Neue Ausstellung im Fränkische-Schweiz-Museum Tüchersfeld: Neue Ausstellung im Fränkische-Schweiz-Museum

Von Klaus Trenz

Die Menschen in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs hatten Angst – sie haben um ihre Angehörigen gebangt und nach dem Kriegsende gehofft. Diese Gefühlslagen greift auch die Ausstellung „Fürchten, Bangen, Hoffen. Leben auf dem Lande um 45 am Beispiel der Fränkischen Schweiz“ im Fränkische-Schweiz-Museum anlässlich des Kriegsendes vor 70 Jahren auf.

 
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Den Museumsbesucher erwarten bei dem (kleinen) Rundgang durch die Ausstellung nicht nur Dokumente, Schriftstücke oder Abhandlungen. Eine Ausstellung – soll sie einen bleibenden Eindruck hinterlassen –, lebt von Dingen, von persönlichen Zeugnissen. Das Museum hat das geschafft, griff auf den eigenen Fundus zurück, bekam Leihexponate von Museen und Archiven und nicht zuletzt Stücke von Privatpersonen, die sich meldeten.

Oswald Merz' KZ-Anzug

Der KZ-Anzug des Bayreuther Sozialdemokraten Oswald Merz zieht den Blick zuerst auf sich. Nicht weit davon entfernt läuft ein alter Schwarz-Weiß-Film. Ein Mann aus Neunkirchen am Brand hat seine eigenen Eindrücke vom Russlandfeldzug auf Zelluloid gebannt – ohne die damals übliche Pressezensur. Daneben liegen noch die Kamera, mit der er die Aufnahmen machte und der Projektor, mit dem er seine Filme vermutlich seiner Familie zeigte.

Brennnessel zum Mittagessen

Erschütternde Briefe und Tagebücher zeugen von den Hamburger Schulklassen, die im Zuge der „Kinderlandverschickung“ zum Teil zwei Jahre lang von ihren Familien getrennt waren: „Morgen, Sonntag gibt es Brennnessel zu Mittag, wir mussten gestern welche sammeln.....Ich freue mich auf die Brennnessel, die sollen so ähnlich wie Spinat schmecken“, schreibt beispielsweise die junge Briefeschreiberin namens „Helga“.

Hitler-Quartett

Einen Schritt weiter liegt ein komplettes „Adolf-Hitler-Quartett“ in der Vitrine. Mit dem Kartenspiel vertrieben sich damals Kinder die Zeit. Zwei gepolsterte Stühle verwundern zunächst ein bisschen. „Darauf saßen in Waischenfeld die Kriegsverbrecher“, sagt Museumsleiter Rainer Hofmann. Und urteilten über Leben und Tod.

Aus dem Lager geschmuggelt

Man entdeckt noch weit mehr: Unter anderem die letzten Kugeln, mit denen Pretzfeld beschossen wurde, ein Familien-Fotoalbum, die ersten Möbel nach dem Krieg, ein Leiterwagen, Zeichnungen, die aus dem Kriegsgefangenenlager Creußen geschmuggelt wurden. Und ein zerfetzter Orden, darunter eine Erkennungsmarke und ein Notizbuch. Weil sie für einen Soldaten die Lebensretter waren, hat er sie wohl aufgehoben: Ein Projektil traf zuerst den Orden, denn die Marke, ritzte das Notizbuch, das er in der Brusttasche aufbewahrte und prallte ab.

Hier ist nichts anonym

Man findet immer persönliche und nachvollziehbare Schicksale von Einzelpersonen oder Familien hinter den Ausstellungsstücken. „Wir wollten keine anonymen Gegenstände“, sagt Hofmann: „Es lassen sich mit allen Ausstellungsstücken Geschichten verbinden.“ Sogar Zeitzeugen hat das Museumsteam gesucht und gefunden.

Zeitzeugin erinnert sich

Ellen Kneipp zum Beispiel, die bei der Ausstellungseröffnung mit dabei war. Die Saarbrückerin ist als Sechsjährige mit ihrer Mutter nach Pottenstein gekommen, als das Saarland evakuiert wurde und lebte gegenüber des Flossenbürger KZ-Außenlagers. Sie kann sich an diese Zeit noch lebhaft erinnern.

Überraschende Erkenntnisse

Die Recherche, die sich mit den Lebensumständen der Menschen in der Region vor und nach dem Einmarsch amerikanischer Truppen befasste, ergab auch überraschende Erkenntnisse, so Hofmann. Große Teile einer Generation in der Fränkischen Schweiz fielen ersatzlos aus, waren tot oder verwundet. Fabian Neuner aus Moritz und Moritz Ruppe, der zurzeit ein freiwilliges Jahr im Museum ableistet, haben die Namen der Gefallenen zusammengetragen und auf drei Tafeln installiert: 6000 meist junge und noch sehr junge Menschen.

Forscher und SS-Mann

Hofmann widmete sich auch ganz besonders einem Mann: „Einem an dem sich in Pottenstein die Geister scheiden: Hans Brand.“ Der Geologe und Bergbauingenieur, der die Teufelshöhle erschloss und das Felsenbad bauen ließ – und SS-Standartenführer war. Die Karstwehr, die er befehligte, wird für zahlreiche Kriegsverbrechen in Norditalien und Slowenien verantwortlich gemacht.

„Anhand von Dokumenten, Schriften und Gerichtsakten kann sich jeder selbst ein Bild machen“, sagt Hofmann: Es gibt belastendes Material und solches, das Brand entlasten sollte.

Erstaunliche Vielfalt

„Die Ausstellung weist eine erstaunliche Themenvielfalt auf“, sagte der Forchheimer Landrat Hermann Ulm als stellvertretender Zwecksverbandsvorsitzender bei der Ausstellungseröffnung. Ein einzelner Besuch reiche wohl nicht aus, um alle Informationen aufnehmen zu können. Aber auch schon ein einzelner Besuch hinterlässt bleibende Eindrücke.

INFO: Die Ausstellung ist noch bis 18. November zu sehen. Während der üblichen Öffnungszeiten des Museums.

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