Kritik an Hübner: "Das wurde aufgeblasen"

Von Thorsten Gütling
Rücktrittsforderungen, wie im vergangenen Jahr im Gemeinderat Glashütten laut geworden, könne er nicht ernst nehmen, sagt Landrat Hermann Hübner im Kurier-Interview. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Dass sich Gemeinden im Fichtelgebirge benachteiligt fühlen, nennt Landrat Hermann Hübner nachvollziehbar aber unberechtigt. Im zweiten Teil des Kurier- Interviews spricht er außerdem darüber, wie er mit der im vergangenen Jahr laut gewordenen Kritik an seiner Person umgeht.

 
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Herr Hübner, am 14. Dezember gab es eine Ausgabe des Nordbayerischen Kurier, in dem der Landrat von drei Seiten angegangen wurde. Das Verwaltungsgericht hatte bestätigt, dass der Kreis seine Geschäftsordnung falsch liest, in München wurde erklärt, dass man den Landrat mehrfach ohne Erfolg darauf hingewiesen habe, dass der Landkreis einen Archivpfleger brauche und in Glashütten forderte der Gemeinderat den Rücktritt des Landrats wegen der Straßenausbaubeitragssatzung. Lässt Sie so etwas kalt?
Hübner: Ihr werdet euch schon etwas gedacht haben dabei.

Was das Verwaltungsgericht wann entscheidet, was man in München fordert und was der Gemeinderat Glashütten sagt, können wir nicht beeinflussen.
Hübner: Eine Aufwertung erfahren solche Aussagen aus dem Gemeinderat doch erst, wenn sie von der Zeitung gedruckt werden.

Dass Gemeinderäte den Rücktritt des Landrats fordern, hört man selten. Und wenn, dann ist es doch eine Nachricht wert.
Hübner: Ich kann das doch nicht ernst nehmen. Die Sache mit der Archivpflege wurde über Gebühr aufgeblasen. Bei der Sache mit dem Verwaltungsgericht warten wir mal die Urteilsbegründung ab. Die Kammer hat festgestellt, dass die Abstimmungsreihenfolge fehlerhaft war. Ich schelte kein Gericht, aber diese Leute waren noch in keiner Sitzung. Wenn ich einen berechtigten Kern an Kritik sehe, beschäftigt mich das schon.

Es wäre eine Lappalie, wenn es nicht dazu geführt hätte, dass ein Antrag der Freien Wähler nie behandelt wurde.
Hübner: Wenn das Gremium stattdessen einen anderen Antrag annimmt, dann ist die Sache erledigt. Das ist seit Jahrhunderten so in der Demokratie.

Sie hätten sich selbst einen großen Gefallen getan, wenn sie den Antrag zur Abstimmung gestellt hätten und er durchgefallen wäre. Über den Umweg Verwaltungsgericht hat es die Geschichte eben noch einmal in die Zeitung geschafft. Und in Verbindung mit dem Mistelgautarif, oder nicht öffentlichen Sitzungen, in denen Unternehmer Eckhard Hentes zuhören durfte, machen Sie sich das Leben doch unnötig schwer. In einigen Gemeinden hört man seitdem, der Landkreis solle erst einmal vor der eigenen Türe kehren, bevor er anderen auf die Füße steigt.
Hübner: Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Diese Verbindungen haben Sie hergestellt.

Weil ich sie sehe. Mich erstaunt, dass Sie sich durch solche Dinge angreifbar machen.
Hübner: Vielleicht sind Sie da etwas blauäugig. Wir haben nie gesagt, dass wir fehlerfrei sind. Dass Herr Hentes im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung, wenn auch nur kurz, anwesend war, war formell nicht in Ordnung. Aber wenn ich die Verbandsräte darauf Hinweise, dass wir den Mistelgautarif einmal überprüfen lassen wollen, weil er wahrscheinlich rechtlich problematisch ist, dann ist das doch kein Thema, das für die Öffentlichkeit bestimmt ist.

Da sind wir wohl unterschiedlicher Meinung.
Hübner: Wahrscheinlich.

Aber wenn man so mit Transparenz wirbt, wie Sie es tun, diese Sache dann aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandeln, dann drängt sich doch der Verdacht auf, dass der Rest des Landkreises nicht erfahren soll, dass die Bürger einer Gemeinde günstiger in die Therme kommen. Auch wenn es dafür eine Erklärung gibt.
Hübner: Zu diesem Zeitpunkt war doch überhaupt keine Klarheit da, was aus der Sache wird. Ich lege Wert darauf, dass wir es geschafft haben, dass im Landkreis weniger unter Ausschluss der Öffentlichkeit beraten wird. Manche halten nach wie vor nicht-öffentliche Sitzungen, auch wenn es nicht zulässig ist. Teilweise wird sogar der Haushalt in nicht-öffentlichen Sitzungen vorberaten. Das zu ahnden ist schwierig. Ich kann das allenfalls beanstanden. Ich kann kein Bußgeld verhängen.

 

 

Anderes Thema: Einige Gemeinden im Fichtelgebirge blicken argwöhnisch nach Bischofsgrün, weil dieser Ort vieles hat und vieles bekommt und der Rest oft leer ausgeht. Ist der Eindruck richtig?
Hübner: Er ist zumindest nachvollziehbar, richtig ist er nicht. Ich höre das auch immer wieder, vor allem aus Warmensteinach, Fichtelberg und Mehlmeisel. Diese Dinge werden nicht im Landkreis, sondern im Zweckverband diskutiert. Und der konnte die großen Entscheidungen wie Beschneiung oder Lift immer nur einstimmig treffen. Bischofsgrün hat eben einige Standortvorteile, die muss man sehen. Der Hang ist dort viel steiler. Es war damals ein mutiger Schritt, zwei Seilbahnen, von Warmensteinach und von Bischofsgrün, auf den Ochsenkopf zu bauen. Das ist heute noch der Grund, warum diese Seilbahnen erhebliche Defizite erwirtschaften, also 500.000 bis 600.000 im Jahr. Die in Bischofsgrün zu erneuern wird jetzt eben diskutiert, weil diese älter ist. Dazu kommt, dass die Nordseite eher alpin ist und anders als die Südseite eben nicht durch Landschafts-, Naturschutz- und Wasserschutzbereiche geht. Wir haben zweimal versucht, die Südseite zu stärken. Einmal mit dem Alpine Coaster, da hat uns der Hersteller gesagt, dass das zu flach ist und nicht attraktiv würde. Und dann noch die Entscheidung BLSV-Sportcamp. Ich habe mich damals mehr als stark gemacht für Fichtelberg. Aber die Entscheidung für Bischofsgrün hat der BLSV getroffen.

Wie lange macht es eigentlich noch Sinn, in den Wintersport im Fichtelgebirge zu investieren?
Hübner: Es wird nicht kurzfristig der Schalter umgelegt. Das ist auch nicht notwendig. Wir haben in diesem Winter schon 31 Skifahrtage am Ochsenkopf. Durch die Beschneiungsanlagen, die wir vor über zehn Jahren gebaut haben, haben wir die Skifahrtage von 65 auf 91 jährlich erhöht. Und wir verschließen die Augen nicht vor dem Klimawandel. Als Vorsitzender der Tourismuszentrale kann ich Ihnen aber sagen, dass sich die Gäste längst umgestellt haben. Die Gäste sind nicht mehr aufs Skifahren angewiesen. Sie wollen Winterwandern, Schneeschuhwandern, Kulinarik, und Baden in Weißenstadt. Der Wintersport steht nicht mehr im Mittelpunkt. Wir haben 350.000 Übernachtungen je Winter im gesamten Fichtelgebirge und jeder Gast lässt pro Übernachtung 120 Euro Umsatz da. Mountainbiken kann man auch im Winter. Aber ein paar Dinge für Sauwetter fehlen uns schon noch. Wenn wir über neuen Gondeln reden, dann müssen wir schauen, dass die für eine Ganzjahresnutzung sinnvoll ist. Und wenn wir zehn Mal im Jahr einen Stau an den Liften haben, dann muss man das vielleicht in Kauf nehmen.

Hat der Landrat im Kreistag alleine schon deswegen von der SPD-Fraktion und ihrem Sprecher Stefan Unglaub, dem Bürgermeister von Bischofsgrün, nichts zu befürchten, weil Bischofsgrün andernfalls auch leer ausgeht?
Hübner: Ich hab da eine ganz andere Wahrnehmung. Ich sehe Stefan Unglaub als einen kritischen Kreisrat. Es ist nicht so, dass er bei mir unkritisch die Hand hebt.

Die Position, die die SPD im Landtag einnimmt, ist aber schon eine andere.
Hübner: Ja, dort ist sie eine Opposition, bei uns nicht. Wir sind kein Parlament. Nochmal: Die Beschlüsse fasst der Zweckverband mit den Stimmen von Fichtelberg und Warmensteinach. Letztere müssen zustimmen, wenn wir eine neue Gondelbahn auf der Nordseite wollen. Was sie sich dann als Gegenleistung vorstellen, werden wir sehen. Und Fichtelberg hat mit der Bleaml-Alm ein tolles Zentrum, das wir im Zweckverband zum Langlauf- und Biathlonzentrum machen wollen.

Werden Sie Ihre Ideen zur künftigen Nutzung der Höhenklinik einbringen?
Hübner: Es ist noch Zeit hin. Wir haben noch Chancen einen Schalter umzulegen. Denn das Haus ist ja nicht renovierungsbedürftig. Es wäre anders, wenn es vor die Hunde gehen würde. Das Haus hat einen guten Ruf. Klar, jede Rehaklinik kostet den Träger Geld, nachvollziehbar, dass sie Plätze einsparen wollen. Bayreuth ist definitiv. Da muss was getan werden, aber dass man dafür Bischofsgrün ganz zumacht, das akzeptieren wir nicht. Wir haben eine Resolution auf den Weg gebracht. Unsere Hebel ist weniger die Rentenversicherungsvorstandschaft, sondern die bayerische Landespolitik. Da werden wir 2017 im Wahlkampf wieder einige nach Bischofsgrün führen. Jetzt eine Diskussion über Nachfolgenutzung zu führen, macht keinen Sinn. Es wird keinen anderen Träger geben. Das in Bischofsgrün ist ja ein riesen Ding.

Info: Im dritten Teil des Interviews geht es um die Zusammenarbeit des Landkreises mit der Stadt Bayreuth, um Gemeinden und ihre Probleme bei der Sanierung der Kanäle und um die Möglichkeit, im Fichtelgebirge ein Atommüllendlager zu errichten.

Den ersten Teil des Interviews lesen Sie hier.

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