Höhenklinik: Reaktionen auf die Schließung

Enttäuschung und Freude bei Politikern und Beschäftigten der Kliniken nach der Entscheidung vom Mittwoch. Archivfoto: Ronald Wittek Foto: red

Die Höhenklinik in Bischofsgrün wird geschlossen, in Bayreuth wird neben der Lohengrin-Therme für etwa 60 Millionen Euro ein Reha-Zentrum mit 300 Betten neu gebaut. Er soll etwa 2025 in Betrieb gehen. Das hat der Vorstand der DRV Nordbayern am Mittwoch bekanntgegeben. Die Reaktionen:

 
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Landrat Herrmann Hübner (CSU) schreibt in einer Stellungnahme: "Ein Schlag ins Gesicht für die gesamte Region ist für mich die Entscheidung gegen den Erhalt der Höhenklinik Bischofsgrün. Die Konzentration der zwei bisherigen DRV-Rehakliniken auf einen Standort in der Stadt Bayreuth ist strukturpolitisch nicht hinnehmbar. In einer strukturschwachen Region wie dem Fichtelgebirge ist der Erhalt von 170 Arbeitsplätzen von ausschlaggebender Bedeutung und wäre als positive Zukunftsentwicklung der gesamten Region zwingend notwendig gewesen. Durch ihre zentrale Lage wäre ein intensiver Austausch mit dem Klinikum in Bayreuth, aber auch mit weiteren Kliniken in Kulmbach und Marktredwitz optimal möglich gewesen."

Damit werde die Wettbewerbsfähigkeit der Gemeinde Bischofsgrün als einzigem heilklimatischen Kurort in ganz Nordbayern erheblich geschwächt, wie auch der gesamte ländliche Raum im nördlichen Landkreis Bayreuth.

"In einer Resolution hatte sich der Kreistag Bayreuth einstimmig für den Standort Bischofsgrün ausgesprochen. Ich bin erschüttert, dass alle Kriterien, die für einen Erhalt gesprochen haben, unbeachtet blieben und über unser aller Köpfe hinweg eine Entscheidung getroffen wurde, die ich in keiner Weise nachvollziehen kann."

Auch MdL Martin Schöffel (CSU) aus Wunsiedel zeigt sich bestürzt. Er schrieb in einer Mitteilung: "Mit großer Enttäuschung und Bestürzung habe ich die Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern zur Kenntnis genommen."

Merk-Erbe findet's gut

Bei Bayreuths Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe (BG) stößt die Entscheidung auf ein positives Echo: "Wir freuen uns über die Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung, die Klinik Herzoghöhe in Bayreuth zu erhalten. Diese Weichenstellung ist für Bayreuth als nordbayerisches Gesundheitszentrum mit höchster medizinischer Versorgungsstufe von elementarer Bedeutung, und auch für die rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist sie ein wichtiges Signal."

Die Klinik Herzoghöhe sei ein unverzichtbarer Baustein, um die medizinische Versorgungsqualität mit Blick auf Rehabilitationsmaßnahmen zu sichern. Im Verbund mit den übrigen Kliniken und den Schwerpunktthemen Orthopädie, Onkologie sowie ergänzender Ambulanz trägt sie wesentlich zu einem erstklassigen Versorgungsgefüge der Gesundheitsregion Bayreuth bei. Die Erhaltung der Klinik habe daher für die Stadt in einem von außen aufgezwungenen Standortwettbewerb stets oberste Priorität gehabt.

Merk-Erbe weiter in der Mitteilung: "Die Stadt Bayreuth hat der Deutschen Rentenversicherung bereits im August vergangenen Jahres ein umfassendes Kooperationsangebot gemacht. Die darin skizzierten Möglichkeiten der Zusammenarbeit wurden in den letzten Monaten weiter konkretisiert. Nun zeigt sich, dass es uns gelungen ist, die DRV von den Vorteilen des Standorts Bayreuth zu überzeugen."

"Bischofsgrün ist ohne Klinik abgehängt"

Christoph Rabenstein: Der Bayreuther Landtagsabgeordnete der SPD reagiert mit Unverständnis, Ärger und Kampfansage auf die Ankündigung der DRV. „Ich verstehe nicht, wie man in dieser dieser Situation die Schließung beabsichtigt“, sagt er. Die Klinik arbeitet hervorragend, die Auslastung ist bei 100 Prozent, es wurden in den vergangenen Jahren Millionen investiert.“ Vor allem aber habe die DRV bei der Entscheidung nicht berücksichtigt, wie sich eine Schließung der Höhenklinik auswirke: „Bischofsgrün ist ohne die Klinik abgehängt. Sie haben jetzt schon Schwierigkeiten, das ist ein strukturschwaches Gebiet mit Handlungsbedarf. Er kündigte an, im Landtag einen Antrag einzureichen, um sich für den Erhalt der Klinik einzusetzen. Rabenstein will wissen, auf welchen Faktoren die Entscheidung beruht. „Die Zeiten, in denen uns etwas vorgesetzt wurde und alle einfach abgenickt haben, sind vorbei, Gott sei Dank“. Für ihn ist das Thema nicht abgeschlossen „Wir werden jetzt erst richtig anfangen. Wir lassen uns das nicht gefallen.“

Anette Kramme (SPD), MdB und Parlamentarische Staatssekretärin, äußerte sich am Tag danach wie folgt: "Für mich ist diese Entscheidung nicht nachvollziehbar. Die Höhenklinik kann praktisch keine weiteren Patienten aufnehmen, da sie zu 99,4 Prozent voll belegt ist. Es gibt Bedarf für beide Standorte. Daher ist die geplante Schließung nicht erforderlich." Insbesondere die demografische Entwicklung rechtfertige den Erhalt beider Kliniken, so Kramme. "Wir werden immer älter und bei den Jüngeren steigt die Arbeitsbelastung. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Bedarf nach Reha-Plätzen in den beiden Kliniken in Zukunft sogar noch weiter steigen wird." Auch strukturpolitisch könne man eine solche Entscheidung nicht hinnehmen. "Für Bischofsgrün und das gesamte Fichtelgebirge ist die Höhenklinik von großer Bedeutung. Die Belegung der Klinik führt zu Anschlussbelegungen in den Hotels und Ferienwohnungen, beispielsweise durch Angehörige. Ich bin überzeugt davon, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Ich bin auch gespannt auf die Beurteilung dieses Beschlusses durch den Bundesrechnungshof", so Kramme. 

Maulkorb verordnet bei den Mitarbeitern in Bischofsgrün

Die Beschäftigten, die am Mittwochnachmittag die Klinik verlassen, wissen da bereits Bescheid. Einige würden gern reden, aber es darf keiner. Eine Frau sagt: „Wir haben einen Maulkorb bekommen und sollen nicht mit der Presse reden.“ Und fügt dann an: „Ich bin viel zu aufgeregt, jetzt was zu sagen.“ Einer der redet, ist der Klinik-Seelsorger, Pfarrer Josef Paulmaier: „Ich finde es schlimm, wenn der Rechnungshof so die Privatisierung fördert. Damit bringt er bewusst Leute später in Altersarmut.“

Heinz Hopp aus Bischofsgrün ist seit 30 Jahren Ausbilder bei der Wasserwacht, seit zehn Jahren hält er Schwimmanfängerkurse für Fünf- bis Sechsjährige im Höhenklinik-Schwimmbad: „Die wird es dann wohl nicht mehr geben.“ Doch etwas anderes treibt ihn viel mehr um: „Für die Mitarbeiter ist das eine Katastrophe.“

Folgen hat die geplante Schließung des 200-Betten-Hauses nicht nur für die Mitarbeiter, sondern den ganzen Ort. Thomas Ruckdeschel vom gleichnamigen Café an der Hauptstraße sagt: „Freitagnachmittag und am Wochenende ist ein erheblicher Teil meiner Gäste Höhenklinikpatienten und deren Besucher.“ Auf halbem Weg zwischen dem Ort und der Höhenklinik liegt der Gasthof Wiesengrund. Den Anteil der Höhenklinik am Geschäft beziffert Carolin Engelbrecht auf etwa ein Viertel. An Sonntagen sei die Hälfte der Gäste Patienten und Angehörige. „Wir hoffen natürlich, dass irgendwas nachkommt.“

Bürgermeister Stephan Unglaub macht am Telefon einen gefassten Eindruck: „Das muss man jetzt mal zur Kenntnis nehmen. Wir wollen natürlich alles dafür tun, dass die Lichter nicht ausgehen, die Weichen stellen, dass es nach der DRV weitergeht. Aber es hängt nicht an uns“. Es gebe „viele Sachen“, die jetzt auf einem sachlichen Niveau besprochen werden müssten. „Wir wollen vieles beantwortet haben, was bisher nicht beantwortet wurde. Wir wollen schon wissen, was zu der Entscheidung geführt hat.“

„Ich komme nicht klar mit der Entscheidung“

Und Unglaub bekennt: „Ich komme nicht klar mit der Entscheidung.“ Er will wissen, was in dem Gutachten stand. Jenem Wirtschaftlichkeitsgutachten, dass die Unternehmensberatung Oberender & Partner erstellt hat. Ein Unternehmen mit Sitz in Bayreuth. „Es wäre vielleicht geschickter gewesen, dafür ein Unternehmen aus Hamburg zu nehmen“, sagt Unglaub.

Er will wissen, ob in die Wirtschaftlichkeitskalkulationen auch die Mieteinnahmen einflossen. Denn hinter der Höhenklinik gibt es noch rund 30 Mietswohnungen, die der DRV gehören. Und deren Mieter sich jetzt auch fragen, wie es weitergeht. Von denen, die das Gutachten erstellten, habe jedenfalls niemand mit der Gemeinde gesprochen. Unglaub sagt es mehr als einmal: „Wir wollen den Pfad der Tugend und Sachlichkeit nicht verlassen.“ Und macht dann doch seinem Herzen Luft: Er habe wenige Minuten vor der gestrigen Pressekonferenz die Nachricht per E-Mail bekommen. Kurz darauf riefen die ersten Journalisten an: „Die wussten schon mehr als ich.“ Unglaub macht eine Pause: „...so geht man nicht miteinander um.“

Hoffen aufs Sozialministerium

Doch es gibt noch einen Hoffnungsschimmer. Nämlich dass das bayerische Sozialministerium die Neubaupläne kippt. Das kann es, trotz der Selbstverwaltung, die die DRV praktiziert. Die Mittwoch genannte Zahl von 60 Millionen Euro für den Neubau eines 300-Betten-Hauses wirft Fragen auf. Vor Jahren standen 55 Millionen im Raum für den Neubau eines 200-Betten-Hauses an der Herzoghöhe. Und nun 50 Prozent mehr Betten für zehn Prozent mehr Geld? Eine Rechnung, die man sich im Ministerium womöglich genauer ansehen wird. Hinter vorgehaltener Hand wird in Bischofsgrün vom „Plan B“ geredet.

Dass es den gibt, will Bürgermeister Unglaub auf Nachfrage nicht bestätigen. Will die Gemeinde den Hebel bei der Staatsregierung ansetzen? Unglaub überlegt kurz und sagt nur: „Weiß ich jetzt nicht.“

Erleichterung und Freude bei Bayreuther Mitarbeitern

Riesige Erleichterung und überschwängliche Freude herrschen seit Mittwochnachmittag bei den Mitarbeitern der Klinik Herzoghöhe: Die Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung (DRV), eine neue Reha-Klinik zu bauen, ist genau das, was sie sich gewünscht haben.

„Erleichterung in der gesamten Klinik, in allen Abteilungen“ - so beschreibt Ralph Bauer, der Personalratsvorsitzende der Klinik Herzoghöhe, die Reaktion auf die Zusammenlegung der beiden Reha-Häuser in einem Neubau neben der Lohengrin-Therme in Bayreuth. Aus seiner persönlichen Sicht sei die Entscheidung für eine Zusammenlegung das Beste – für die Wirtschaftlichkeit und für die Patienten. Wichtig für ihn ist aber vor allem die Zusage der DRV, keine Kündigungen auszusprechen. Während die Mitarbeiter gestern direkt vor offiziellen Bekanntgabe vor der geplanten Zusammenlegung erfuhren, sollen zahlreiche Details erst am heutigen Donnerstag in einer Personalversammlung erläutert werden.

Als Mitglied des Gesamtpersonalrats hat Bauer Verständnis für das Entsetzen im Fichtelgebirge, wo die Höhenklinik geschlossen werden soll. „Wir haben mit Bischofsgrün ein sehr gutes Verhältnis“, sagt er. „Für die Kollegen ist das eine Katastrophe.“ Doch als Personalratsvorsitzender hat er zuerst die Klinik Herzoghöhe im Blick.

Dort, auf dem Gelände an der Kulmbacher Straße, war seit Jahren ein Neubau geplant. Die Gebäude aus den 1960er Jahren entsprechen schon lange nicht mehr den Standards der Behandlung. Doch dann kam die Kritik vom Bundesrechnungshof, kurz vor dem Architektenwettbewerb lagen die Pläne auf Eis, die ganze Klinik war infrage gestellt. „Die Situation war sehr belastend.“

Der Neubau im direkten Umfeld der Lohengrin-Therme ist aus Sicht von Ralf Bauer noch viel besser als ein Neubau an der Herzoghöhe. Denn Kooperationen mit Thermen seien für die Patienten immer ein Vorteil und dementsprechend auch sehr beliebt. „Davon profitieren die Patienten.“

Die neue Reha-Klinik kann sich aussuchen, wie viel Platz sie neben der Lohengrin-Therme bekommen möchte. „Wir richten uns danach, was die DRV von uns will“, sagt Günter Rohr, Leiter des Grundstücksamts im Rathaus der Stadt Bayreuth. Das Areal sei „groß genug“, um den Wünschen der Betreiber nachkommen zu können.

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apa/agw/ck/kfe

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