Die Bayreuther Titanwurz ist wie der besoffene Opa auf der Familienfeier: uralt, riecht streng, macht vulgäre Witze - dabei aber total beliebt. Umso glücklicher schätzen wir uns, sie für das Comeback des Jahres auszeichnen zu dürfen.
Gute Fortsetzungen schüttelt man nicht mal eben aus dem Ärmel. Zwischen dem ersten und dem zweiten Teil des "Faust" ließ Goethe sich 24 Jahre Zeit. "Das Erwachen der Macht" kam knapp zehn Jahre nach "Die Rache der Sith" ins Kino. Und die Fortsetzung des letzten echten Winters (2013/14) lässt immer noch auf sich warten. Fortsetzungen dauern.
Umso überraschender kam Anfang Juni die frohe Botschaft: Die Titanwurz im Ökologisch-Botanischen Garten der Uni Bayreuth steht kurz vor einer erneuten Blüte! Der zweiten innerhalb von nur zehn Monaten.
Ein Weltrekord: Die bisherige Rekordhalterin, eine gammlige Cousine aus Bonn, ließ zwischen zwei Blüten ganz 18 Monate verstreichen.
Im Ökologisch-Botanischen Garten waren sie gleich ganz hibbelig. Richteten eine Webcam ein, auf der die allmähliche Öffnung der Blume bebachtet werden konnte. Erweiterten die Öffnungszeiten. Beantworteten emsig die eintrudelnden Medienanfragen.
Im Vorjahr hatte die Wurz mit ihrer ersten Blüte schließlich Tausende ins Tropenhaus gelockt. Bis auf die Straße standen die Schau-, pardon: Riechlustigen an, stundenlang, bloß, um sich ein Näschen Gammelduft zu gönnen. Und auch dieses Jahr kamen Tausende, um dem Aas-Imitator ihren Tribut zu zollen.
Die Titanwurz hat sich ins Herz der Bayreuther gestunken. Sie gehört zur Stadt wie rote Ampeln, bizarre Spielgeräte in der Maxstraße und blutrünstige Raubfische im Hofgartenkanal. Wir finden, dass dem grausligen Grünling deshalb das "Comeback des Jahres" gelungen ist - und gratulieren ganz herzlich!
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