzlei keine Stellung. Im Schreiben heißt es: "Ob und in welchem Maß Bäume und Mais durch ausgetretenes Kerosin geschädigt wurde, steht noch nicht fest." Eine Entscheidung stehe noch aus, wie mit den "möglicherweise belasteten Bäumen und Maispflanzen" umzugehen sei. Umweltingenieur Ralf Wiegand hatte Anfang Oktober im "Nordbayerischen Kurier" erklärt, dass Tausende Liter Kerosin in den Waldboden gesickert seien und dass das Grundwasser überwacht werde.

Politiker "reden sich raus"

Gote hält es für "unzureichend", dass sich das US-Militär nur gegenüber dem Bund, aber nicht gegenüber dem Freistaat erklären müsse. "Reicht uns das wirklich aus?" Darüber müsse der Landtag beraten. "Wäre es ein deutsches Militärflugzeug gewesen, wäre die Auskunftspolitik auch schwierig gewesen", sagt Gote. "Aber man hätte sich nicht so einfach wie jetzt herausreden können."

Absturzursache unklar

Das US-Militär hat sich bisher zur Absturzursache nicht geäußert. Seit Wochen liegt eine entsprechende Presseanfrage unserer Zeitung unbeantwortet in Spangdahlem. Man wolle sich äußern, sobald es Klarheit gebe, hieß es Anfang Oktober. Staatsminister Huber weiß auch noch nicht mehr: "Erkenntnisse über die Absturzursache liegen nicht vor", heißt es schriftlich.

Staatskanzlei bittet um Aufschub

Der Landtag behandelt am Donnerstagvormittag den Dringlichkeitsantrag der Grünen - mit erheblicher Verspätung. Der Antrag wurde im August gestellt. "Eigentlich hätten wir nach vier Wochen eine Antwort bekommen müssen", sagt Gote. Die Staatskanzlei habe aber um eine "lange Verlängerung" gebeten. Offenbar war es schwierig, an Informationen zu kommen.

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