"EHC Bayreuth ist im Mai schuldenfrei"

Von

Seit einem Jahr bestimmt es die Geschicke des EHC Bayreuth mit, seit einem Monat hat es das Sagen beim Oberligisten: Das Ehepaar Margrit und Matthias Wendel ist angetreten, um den Verein zu sanieren und zu erneuern. Viel Zeit dazu haben die Wendels nicht mehr, nach der Saison ziehen sie sich aus vorderster Front zurück. Im Interview blicken sie auf die aktuell stürmische Zeit und den wohl wichtigsten Termin der Vereinsgeschichte.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

In einem Monat haben kommissarischer Vorsitzender Matthias Wendel und seine Frau Margrit, Beraterin des Vorstandes und Kapitalgeberin des EHC, schon mehr mitgemacht als andere Vereinsvorsitzende in mehreren Jahren: einen Machtkampf innerhalb des Vereins, existenzbedrohende Finanzprobleme, Suspendierung eines Spielers und Trainerdiskussionen.

Es sind stürmische Zeiten beim EHC, viel dreckige Wäsche wird – teilweise öffentlich – gewaschen. War Ihr Engagement bei den Tigers dennoch die richtige Entscheidung?
Matthias Wendel: Es war die richtige Entscheidung, vor einem Monat das Amt des Vorsitzenden zu übernehmen. Aber es war wohl nicht die richtige Entscheidung, vor einem Jahr beim EHC einzusteigen. Denn es sind Sachen aufgetaucht, die so nicht absehbar waren.

Damit spielen Sie auf die drohende Pleite des Vereins an.
Matthias Wendel: Hätten wir von allem gewusst, was auf uns zugekommen ist, hätten wir wohl gesagt: Es ist besser, den Verein in die Insolvenz gehen zu lassen. Aber wir haben uns anders entschieden, und jetzt ziehen wir unser Engagement auch bis zum Ende durch.
Margrit Wendel: Nach einer anfänglichen Finanzspritze von 50 000 Euro tauchten immer mehr Etatlöcher auf. Wir waren schockiert über den desolaten Zustand des Vereins. Aber wir hatten ja bereits einige Sponsoren vom Eishockey in Bayreuth überzeugt, die konnten wir nicht im Stich lassen. Also haben wir insgesamt 220 000 Euro als Darlehen in den Verein gesteckt, um ihn zu retten. Aber es war klar, dass sich einiges ändern musste.

Bei diesen Veränderungen haben Sie aber auch jede Menge Porzellan zerschlagen. Mit Ihren Umstrukturierungen sind Sie vielen ehrenamtlichen Helfern auf die Füße getreten.
Margrit Wendel: Es stimmt, wir haben viele Schwierigkeiten mit Ehrenamtlichen. Oder besser sogenannten Ehrenamtlichen, die trotz der schwierigen Lage des Vereins auf Freikarten oder andere Vergünstigungen nicht verzichten wollten. Als wir begonnen haben, diese Leistungen zu reduzieren, gab es einen Riesenaufschrei. Man wollte so weitermachen wie bisher, das Geld wäre weiter verschleudert worden. Man hat nicht aus Fehlern gelernt.

Doch jetzt steht der Verein finanziell wieder ordentlich da, Sie sind einzige Gläubiger des EHC. Wie hoch ist das Darlehen aktuell?
Matthias Wendel: 100 000 Euro haben wir mittlerweile dem Verein als Forderungsverzicht gespendet, es bleiben als noch 100 000. Und das Darlehen wird monatlich bedient, aber nur im unteren vierstelligen Bereich.

So ist das Ziel, das Sie bei Amtsantritt formulierten, kaum zu erreichen. Der Verein ist bei der Hauptversammlung im Mai nicht schuldenfrei.
Matthias Wendel: Wenn das Darlehen in dieser Weise zurückgezahlt wird, definitiv nicht. Aber wir werden voraussichtlich auf die Rückzahlung des Restbetrags, der Anfang Mai noch vorliegt, verzichten.

Dann steht einem Übergang in eine GmbH nichts im Weg. Oder haben Sie dieses Vorhaben bereits wieder über Bord geworfen?
Matthias Wendel: Wir denken kurzfristig, also bis zur Mitgliederversammlung. Da muss vor allem ein neuer Vorstand gefunden werden.

Stehen Sie dann ab Mai dem EHC nicht mehr als Vorsitzender zur Verfügung?
Matthias Wendel: Richtig. Wir können unsere Firma und das Amt als Vorstandsmitglieder nicht mehr guten Gewissens miteinander vereinbaren. Wir wollen deshalb niemanden vorgreifen, vielleicht hat der neue Vorstand ganz andere Vorstellungen.

Gibt es schon Kandidaten?
Margrit Wendel: Nein, aber es sollte jemand sein, der Eishockey liebt. Wir können uns auch vorstellen den neuen Vorstand zu unterstützen. Wenn aber alles so bleibt, wie es ist, werden wir uns komplett zurückziehen. Ansonsten stehen wir gerne beratend zur Seite.

Droht dann eine führungslose Zeit? Sie hören auf, aber auch einige der bisherigen Ehrenamtlichen hegen wegen der aktuellen Zweiteilung im Verein Rücktrittsgedanken. Vereinfacht gesagt: Entweder man ist pro Wendel oder kontra Wendel.
Margrit Wendel: Je länger die Saison dauert, desto deutlicher kristallisiert sich die Zweiteilung heraus. Wir ecken mit unseren Umstrukturierungen einfach an, das lässt sich aber nicht vermeiden. Der Verein muss sich für die Zukunft professionalisieren, da kommt es nicht auf einzelne Personen an.
Matthias Wendel: Vielleicht ist es genau richtig, dass es aktuell nur noch Schwarz oder Weiß gibt. Grauzonen gab es beim EHC zuletzt genug. Vielleicht bringt ein neuer Vorstand auch den nötigen frischen Wind. Auf jeden Fall hat der EHC die einmalige Möglichkeit, sich ordentlich für die Zukunft aufzustellen. Der Verein ist im Mai entschuldet und spielt in der Oberliga. Man kann neue Strukturen aufbauen – oder man kann in den alten Trott zurückkehren.
Margrit Wendel: Fakt ist auch: Wir machen den Großteil der Arbeit im Vorstandsbereich. Wir haben Sponsorengelder in Höhe von fast 500 000 Euro akquiriert. Darauf kann der neue Vorstand aufbauen.

Aber ist der Neue dann nicht ein Vorsitzender von Wendels Gnaden?
Matthias Wendel: Definitiv nicht. Uns liegt nichts daran, als Übergangslösung den Verein zu sanieren – und dann geht das Chaos wieder von vorne los. Tritt das ein, haben wir die Situation des letzten Jahres mit hohen Schulden im Fünf-Jahres-Rhythmus. Nach uns die Sintflut, das gibt es bei uns nicht, wir wollen einen sauberen Übergang.

Sie haben betont, dass Sie einen Großteil der Arbeit machen und der Verein sparen muss. Aber der EHC leistet sich einen hauptamtlichen Geschäftsstellenleiter. Hat Michael Rumrich nicht auch die Aufgabe der Sponsorenakquise?
Matthias Wendel: Herr Rumrich kam zu einem Zeitpunkt zum EHC, zu dem vieles für diese Saison bereits in die Wege geleitet war. Zudem war er neu in Bayreuth und in der Kürze der Zeit nicht in der Lage, Sponsorengelder in der nötigen Höhe zu generieren. Das hätte kein Bayreuth-Neuling geschafft. Herr Rumrich übernimmt aktuell die Arbeiten im Tagesgeschäft.

Und wie sieht es im sportlichen Bereich aus? Der Vertrag des Trainers läuft nach der Saison aus, einige Spielerverträge auch.
Matthias Wendel: Es wird keinen Stillstand geben, aber vor der Hauptversammlung auch sicher keine Trainerentscheidung. Meine Frau und ich werden bis Mai die Geschäfte weiter führen, werden mit Spielern sprechen, eventuell Verträge aushandeln – aber keine Unterschriften tätigen. Das ist Aufgabe meines Nachfolgers. Aber noch ein Wort zum Trainer: Er hatte und hat immer unser vollstes Vertrauen. Auch bei der Niederlagenserie und den „Waßmiller raus“-Rufen der Fans im Dezember war klar: Wir beenden die Saison mit Sergej Waßmiller auf der Trainerbank.

Klar ist aber auch, dass die Hauptversammlung im Mai einer der wichtigsten Termine in der Geschichte des EHC wird.
Matthias Wendel: Ganz sicher, da werden Weichen gestellt. Ich bin selbst gespannt, wohin die Reise geht. Für uns hat sich unser Engagement trotz allen finanziellen und arbeitstechnischen Aufwands inklusive Streitigkeiten gelohnt, da der EHC Bayreuth jetzt für die Zukunft gerüstet ist. Das war alle Mühen wert – für den Verein, für die Spieler, für die Fans und für die Sponsoren. Denn Eishockey ist ein ganz wichtiger Faktor in Bayreuth, in dem noch jede Menge Potenzial steckt.

 

 

 

 

 

 

 

 

Autor

Bilder