Hübner: "Sparkasse wie früher geht nicht"

Von Thorsten Gütling
Die Kooperationen zwischen Sparkasse und VR-Bank scheiterten nicht nur an der Sparkasse, sagt Landrat Hermann Hübner im Interview. Und das Kartellrecht sei oft auch nicht der wahre Hinderungsgrund. Archivfoto: Andreas Harbach Foto: red

Neues Jahr, neues Glück: Sparkasse und VR-Bank sollen künftig stärker zusammenarbeiten. Das fordert Landrat Hermann Hübner (CSU) im Interview mit dem Nordbayerischen Kurier. Rückblickend verteidigt er aber auch die Entscheidung, einige Sparkassenfilialen zu schließen und Geldautomaten abzuziehen.

 
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Das Wirtschaftsministerium sagt, dass die kartellrechtlichen Bedenken bei der Zusammenarbeit von Sparkasse und VR-Bank längst nicht so groß sind, wie von den Vorständen der beiden Geldinstitute behauptet. Wusste man das nicht besser oder wollte man es nicht besser wissen?
Hübner: Die Wahrheit liegt vielleicht in der Mitte. Dass Kooperationen von Sparkasse und VR-Bank nicht mit Vollgas gewollt werden, haben wir auch festgestellt. Wir haben die früheren Chefs der beiden Häuser schon vor Jahren zum Gespräch geladen, um zu diskutieren, wie man besser miteinander und weniger gegeneinander arbeiten könnte. Dass man sich nicht so unterbietet, dass andere Großbanken unseren Mittelstand finanzieren. Da haben wir über das Kartellrecht noch lange nicht diskutiert. Die Geschäftspolitik spielt also schon eine Rolle. In Hummeltal hat sich beispielsweise die VR-Bank, auch für uns überraschend, zurückgezogen, und es war gar keine Kooperation mehr möglich. Das soll jetzt kein Zurückrudern sein, aber wir haben ja noch genügend Standorte. Und dort müssen wir uns überlegen, wo eine Zusammenarbeit künftig sinnvoll und gewollt ist.

Ich weiß nicht, ob man der VR-Bank einen Vorwurf machen kann. Die VR-Bank ist nur ihren Mitgliedern Rechenschaft schuldig. Die Sparkasse dagegen gehört dem Landkreis und den Städten Bayreuth und Pegnitz.
Hübner: Formell hat die VR-Bank einen anderen Auftrag. Aber heute, wo alles Geschäftsunternehmen sind, die schauen müssen ob sie überleben, wird der Überlebenskampf auch unterschätzt. Es ist aber auch nicht nur die Sparkasse, die nicht will.

Kann es sein, dass der Auftrag der Sparkasse, die ländliche Bevölkerung mit Bargeld zu versorgen, einfach nicht mehr wirtschaftlich darstellbar ist?
Hübner: In dem Umfang wie früher geht das sicherlich nicht mehr. Die Frage ist, ob die Flächenversorgung auch dann noch gewährleistet ist, wenn der nächste Automat drei Kilometer weiter ist. Wenn ein Mehlmeisler sagt, nach Fichtelberg fahre ich nie, auch nicht wegen der Sparkasse, dann brauchen wir nicht weiter zu argumentieren. Ohne Bargeldversorgung fühlt sich der Mensch aber auch abgeschnitten. Die Bürgermeister sollten aber auch nicht von vornherein sagen, ein Cash-Terminal im Geschäft ist für sie keine Alternative. Bestimmte Zöpfe werden wir nicht auf Dauer aufrecht erhalten können.

Bargeldbeschaffung und Tresorsicherung können aber doch auch nicht Aufgabe einer Gemeinde sein, oder etwa doch?
Hübner: Es geht doch nur um minimale Abhebungen. Wenn die Bäckerei in Hummeltal das macht, hat sie den Vorteil, dass sie von ihren Tageseinnahmen wieder einen Teil ausgeben kann und nicht selbst unterbringen muss. Das muss in einem gesunden Verhältnis stehen. Es geht natürlich nicht, wenn ich nur 1000 Euro am Tag einnehme und die Kunden 4000 Euro abheben wollen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Bargeldversorgung eine kommunale Aufgabe wird. Wenn Gemeinden 10 000 Euro zahlen sollen, damit sie einen Geldautomaten bekommen, kann das nicht der Weg sein.

Ist das nicht ein Widerspruch? Wenn die Sparkasse ihre Pflichten aufgrund wirtschaftlicher Zwänge nicht mehr erfüllen kann?
Hübner: Das Sparkassengesetz ist aus meiner Sicht nicht ausgehebelt, wenn der nächste Geldautomat jetzt sieben Kilometer entfernt steht. Es steht nirgends, dass in jeder Gemeinde eine Sparkasse sein muss. Irgendwo wird man sicherlich das System verlassen, aber wieweit man die Grenze definiert, ist unklar. Fakt ist: Der Konzentrationsprozess wird weitergehen.

Hat sich der Verwaltungsrat der Sparkasse ausreichend mit den Folgen der Schließungen beschäftigt? War bekannt, dass man in Ahorntal gerade eine neue Ortsmitte plant und dass Klinikum und Hohe Warte auf bargeldlosen Zahlungsverkehr gar nicht vorbereitet waren?
Hübner: Man hat natürlich diese Auswirkungen bedacht. Diese Dinge waren bekannt. Es war klar, dass das Klinikum einen neuen Geldautomatenbetreiber finden wird, wenn es will. Wie groß das mediale Echo ausfallen wird, kann man immer schlecht einschätzen. Wenn man sieht, wie klein dieses Echo war, als die VR-Bank ihre Filialen geschlossen hat...

Aber die VR-Bank muss nur ihren Mitgliedern Rechenschaft ablegen. Man hätte das mediale Echo eingrenzen können, wenn man beispielsweise offengelegt hätte, warum sich der ein oder andere Standort nicht lohnt. Wie viel oder wenig dort abgehoben wurde zum Beispiel.
Hübner: Solche Zahlen sind Betriebsgeheimnis. Wo welches Geschäft gemacht wird gehört zur Geschäftspolitik der Sparkasse. Und wer kann denn mit diesen Informationen letztendlich etwas anfangen?

 

 

Kann man als Verwaltungsrat dem Sparkassenvorstand überhaupt Paroli bieten? Muss man es nicht einfach glauben, wenn er sagt, man könne in diesem Jahr keine Gewinne ausschütten oder sich den ein oder anderen Standort nicht mehr leisten? Können alle Mitglieder einen Geschäftsbericht lesen?
Hübner: Die Vorbildung ist unterschiedlich und mancher wird sich etwas schwerer tun als ein anderer. Aber insgesamt würde ich dem Verwaltungsrat schon als sehr fachkundig einstufen. Da sind ja auch Unternehmer dabei. Und die Voraussetzungen für das Amt werden immer höher geschraubt. Wer keinen Bezug dazu hat, kommt von Periode zu Periode schwieriger in den Verwaltungsrat. Aber, ob es soweit geht, dass man einem professionellen Vorstand Paroli bieten kann, weiß ich nicht. Es werden zumindest schon sehr detaillierte Fragen gestellt.

Würden Sie heute ihre Hand dafür ins Feuer legen, dass die Sparkasse wirklich kein Geld an ihre Eigentümer ausschütten kann und in den vergangenen Jahren auch nicht konnte?
Hübner: Die letzten Jahre konnte und derzeit kann die Sparkasse nicht im Entferntesten daran denken von den Erträgen etwas auszuschütten. Wir bekämen sofort die rote Karte von der Bankenaufsicht gezeigt. Dann können wir wegen der Auflagen einpacken. Wir hören nicht auf selbst ernannte Experten, die die rechtlichen Entwicklungen der letzten zehn Jahre auf dem Markt einfach ignorieren, sondern auf die Prüfer der Bundesbank. Das ist für uns die Instanz, die die Vorgaben macht.

Ist es denn möglich, dass mit den Änderungen im Geschäftsstellennetz in Zukunft Gewinne ausgeschüttet werden können?
Hübner: Nein. Die jetzigen Zahlen bis 2020, da kann sich der Zinsmarkt ändern wie er will, werden keine Ausschüttung ermöglichen.

Reden wir über die Straßenausbaubeitragssatzung: Was raten Sie den Gemeinden? Einmalige oder wiederkehrende Beiträge?
Hübner: Ich werde einen Teufel tun und Ratschläge geben, die möglicherweise wieder als Gängelei ausgelegt werden. Denjenigen, die mich gefragt haben, habe ich, soweit ich ihre örtliche Situation kenne, Hinweise gegeben.

Abschließend: Wir nähern uns der Halbzeit der aktuellen Legislatur. 2020 wählen wir wieder einen Landrat. Werden Sie nochmal zur Wahl stehen.
Hübner: Wir werden uns 2018 mit den Kandidaten für Land- und Bezirkstag beschäftigen müssen. Bis zur Kommunalwahl sind es noch drei Jahre. Aber: Der Job macht mir nach wie vor Spaß. Ich will derzeit eine erneute Kandidatur nicht ausschließen.

Wäre es nicht mal Zeit für eine Frau?
Hübner: Übertreiben Sie mal nicht. Ich saß letztens erst wieder in so einer Runde, in der ich der einzige Mann war, der Alibi-Mann sozusagen. Neben Landtagsabgeordneter, Regierungspräsidentin, Bischöfin, Oberbürgermeisterin. Ich habe mich fast nicht hinsetzen trauen. Die Frauenpower ist schon gut vertreten.

Aber Frau Christa Reinert-Heinz ist doch nicht zufällig seit geraumer Zeit ihre Stellvertreterin.
Hübner: Da entlocken Sie mir jetzt nichts.

Herr Landrat, vielen Dank für das Gespräch.

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