Sozialverband: "Weg mit den Barrieren"

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Rollstuhlfahrer müssen im öffentlichen Raum noch immer mit vielen Hürden kämpfen. ⋌Foto: Daniel Maurer Foto: red

Hohe Gehsteige, zu enge Toiletten, Filme ohne Untertitel: Menschen mit Handicap müssen im Alltag viele Einschränkungen hinnehmen. Der Sozialverband Vdk will mit seiner Kampagne "Weg mit den Barrieren" erreichen, dass Menschen mit Behinderung endlich eine gleichberechtigte Teilnahme am Leben ermöglicht wird.

 
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„Wir sind technisch in der Lage, auf den Mond zu fliegen, aber Menschen mit Handicap kommen noch immer nicht in jeden Zug oder Bus“, kritisiert VdK-Kreisvorsitzender Christoph Rabenstein. Um diese und weitere Missstände anzuprangern, werden bis Jahresende VdK-Mitglieder in Stadt und Landkreis mit kritischem Blick ihre Gemeinden begehen und dem Kreisverband melden, wo es Verbesserungsbedarf gibt.

Keine Ausnahme

Hans-Dieter Friedrich kennt die Missstände in seiner Heimatgemeinde Hollfeld nur zu gut. Keine abgesenkten Gehsteige, die schwere Eingangstür des Rathauses öffnet nicht automatisch und Behindertenparkplätze sind rar, nennt der Hollfelder VdK-Vorsitzende einige der Probleme, die er bei einer Stadtbegehung entdeckt hat. Hollfeld ist keine Ausnahme. Diese Probleme kennen auch seine Kollegen in Bad Berneck und Creußen, Günter Mayer und Herma Vogel, die gemeinsam mit Rabenstein die Kampagne „Weg mit den Barrieren“ vorgestellt  haben. Viele Probleme - und noch mehr betroffene Menschen. Im Landkreis Bayreuth leben 1497 Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung. 62 von ihnen können sich nur im Rollstuhl fortbewegen, die anderen sind auf Gehhilfen angewiesen. In der Stadt sind es 947 Menschen mit einer außergewöhnlichen Gehbehinderung, darunter 62 Rollstuhlfahrer, sagt Rabenstein. „Das sind viele Menschen, die noch immer in vielen Bereichen von einer gleichberechtigten Teilnahme ausgeschlossen sind“, betont der Kreisvorsitzende. Ihnen solle die Kampagne in erster Linie helfen. Und ihnen zu ihren Rechten verhelfen, die in der auch von der Bundesregierung unterzeichneten UN-Behindertenrechtskonvention formuliert sind. „In den vergangenen 20 bis 30 Jahren hat sich vieles getan. Wir fangen nicht bei Null an“, sagt Rabenstein. „Aber von einer vollen gleichberechtigten Teilnahme von Menschen mit Behinderung am Leben sind wir noch weit entfernt.“

Endstation Bahnsteig

Beispiele für die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung gibt es viele. Dazu zählt nicht nur der nicht abgesenkte Randstein oder die nicht blindengerechte Fußgängerampel. Dazu gehören auch Bahnhöfe wie in Pegnitz und Kirchenlaibach, die nicht barrierefrei sind (nur jeder zweite Bahnhof in Deutschland ist barrierefrei). Reisen mit dem Flugzeug sind für Rollstuhlfahrer nahezu unmöglich. Taxis und Mietwagen sind nicht entsprechend um- oder ausgerüstet. Privatsender und die Verleiher von Kinofilmen ignorieren die Bedürfnisse von Hörgeschädigten und verzichten auf Untertitel. Knapp 80 Prozent der Allgemeinarztpraxen sind nicht ebenerdig zugänglich. Und es gibt zu wenig barrierefreien und bezahlbaren Wohnraum. Dies sind nur einige der Missstände, die VdK-Kreisgeschäftsführer Christian Hartmann aufzählt. Diese und die vielen anderen schon heute zu beseitigen, sei aber dringend notwendig. Denn, betont Hartmann: Die Menschen werden immer älter. Wenn rechtzeitig barrierefrei geplant und gebaut werde, könnten die Menschen ihren Lebensabend länger Zuhause verbringen.

Reiche zur Kasse bitten

Dafür, wie die Milliarden Euro teure Umsetzung der Barrierefreiheit finanziert werden kann, hat der VdK zahlreiche Vorschläge parat. Neben finanziellen Anreizen durch Bund, Länder und Kommunen sowie Förderprogrammen beispielsweise der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sollten auch Spitzenverdiener zur Kasse gebeten, die Börsenumsatz- und die Vermögenssteuer wieder eingeführt und der Steuerflucht und Steuerhinterziehung ein Riegel vorgeschoben werden. Auch eine Vermögensabgabe für Reiche bringt der VdK-Landesverband ins Spiel.

Starker Verband

Rabenstein ist optimistisch, dass seine Mitstreiter in den 45 Ortsverbänden in Stadt und Landkreis, denen 12 000 Mitglieder angehören, die Kampagne „Weg mit den Barrieren“ tatkräftig unterstützen. Bis Ende des Jahres werden gemeldete Probleme gesammelt, dann geht es an deren Lösung. Dass dies ein langwieriger Prozess wird, dass dabei viele Hürden zu überwinden sind, ist Rabenstein bewusst. Aber die Befürchtung, dass die Kampagne verpufft, hat er nicht. Denn, so Rabenstein: „Der VdK ist eine mächtige Organisation.“

Info: Weitere Infos unter www.weg-mit-den-barrieren.de

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