Alt werden in Bayreuth

Von Andrea Pauly
Roland Sack, Bezirksgeschäftsführer VdK Bayern, hört immer wieder Beschwerden von Senioren und Gehbehinderten über das Pflaster an der Stadtkirche - besonders im Winter. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Mehr als ein Fünftel aller Bayreuther Bürger ist über 65 Jahre alt. Vieles macht die Stadt für sie lebenswert - aber an einigen Stellen gibt es Nachholbedarf - und zwar nicht nur gefühlt, wie der VdK mit Zahlen belegt.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Mehr Platz für Gräber, weniger für Spielplätze: Diesen Vergleich nimmt - halb im Ernst -  VdK-Bezirksgeschäftsführer Roland Sack zur Hilfe, um zu zeigen, dass die Jungen in der Stadt immer weniger werden - und die Alten immer mehr. Laut statistischem Jahrbuch 2016 hat sich die Fläche der Spiel- und Bolzplätze von 18,35 auf 18,13 Hektar verringert, dafür ist die Fläche der Friedhöfe von 1,6 auf 2,7 Hektar gewachsen, "oder anders: 539 Geburten und 864 Sterbefälle".

Mehr als ein Fünftel der Bayreuther sind über 65

Senioren sind keine Minderheit in der Stadt: Bayreuth hatte am 31. Dezember 2015 genau 72.148 Einwohner, davon waren 15.744 mindestens 65 Jahre alt. Laut aktueller Statistik des Zentrums Bayern Familie und Soziales ist rund ein Drittel von ihnen als schwerbehindert anerkannt. Genau 2100 Bayreuther Senioren sind gehbehindert, 506 sogar außerordentlich gehbehindert.

Immer die gleichen Beschwerden

Für sie sollte das Leben eigentlich barrierefrei sein, sagt Roland Sack. Das heißt: Senioren und Menschen mit Behinderungen sollten bei alltäglichen Dingen wie Einkaufen oder einem Restaurantbesuch keine Hilfe brauchen. Doch das ist bisher nicht realistisch. Es sind immer die gleichen Themen, über die sich die Mitglieder des VdK beschweren, sagt Sack.

Straßenverkehr:

Besonders für gehbehinderte Senioren ist es wichtig, Parkplätze in Innenstadtnähe zu finden, sagt Sack. "Die Parkplatzsituation in Bayreuth ist gefühlt beengt, aber laut Statistik durchaus ausreichend." Denn es gibt 177 Behindertenparkplätze und im Umkreis von 500 Metern um den Markt herum fast 3000 Parkplätze. Die Straßen im Stadtgebiet zu überqueren, ist laut Sack nicht immer einfach. Die Situation habe sich zwar spürbar verbessert. Aber beispielsweise am Schützenplatz wünschen sich die Senioren Hilfen zum Abstützen oder Ruhebänke.

Fußwege:

Das alte Kopfsteinpflaster um die Stadtkirche macht vielen Senioren zu schaffen - vor  allem, wenn sie mit Stock oder Rollator unterwegs sind. "Dann rumpelt das ordentlich", sagt Roland Sack. "Das ist nicht zeitgemäß." Ein abgeschliffenes Pflaster wie auf dem Markt sei viel gehfreundlicher. "Auch ein Achtsamkeitsstreifen, wie es ihn auf der Landesgartenschau gab, wäre sicher möglich." Der Denkmalschutz soll auch der Grund dafür sein, warum verschiedene Geschäfte in der Opernstraße den Eingang nicht auf Straßenniveau verlegen können. "Auch wenn freundliche Mitarbeiter herauskommen und helfen, wenn man mit Rollstuhl oder Kinderwagen nicht weiterkommt: Das ist nicht das, was wir wollen. Jeder soll überall ohne Hilfe hinkommen." Im Winter machen Schnee und Eis das Kopfsteinpflaster zusätzlich zur Rutschbahn.

Arztpraxen:

Barrierefreie Praxen sind rar - oder für die Senioren schwer ausfindig zu machen: Laut statistischem Jahrbuch hat Bayreuth 262 ambulant praktizierende Ärzte und 68 Zahnärzte. "Aber bei fast keinem Arzt, der eine eigene Webseite betreibt, befindet sich ein Hinweis zur Zugänglichkeit. Hier gibt es erheblichen Nachholbedarf", sagt Roland Sack.

Gastronomie:

Nachholbedarf sieht er auch bei den Gastronomen im Stadtgebiet - einerseits, weil viele Gasträume nur über Treppen zugänglich und die Toiletten oft im Keller seien; andererseits, weil es für Senioren kaum noch Versammlungsräume gebe. Gaststätten mit großen Nebensälen fehlen vor allem in der Innenstadt - aber gerade dort wollen die Senioren gern sein. "Keiner möchte mit dem Stempel 'Alt' gekennzeichnet sein", sagt der 60-Jährige. "Die alten Menschen wollen mitschwimmen und dabeisein. Aber das wird immer schwieriger." Die Alternative seien Tagungshotels oder Räume ohne Bewirtung - "und das ist eine Preisfrage".

Einkaufen:

Zufrieden seien die Senioren aus Bayreuth mit den Bekleidungsgeschäften. Die fehlenden Möglichkeiten, in der Innenstadt Lebensmittel einzukaufen, seien für viele Grund für Frust, sagt Roland Sack. Der Norma-Markt, der an den ZOH umgezogen ist, sei immer gut besucht. "Aber man will nicht nur beim Discounter kaufen, sondern auch Markenware", moniert der VdK-Chef. "Und wir haben zwar genug Bäcker, aber nur zwei Metzger. Fleisch in der Innenstadt – das fehlt." Ein Manko  hat nichts mit dem Angebot zu tun, sondern mit dem Personal: Viele Senioren, sagt Sack, wünschen sich mehr Anerkennung und Respekt.

Bilder