Im Schloss: Rupert Everett dreht Kinofilm

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Der Verkehr wird teils umgeleitet, am Schloss stehen viele Fahrzeuge mit fremden Kennzeichen, Industriehallen sind mit Filmutensilien belegt. Aber sonst ist alles ruhig in Thurnau, der 4200-Einwohner großen Gemeinde, die seit einigen Tagen als Filmkulisse dient. Nur einige Einheimische sind ganz nah dran: Sie treten nämlich als Komparsen auf.

 
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Die Dreharbeiten für den internationalen Spielfilm „The Happy Prince“ des britischen Schauspielers Rupert Everett haben vor einigen Tagen begonnen. Everett verfilmt die letzte Lebensphase des irischen Schriftstellers Oscar Wilde. Der 57-Jährige ist nicht nur der Hauptdarsteller und Drehbuchautor, sondern tritt zugleich als Produzent und erstmals als Regisseur auf.

Spontan beim Casting und prompt dabei

Gesehen wurde er von einigen Bewerbern des dritten Castings, das direkt im Schlosshof stattfand. Hunderte Frauen, Männer und Kinder waren gekommen, in der Hoffnung, einen kleinen Auftritt zu ergattern. Selbst Thurnauer mischten sich unter die Anwärter für eine Komparsenrolle. Spontan füllte Hans-Peter Königsmann einen Zettel aus – und wurde prompt genommen.

Haare nicht mehr schneiden lassen

„Ich wurde zur Kostümprobe eingeladen“, erzählt der grauhaarige Rentner im Gespräch mit dem Kurier. In einer vom Filmteam angemieteten Halle ist er eingekleidet worden: Stoffhose, Hemd, Krawatte, Weste, Jacke – „wie die Leute eben damals aussahen“. Außerdem muss Königsmann einen steifen Kragen tragen. „Da muss ich den Kopf ganz schön hochhalten.“ Seine Haare soll er bis zum Drehtag im Oktober nicht mehr schneiden, sondern eher wachsen lassen. „In der Stirn sind sie mir so nach außen zu Löckchen gedreht worden“, sagt der nicht besonderes große Thurnauer lachend. Danach seien noch Fotos gemacht worden und er habe eine Laufnummer erhalten. Nach eineinhalb Stunden war er fertig. Wen er darstellt, weiß Königsmann noch nicht so genau, „irgendeinen Cafébesucher“.

Schlosstheaterleiter Wolfgang Krebs in Old Bailey

Schauspieler Wolfgang Krebs, der Leiter des Schlosstheaters in Thurnau, ist ebenfalls bei den Filmaufnahmen dabei. Er ist für eine Szene in Old Bailey vorgesehen, dem zentralen Strafgerichtshof in London. Hier wurde 1895 der Verleumdungsprozess um Oscar Wilde geführt.

Was wird in "The Happy Prince" zu sehen sein?

Der verheiratete Wilde war dort wegen homosexueller Unzucht und dem Umgang mit männlichen Prostituierten zu zwei Jahren Zuchthaus und schwerer Zwangsarbeit verurteilt worden. Der Lyriker, Dramatiker und Romanautor („Das Bildnis des Dorian Gray“) starb im Alter von nur 46 Jahren im Jahr 1900 in Paris. Nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis war er nach Frankreich ins Exil gegangen. Verarmt und als verwahrloster Vagabund soll er Pariser Cafés Gäste angeschnorrt haben, weil er seine Rechnung nicht bezahlen konnte. Ob davon etwas in „The Happy Prince“ zu sehen sein wird?

Vom Superstar zum Außenseiter

Acht Jahre lang bereitete Everett den Kinofilm vor und suchte nach Förderern. Das Thurnauer Schloss besuchte er in jüngster Zeit zwei Mal. In einem Interview mit dem SZ-Magazin hatte Everett über sein Verhältnis zu Oscar Wilde gesprochen. Vor seiner Verhaftung sei er noch ein „umschwärmter Superstar“ gewesen. Als die Justiz ihn im Visier hatte, seien in London drei seiner Stücke gleichzeitig gelaufen. „Aber wie alle Stars ließ er sich von seinem Erfolg blenden und lebte mit dem Kopf in den Wolken.“ Dass er tatsächlich verurteilt werden würde, hatte der Ästhet und Dandy wohl nicht für möglich gehalten. Wildes langjähriges Verhältnis zu dem 16 Jahre jüngeren Bosie genannten Lord Alfred Douglas, führte jedoch zu einem gesellschaftlichen Skandal ungeahnten Ausmaßes.

Oberfranken, Belgien, Frankreich und Italien

Der Titel von Rupert Everetts Film „The Happy Prince“ entspricht dem einer Märchensammlung von Oscar Wilde. Die Geschichte von Oscar Wilde im Exil wird in Deutschland in Bayern sowie in Frankreich, Belgien und Italien gedreht. Drehstart war am 20. September – in Thurnau. Die Bürger, die sich nicht für einen Auftritt am Set beworben haben, bekommen wenig davon mit. Um das Schloss herum parken etliche weiße Lastkraftwagen mit Requisiten. Einer trägt die in schwarzen Buchstaben die Aufschrift „Maske“. An den Zufahrten zum Markt sind Straßensperren aufgestellt worden. Wenn nicht gedreht wird, darf der Verkehr durchfahren. Um diesen zu lenken, wurde eigens Personal abgestellt. „Zwar war eine Totalsperre gewünscht, aber das wollten wir nicht“, sagt der Thurnauer Bürgermeister Martin Bernreuther, der mit der jetzt gefundenen Lösung zufrieden ist.

Stolz auf Aufmerksamkeit für das Schloss

Ungefähr 130 Leute seien in der Gefolgschaft der Schauspieler in die Gemeinde gekommen. Die meisten von ihnen wohnten jedoch außerhalb. Ein bisschen stolz ist Bernreuther schon auf den Filmtrubel im Ort und erhofft sich dadurch Aufmerksamkeit für das Schloss. Die Gemeinde werde immer wieder Fotos auf Instagram und auf ihre eigene Internetseite einstellen.

Die Hälfte aller Drehtage für „The Happy Prince“ finden in Oberfranken statt, teils auch in Kulmbach, Mitwitz und Schmölz. Die Dreharbeiten dauern insgesamt bis Ende November. Der deutsche Kinostart im Verleih von Concorde Film soll im Jahr 2017 sein.

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