Rehau setzt auf Standort Bayreuth

Chef Automotive bei Rehau Foto: red

Die Rehau Group, oberfränkischer Kunststoffriese mit 20.000 Beschäftigten, knackte im letzten Jahr beim Umsatz erstmals die Drei-Milliarden-Euro-Marke. Das Unternehmen aus Rehau hat künftig auch einen Firmensitz in Bayreuth. Bis zu 50 Arbeitsplätze wird es in einem ersten Schritt geben. Der Standort kann sich zügig weiterentwickeln, sagt Markus Grundmann, Chef Automotive, der größte Bereich bei Rehau, im Gespräch mit dem Kurier.

 
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Die Rehau AG geht nach Bayreuth. Warum?

Markus Grundmann: Unser weltweit tätiges Unternehmen wächst – auch in Oberfranken. Insbesondere für unsere Bereiche Automotive und IT suchen wir aktuell mit Hochdruck Fachkräfte in der Region. In diesem Zusammenhang haben wir uns dazu entschieden, unweit unseres Firmenstammsitzes Rehau zusätzliche Büroräumlichkeiten in Bayreuth anzumieten. Ziel ist es, das Einzugsgebiet für Fachkräfte zu erweitern und in unmittelbarer Nähe fachrelevanter Fakultäten präsent zu sein.

Wie kam der Kontakt zustande?

Grundmann: Seit Jahren schon arbeitet die Rehau AG eng mit der Universität Bayreuth zusammen. Wir unterstützen beispielsweise das bekannte Elefant-Racing-Team sowohl fachlich als auch als Sponsor. Von der hohen Fachkräfte-Frequenz an den Fakultäten für Mathematik, Physik und Informatik sowie an der Fakultät für Ingenieurwissenschaften erhoffen wir uns vor Ort künftig noch stärker zu profitieren – und den dringenden Bedarf an neuen Mitarbeitern für die wachsenden Bereiche Automotive und IT zu decken.

Was macht das Unternehmen in Bayreuth genau?

Grundmann: In Bayreuth werden insbesondere IT-Fachleute und Ingenieure für unseren Bereich Automotive tätig sein.

Wo?

Grundmann: Zu Beginn dieses Jahres hat Rehau dafür im Gebäude Luitpoldplatz 3 (Schlossgalerie) Büroräumlichkeiten angemietet. Ende Januar sollen die Vorbereitungen abgeschlossen sein, damit unsere Mitarbeiter starten können.

Mit wie viel Beschäftigten?

Grundmann: Im ersten Schritt sollen bis zu 50 Arbeitsplätze in Bayreuth entstehen.

Die Zahl wird steigen?

Grundmann: Das müssen wir zunächst einmal abwarten. Aber wenn sich unsere Marktposition weiterhin positiv gestaltet und wir auch regen Zuspruch seitens der Fachkräfte in Bayreuth bekommen, die wir brauchen, dann ist es denkbar, dass sich der Standort auch zügig weiterentwickeln kann.

Es wird später einmal einen eigenen Standort mit eigenen Gebäuden geben?

Grundmann: Das wird zu gegebener Zeit zu entscheiden sein. Aktuell haben wir Büroräumlichkeiten in Bayreuth angemietet.

500 Mitarbeiter sind in fünf bis zehn Jahren denkbar?

Grundmann: So einfach lässt sich das nicht hochrechnen, bedaure. Rehau ist grundsätzlich an langfristigem Erfolg und stabilem Wachstum interessiert. Unüberlegte Schnellschüsse sind nicht unser Markenzeichen. Noch dazu bewegen wir uns gerade im Bereich Automotive in einem äußerst dynamischen Umfeld, das von starkem Konkurrenzkampf und Preisdruck geprägt ist. Wie hoch die Zahl der Mitarbeiter am Standort Bayreuth in den kommenden fünf bis zehn Jahren sein wird, hängt von so vielen Faktoren ab, dass es verfrüht wäre, hierfür heute eine konkrete Zahl zu benennen.

Die Universität ist der wichtigste Grund für diese Standortentscheidung?

Grundmann: Einer der wichtigsten Punkte, ja. Die Nähe zur Universität bietet neue Chancen im Wettbewerb um die Fachkräfte von morgen. Seit Längerem schon setzen wir uns mit einer spürbar angespannten Platzsituation sowie mangelnden Möglichkeiten des räumlichen Wachstums am Standort Rehau und Umgebung auseinander. Unter enger Einbindung der Kommunalpolitik wurden zurückliegend alle Optionen für Um- und Ausbaumaßnahmen intensiv geprüft und realisierbare Möglichkeiten ausgeschöpft. Im Ergebnis fiel die unternehmerische Entscheidung für einen zusätzlichen Standort Bayreuth, insbesondere aufgrund der Nähe zur dort ansässigen Universität. Natürlich werden wir auch weiterhin an unserem Standort Rehau investieren.

Welche Bedeutung hat das künftige Bayreuther Polymerinstitut für die Standortentscheidung?

Grundmann: Das Bayerische Polymer Institut (BPI) ist als interdisziplinäre Forschungseinrichtung per se von Bedeutung. Denn die Entwicklung neuartiger multifunktioneller Polymere und polymerer Leichtbauwerkstoffe ist essenziell für Schlüsseltechnologien in den Bereichen Klimawandel, Energie, Gesundheit und Kommunikation. Das Institut wird die Polymerlandschaft, speziell was die Grundlagenforschung angeht, beleben.

Die Rehau-Gruppe wächst und wächst. Wie hoch war der Umsatz 2015? Um wie viel ist er im Vergleich zum Vorjahr gewachsen?

Grundmann: Im Jahr 2015 hat die Rehau Gruppe erstmals in der Firmengeschichte mit einem Umsatzergebnis die Drei-Milliarden-Euro-Marke geknackt. Das ist eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um etwas mehr als vier Prozent. Deshalb sind wir zufrieden mit 2015, wenngleich die weltwirtschaftlichen Entwicklungen nicht spurlos an uns vorbeigegangen sind. Die Ergebnisse in den einzelnen Geschäftsbereichen sind sehr unterschiedlich ausgefallen.

Die Beschäftigtenzahl steigt?

Grundmann: Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Mitarbeiter leicht gestiegen, ja. Rund 20.000 Mitarbeiter sind heute für Rehau weltweit tätig.

Davon arbeiten am Hauptsitz in Rehau?

Grundmann: Am Stammsitz in Rehau, sind rund 2300 Mitarbeiter tätig.

Die wichtigsten Produkte?

Grundmann: Rehau zählt heute vor allem im Bausektor, aber auch in der Automobilbranche zu den führenden Anbietern ausgereifter Systemlösungen. Wir haben beispielsweise ein Heizungsregelungs-System entwickelt, das sich bequem vom Smartphone aus steuern lässt. In Italien führen wir gerade ein neues Fensterprofilsystem ein, das mittels einer speziellen Technologie zum Soundträger wird. Im Rahmen verbaute Elemente sorgen dafür, dass das Fenster selbst, über Bluetooth ansteuerbar, als Resonanzkörper fungiert und damit quasi zum Lautsprecher wird. Im Herbst vergangenen Jahres präsentierten wir auf der Messe Eurobike ein Fahrradrahmenkonzept für E-Bikes. Der Clou ist, dass der Rahmen diverse Funktionen integrieren kann. Etwa ein GPS-Modul, mit dessen Hilfe vom Smartphone aus verfolgt werden kann, wo sich das Fahrrad aktuell befindet. Parallel entwickeln wir hoch sichere Wasserstoffdrucktanks für Fahrzeuge, die alternativ betrieben werden und bringen damit die Brennstoffzellentechnologie weiter voran.

Wie hoch liegen die Anteile von Automobil, Industrie, Bau?

Grundmann: Im vergangenen Jahr war Automotive mit über 40 Prozent Umsatzanteil unser Wachstumstreiber. Die Bereiche Bau und Industrie halten sich in etwa die Waage.

Wem gehört die Rehau AG?

Grundmann: Rehau ist seit Gründung im Jahr 1948 durch Helmut Wagner ein familiengeführtes Unternehmen.

Die Eigentümer wohnen in der Schweiz?

Grundmann: Ja, bereits seit den 70er Jahren.

Und sind regelmäßig in Oberfranken?

Grundmann: Oberfranken ist nach wie vor unser Firmenstammsitz. Hier schlägt das Herz unseres weltweit tätigen Unternehmens. Selbstverständlich ist auch die Familie Wagner hier regelmäßig vor Ort.

Das Gespräch führte Roland Töpfer

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