Handwerk will BAT-Mitarbeitern helfen

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950 BAT-Mitarbeiter sollen ihren Job verlieren. Das Handwerk hofft, möglichts vielen von ihnen einen neuen Job geben zu können. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Oberfrankens Handwerk sieht gute Chancen, den Stellenkahlschlag beim Zigarettenhersteller BAT in Bayreuth mit abmildern zu können. Illusionen dürfe sich allerdings niemand machen. Ein Selbstläufer werde das nicht, sagte Kammerpräsident Thomas Zimmer im Gespräch mit dem Kurier.

 
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Rein rechnerisch ist das Problem eigentlich gar keins. Tausende Fachkräfte suchen Handwerk und Industrie in Oberfranken derzeit, bei BAT verlieren 950 Mitarbeiter ihren Job. Doch rein rechnerisch wird man diesem Problem nicht gerecht, betonen HWK-Präsident Zimmer und Kreishandwerksmeister Peter Engelbrecht. Weil die Arbeit in einem Industriebetrieb mit der im Handwerk kaum zu vergleichen sei. Und doch sind die beiden zuversichtlich, einen nennenswerten Beitrag zur Bewältigung des Problems leisten zu können. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Handwerkskonjunktur so gut läuft, wie seit Jahrzehnten nicht - vor allem im Bau- und Ausbaugewerbe. "Gerade die BATler mit einer gewerblichen Ausbildung haben gute Chancen, im Handwerk unterzukommen", sagt Zimmer deshalb. Insgesamt komme wohl jeder Zweite in Frage.

Jobbörse

Erste Schritte, dass das auch klappt, seien bereits gemacht. So solle in Zusammenarbeit mit dem BAT-Betriebsrat eine Jobbörse installiert werden. Allerdings werde ein sofortiger Übergang wohl eher die Ausnahme sein, glaubt Engelbrecht. Weil die Mitarbeiter bei BAT oft ein eng umrissenes Aufgabenfeld hätten, während in einem Handwerksbetrieb meist zeitlich wie örtlich flexible Mitarbeiter in einem breit gefächerten Aufgabenbereich gefragt seien.

Transfergesellschaft so lange wie möglich

Umso wichtiger sei es, dass die Arbeitnehmervertreter mit dem Konzern eine möglichst gut ausgestattete Transfergesellschaft aushandeln, in der die Mitarbeiter so lange wie möglich qualifiziert werden können. "Erst muss die Transfergesellschaft stehen. Zwölf Monate sind okay, 18 wären viel besser", sagt Zimmer, und: "Das Handwerk und insbesondere die Handwerkskammer können und werden sich da einbringen." Etwa durch die Fortbildungseinrichtung "Institut für Gewerbeförderung in Oberfranken", eine 100-prozentige Tochter der HWK. "Die haben da Erfahrung, waren zum Beispiel auch dabei, als die Probleme bei Loewe in Kronach zu bewältigen waren."

Knackpunkt Bezahlung

Wer guten Willens sei, könne in der Transfergesellschaft auf jeden Fall die für einen Einstieg ins Handwerk nötigen Qualifikationen erwerben, sagt Engelbrecht, verweist aber auf einen Knackpunkt: "Die BAT zahlt mit Schichtzulagen und anderen Zusatzleistungen im Vergleich sehr gut. So viel gibt es bei einem Handwerksbetrieb natürlich nicht." Dem stehe allerdings unter anderem die Gewissheit gegenüber, in einem Betrieb zu arbeiten, der keine Arbeitsplätze verlagere, um die Gewinne zu maximieren.

Mehr Auszubildende

Wahrscheinlich liege es neben verschiedenen anderen Maßnahmen auch daran, dass das Handwerk in der Region wieder mehr Auszubildende finde. Bis Ende Juli hatten im Kammerbezirk 1332 junge Menschen einen Lehrvertrag unterschrieben, fast fünf Prozent mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. Auffallend dabei ist laut Zimmer, dass heute jeder Dritte einen Realschulabschluss hat (2011: 25 Prozent) und zehn Prozent (2011: fünf Prozent) Abitur: "Das zeigt, dass unsere Werbemaßnahmen Früchte tragen. Das moderne Handwerk braucht gute Leute aus allen Schulbereichen." Dass die Zahlen in der Stadt Bayreuth um fast elf Prozent hinter dem Vorjahr zurückliegen, erklärt Zimmer damit, dass im Gegensatz zum Land das Angebot mittlerweile so groß sei, dass die Entscheidung immer später falle.

Problemfall Berufsschule

In Sachen Ausbildung brennt dem HWK-Präsidenten noch ein anderes Thema auf den Nägeln, das auch mit BAT zu tun hat. "Der Gewerbesteuerausfall ist auch für uns ein Problem", sagt Zimmer. Der Grund: Die Berufsschule I brauche dringend einen Neubau. "Man muss nur eins und eins zusammenzählen, was passiert, wenn der Stadt das Geld fehlt", sagt Zimmer, und Engelbrecht ergänzt: "Das könnte eine Negativspirale in Gang setzen. An der Berufsschule werden die Zukunft und damit die Steuerzahler von morgen ausgebildet. Wenn die Ausbildung leidet, geht das auf Kosten der Zukunft."

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