Plus 20 Prozent: Die Stadt Bayreuth hat in zehn Jahren 7700 Jobs hinzugewonnen So viele Jobs wie noch nie in Bayreuth

Von Katharina Wojczenko
Er hat sein Team auf 48 Mitarbeiter vervierfacht: Professor Rolf Steinhilper (2. von rechts) mit Michaela Reuther, Fabian Joas und Hans Henrik Westermann von seiner Arbeitsgruppe im Fraunhofer bei den vernetzten Werkzeugmaschinen. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Bayreuth boomt: Die Stadt hat in den vergangenen zehn Jahren rund 7700 Stellen hinzugewonnen. Das ist ein Zuwachs von 20,6 Prozent, sagt Sebastian Peine, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bayreuth-Hof. Und er geht davon aus, dass es positiv weitergeht. Das steckt hinter den Zahlen.

 
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Das sind die Daten

Die Zahlen: 2005 hatten 37.423 Menschen in Bayreuth eine sozialversicherungspflichtige Stelle. 2015 waren es 45.139 Arbeitnehmer. „Bei rückläufigen Bevölkerungszahlen“, betont Peine. Von dem Beschäftigungszuwachs hätten die Einheimischen profitiert. Das lasse sich aus den deutlich rückläufigen Arbeitslosenzahlen und -quoten ablesen. Noch etwas sagt Peine, bezogen auf den gesamten Agenturbezirk: „Ohne Einpendler und Zuwanderung wäre ein solcher Beschäftigungszuwachs nicht möglich gewesen.“ Und: „Bei aktuell 3500 gemeldeten offenen Stellen wird es zunehmend schwierig für die Arbeitgeber, diese adäquat zu besetzen.“

Der Trend: Stadt und Kreis Hof, Wunsiedel, Kulmbach – im ganzen Agenturbezirk sind in den zehn Jahren Arbeitsplätze hinzugekommen. Aber nirgends so viele wie in Bayreuth. Von 2014 bis 2015 war es ein Plus von 1,6 Prozent, also 692 Stellen. Peines Botschaft an junge Leute, die in der Region bleiben wollen: „Vom Helfer bis zum Akademiker: Wer flexibel und einsatzbereit ist, hat gute Chancen.“

Gegen den Trend: Zuvor war es andernorts zwischen 1989 und 2005 bergab gegangen: Am schlimmsten im Landkreis Wunsiedel, wo vor allem wegen des Niedergangs der Porzellanindustrie jeder Vierte seine Stelle verlor. Auch im Landkreis Bayreuth war in dieser Zeit knapp jeder zehnte Arbeitsplatz weg. Der einzige Ort im Agenturbereich, der damals ein Plus verzeichnete, war die Stadt Bayreuth mit 1,5 Prozent Zuwachs.

Blick in den Kreis: Im Landkreis Bayreuth sind in zehn Jahren 2185 Stellen hinzugekommen, macht ein Plus von 10,5 Prozent.

Diese Branchen haben profitiert

Hier sind die Arbeitsplätze: Welche Firma in Bayreuth in dieser Zeit am meisten Menschen eingestellt hat, ist der Agentur für Arbeit nicht bekannt. Wohl aber die Branchen, in denen die meisten Stellen hinzugekommen sind: das Gesundheitswesen – Stichwort Klinikum Bayreuth – , der Handel, die Universität. Hinzu kommen zahlreiche Arbeitsplätze, die um die Uni entstanden sind. „Dies dürfte sich in den nächsten Jahren verstärken“, sagt Peine.

Wie die Stadt sich um die Rahmenbedingungen kümmert

Das sagt die Wirtschaftsförderung: „Das überrascht mich nicht“, sagt Fredy Schmidt von der städtischen Wirtschaftsförderung. Die positive Entwicklung schreibt er den Unternehmen zu. Die Stadt sorge für günstige Rahmenbedingungen: „Wenn Firmen Erweiterungsbedarf haben, haben wir versucht, sie zu unterstützen.“ Als große Projekte kamen zum Beispiel Fraunhofer hinzu und die Erweiterung der Firma Markgraf. Und es geht weiter: Mit der Tao-Baustelle, der Kubus IT. Die Stadt tüftelt am Konzept fürs Gründerzentrum und an der Technologieachse. „Vom Zapf-Areal bis zu den Neuen Materialien sind noch Flächenpotenziale, die wir mit dem Eigentümer entwickeln wollen.“

Ein bedeutender Grund, warum Firmen in Bayreuth wachsen wollen, laut Schmidt: die Fachkräfte von der Uni. Dank Universität, Fraunhofer und Neuen Materialien könnten Firmen auf Knowhow zurückgreifen, Projekte auslagern. Und wenn die harten Fakten wie die Verkehrsanbindung stimmen: das Schulangebot samt internationaler Schule für die Familien, kulturelles Angebot von Wagner bis -tja - Stadthalle.

"Megatrend" und minimales Wachstum in Bayreuth

Das sagt die IHK: „Das ist 2015 ein Allzeit-Hoch, das sogar deutlich über den Werten der Jahre nach der Wiedervereinigung liegt“, sagt Oliver Gießübel, Vizepräsident der IHK Oberfranken-Bayreuth. Seit 2007 allein fast 2500 zusätzliche Stellen im Gesundheits- und Sozialwesen: Dieser „Megatrend“ werde sich wegen der alternden Gesellschaft fortsetzen.

„Diese Entwicklung zeigt, dass die Unternehmen im Großen und Ganzen mit den Rahmenbedingungen zufrieden sind“, sagt Gießübel. Dazu zählt er die Rücknahme der Gewerbesteuererhöhung. Gießübel geht für 2016 von einem erneuten Plus von etwa 1,6 Prozent Stellen aus. Er nennt als Beispiele die Pläne der Cybex GmbH und der Rehau AG. Die jüngste IHK-Konjunkturumfrage deute darauf hin, dass weitere Unternehmen in der Stadt expandieren wollen. Allerdings fehlen der Wirtschaft in Oberfranken laut Fachkräftemonitor der bayerischen IHK aktuell etwa 16 000 Mitarbeiter – 1000 mehr als im Vorjahr. Obwohl die oberfränkische Wirtschaft 2015 schon 6 600 zusätzliche Kräfte eingestellt habe.

Das sagt die Handwerkskammer: Thomas Koller, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Oberfranken, nennt als Gründe für den Stellenzuwachs die gute Binnenkonjunktur und die niedrigen Zinsen. „Sie waren ein Anreiz, das Geld auszugeben.“ Viel investiert wurde in energetische Sanierung. Elektrotechnik und Haustechnik. Die Bayreuther Handwerker profitierten. Aber: „Die Stellen im Bayreuther Handwerk sind nur marginal gewachsen.“ Denn: „Wir hatten Schwierigkeiten, Lehrstellen zu besetzen, und brauchen dringend Fachkräfte.“ 5200 Menschen arbeiten in Bayreuth im Handwerk, in 826 Betrieben.

Das sagen große Unternehmen

Miriam Schmitt, Unternehmenssprecherin Medi: "Bei Medi ist die Mitarbeiterzahl in zehn Jahren  von 800 auf 1.400 gestiegen. Wir haben in der Produktion und in der Verwaltung Stellen aufgebaut. Bayreuth hat für uns seit 1951 als Standort Tradition. Bayreuth ist eine Sportstadt und die Wege sind kurz, das Kulturangebot ist überdurchschnittlich. Das ist für unsere Mitarbeiter und somit unser Unternehmen attraktiv."

Ulrike Hörchens, Pressesprecherin Tennet: "Tennet ist seit 2010 unter diesem Namen in Bayreuth und gehörte vorher zu Eon. Heute haben wir 550 Mitarbeiter, 2011 waren es noch 350. Als Übertragungsnetzbetreiber haben wir seit der Energiewende deutlich mehr Aufgaben. In Bayreuth ist unser Hauptsitz, wir haben hier eine lange Geschichte und viele Mitarbeiter, die in der Stadt oder Umgebung wohnen. Wir sind für eine Regelzone von den Alpen bis zur Nordsee verantwortlich. Da liegt Bayreuth einigermaßen zentral in einem der größten Bundesländer."

Martin Pos, Gründer von Cybex: "Wir haben am Standort Bayreuth 350 Beschäftigte aus über 20 Nationen. Wir sind ein interkulturelles, globales Unternehmen. Wir werden in Bayreuth weiter wachsen und wollen dieses Jahr 150 neue Jobs schaffen."

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