"Opfer" durfte nicht im Namen stehen
Hedler war Mann der ersten Stunde beim VdK. Schreyer trat dem Kreisverband Bayreuth 1947 bei und ist einer von acht noch lebenden Gründungsmitgliedern. Zuvor, im Dezember 1946, hatte Karl Weißhäupl in München den Landesverband gegründet - mit Genehmigung der amerikanischen Militärregierung. Die wollte das Wort „Kriegsopfer“ für einen deutschen Verband damals nicht im Namen haben, deshalb hieß der VdK anfangs „Verband der Körperbeschädigten, Sozialrentner und Hinterbliebenen“. Das Ziel: Den Opfern und Hinterbliebenen zu helfen, und zwar ohne Ansehen der Person. Ob das früher glühende Nazis waren oder verwundete Zwangsarbeiter, der VdK hatte es sich zur Aufgabe gemacht, allen zu helfen.
"Wegen eines Ehrenamtes wählt einen keiner"
„Das war der Friedensauftrag des VdK“, sagt Anneliese Fischer. Die frühere Landtagsvizepräsidentin aus Bayreuth führte von 1991 bis 2011 selbst den Kreisverband Bayreuth und ist Ehrenvorsitzende. Beigetreten war sie erst 1988, da saß sie schon für die CSU im Landtag. Nicht, weil sie sich davon einen Vorteil versprochen hätte, sagt sie: „Wegen so eines Ehrenamtes wählt einen keiner.“ Sie habe das Anliegen unterstützen wollen und der Verband habe Kontakte gesucht, die ihm nützten. Bis heute legt der Verband größten Wert auf seine parteipolitische Unabhängigkeit. So löste 2011 SPD-Landtagskollege Christoph Rabenstein die CSU-Frau Anneliese Fischer an der Spitze des Kreisverbandes ab.
Sprungbrett für Horst Seehofer
Heute, 70 Jahre nach seiner Gründung, ist aus dem Verband der Kriegsopfer der einflussreichste Sozialverband Deutschlands geworden. 1,8 Millionen Mitglieder bundesweit, 660000 allein in Bayern, mehr als 12000 im Kreisverband Bayreuth (ein Plus von fast 70 Prozent in den vergangenen 20 Jahren). In der Richard-Wagner-Straße arbeiten sieben Hauptamtliche für den VdK, die ihre Mitglieder in Sachen Rente, Behindertenhilfe, Pflege, und Arbeitslosigkeit beraten und unterstützen. „Solche Mitgliederzahlen imponieren Politikern“, sagt Anneliese Fischer, die es wissen muss. Horst Seehofer, der nach einem Krach mit Angela Merkel um die Kopfpauschale 2004 seinen Posten als Unionsfraktionsvize hingeschmissen hatte, gelang nach nicht einmal neun Monaten als VdK-Landesvorsitzender das Comeback als Minister in Berlin.
Geburtstagswunsch: Besserer Bahneinstieg
„Der VdK erreicht alles, aber nicht sofort“, glaubt Anneliese Fischer. Ihre Devise lautet: „Niemals aufgeben.“ Wird der Verband vielleicht sogar zu mächtig, weil er die Interessen von immer mehr Alten vertritt, deren Renten die Jungen zahlen müssen? Anneliese Fischer hält die Diskussionen über Methusalem-Komplott und Kampf der Generationen für Unfug. „Meinen vier Töchtern habe ich erklärt: Was wir heute für Rentner erstreiten, davon werdet ihr später auch noch was haben. Was aber einmal verloren ist, das bleibt verloren.“ Die meisten heutigen Rentner seien genügsam und sparten für ihre Kinder.
Wenn der Kreisverband am 31. Mai seinen 70. Gründungstag begeht, wird Fischer 92 Jahre alt. Zum Geburtstag ihres Verbandes wünscht sie diesem immer noch mehr Mitglieder. Und wenn sie noch einen Wunsch frei hätte: Einen behindertenfreundlichen Einstieg auf dem Bayreuther Bahnhof in den Zug nach Nürnberg. „So viele Ältere würden gerne mit dem Zug verreisen und trauen sich wegen des großen Abstands zwischen Bahnsteig und Zug nicht“, sagt sie, die an dieser Stelle schon selber zweimal gestürzt ist. „Jetzt fahr ich nicht mehr.“ Wenn sie ihrer eigenen Devise „niemals aufgeben“ treu bleibt, war das aber vielleicht nicht das letzte Wort.
Der VdK-Kreisverband Bayreuth feiert sein Jubiläum am 27. Mai. Die Veranstaltung im Zentrum mit Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe und Anneliese Fischer als Festrednerin ist nicht öffentlich.
Kriegsopfer
Am Jahresende 1950 hatten in der Bundesrepublik Deutschland nach Auskunft des Zentrums Bayern Familie und Soziales gut vier Millionen Kriegsopfer Anspruch auf Entschädigung. 854000 von ihnen lebten in Bayern. Schwerbeschädigte erhielten damals bei 100 Prozent Erwerbsunfähigkeit eine so genannte Ausgleichsrente von 90 Mark im Monat. Ende März 2017 lebten in Bayern noch 5731 Kriegsbeschädigte und 9549 Hinterbliebene, die Kriegsopferversorgung erhielten.
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