Zusammenleben geht durch den Magen: Soziale Stadt will Viertel essend zusammenbringen Hammerstatt bekommt Mittagstisch

Von Katharina Wojczenko

Junge und Alte essen und trinken zusammen für kleines Geld, kommen miteinander ins Gespräch. Das soll in der Hammerstatt wieder möglich werden. Im Quartierstreff Hammerstätter Hof will die Soziale Stadt einen Mittagstisch anbieten - im besten Fall schon im Herbst. Sie bekommt dafür Unterstützung von einem bundesweiten Förderprojekt.

 
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"Essen und Trinken hält Leib, Seele und Quartier zusammen", sagt Ulrike Färber. Die Architektin ist als Quartiersmanagerin für das Städtebauförderprogramm Soziale Stadt Hammerstatt zuständig. Am Mittagstisch sollen sich Bewohner, Berufstätige, Rentner, Junge und Alte kennenlernen, reden und womöglich für ihr Viertel aktiv werden. Das hatten sich auch die Bürger gewünscht, die im Februar zur Einweihung des neuen Quartierstreffs Hammerstätter Hof gekommen waren.

Die Idee dahinter geht noch weiter. Auf den Tisch soll Regionales kommen, zum Beispiel Gemüse aus dem Garten der Essbaren Stadt. Ältere Stadtteilbewohner können Jüngeren vom Leben früher in der Hammerstatt erzählen. Zugezogene kommen mit Ur-Hammerstättern ins Gespräch, kosten gegenseitig ihre Spezialitäten. "In der Hammerstatt wohnen viele alte Menschen, die einsam sind", sagt Färber. Und es gibt Betriebe, in denen hungrige Mitarbeiter sind. Gleichzeitig soll der Mittagstisch Jugendliche und gerade Flüchtlinge eine Chance bieten, beim Kochen und im Service erste berufliche Erfahrungen sammeln.

2011 gab es schon einmal einen Mittagstisch

Etwas Ähnliches hat es in der Hammerstatt vor fünf Jahren schon einmal gegeben. Das Bistro Hammerstätter Generationentreff befand sich dort, wo heute ein Fahrradladen ist. Es war ein Projekt des Beruflichen Fortbildungszentrums der bayerischen Wirtschaft (bfz). Für die Gäste gab es günstigen Kaffee, Kuchen und Mittagstisch, die Jugendlichen verbesserten ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Doch gerade als die ersten Stammkunden kamen, gab es Streit und Ärger mit Ehrenamtlichen und Mietschulden. Kaum ein halbes Jahr nach der Eröffnung war der Treff wieder zu.

"Das war, bevor 2012 die Hammerstatt ins Städtebauförderungsprojekt Soziale Stadt kam", sagt bfz-Leiter Ronald Schröppel. "Wir haben das nur mit ehrenamtlichen Mitarbeitern umgesetzt, es fehlte letztendlich am Geld." Arbeitsagentur, Jobcenter und Europäischer Sozialfonds sprangen nicht auf. Die damaligen Projektleiterin Claudia Neubauer hat Ulrike Färber für den Neuanlauf wieder ins Boot geholt. Sie war am Montag nicht zu erreichen.

Kein Geld, aber Rat und Tat

Für den Mittagstisch bekommt die Soziale Stadt nun Hilfe. Als eine von neun Kommunen in Deutschland und einzige in Bayern ist sie im April ins Projekt "Kooperation zwischen Kommunen und Privaten in der Sozialen Stadt" gekommen. "Geld gibt es nicht, aber Beratung und Begleitung", sagt Ulrike Färber. Damit die Hammerstätter lernen, wie sie zum Beispiel örtliche Unternehmen und Stiftungen dazu bringen, mitzuhelfen.

Bisher besteht die Ausstattung im Hammerstätter Hof aus einer Kaffeemaschine und Tassen. Im Gastraum haben Helfer erste Stühle der alten Sitzgarnituren neu bezogen, ein neuer Boden wurde im Nebenraum verlegt. Tische und Stühle für den Gastgarten stehen bereit. Was fehlt: Alles andere, vor allem eine eine professionelle Küche.

"Geballte Power" und Teamfindung

"Wir brauchen jetzt geballte Power, wir wissen gar nicht, wie wir das Weitere sortiert kriegen", sagt Färber. Wie man die Ehrenamtlichen organisiert, weitere findet, die Abläufe hinter den Kulissen einrichtet und den Mittagstisch etabliert. Langfristige Partner findet, die mit Wissen und Einsatz helfen. Nicht unbedingt mit Geld. "Unser Team ist gerade dabei, sich zu finden", sagt Färber. Und da sollen die Profis vom Netzwerk „Unternehmen: Partner der Jugend“ (UPJ) helfen.

Von der Hammerstatt sollen andere lernen

Warum die Wahl auf die Hammerstatt fiel? "Von der Hammerstatt mit dem Hammerstätter Hof als Quartierstreff können andere lernen", sagt Berater André Koch-Engelmann von UPJ. "Es gibt viele desolate Nachbarschaften, in denen ein Nukleus fehlt, ein Ort für Begegnung und Engagement." Was den Entscheidern an der Bayreuther Idee gefallen habe: "Sie ist nicht komplex." Der Kern ist der Mittagstisch in der ehemaligen Traditionsgaststätte. "Wenn das in Bayreuth klappt, klappt das auch in anderen Städten", ist Koch-Engelmann überzeugt.

Info:Die Soziale Stadt ist jetzt bei Facebook.

Hintergrund: So funktioniert das Förderprojekt

Hinter dem Förderprojekt „Kooperationen zwischen Kommunen und Privaten in der Sozialen Stadt“ steckt das Bundesbauministerium. Bewerben konnten sich Kommunen, die im Städtebauförderprogramm "Soziale Stadt" sind oder waren. Es soll Kommunen mit Unternehmen und Stiftungen zusammenbringen, die sich bei der Quartiersentwicklung engagieren wollen. Davon sollen andere Städte und Gemeinden künftig lernen, wie das geht.

Dabei geht es ausdrücklich nicht darum, Geldgeber an Land zu ziehen, sondern gemeinsam etwas für das Viertel zu unternehmen. Die Berater von UPJ, einem Netzwerk von Unternehmen und gemeinnützigen Mittlerorganisationen, übernehmen die Umsetzung des Projekts. Sie unterstützen die teilnehmenden Kommunen ein Jahr lang.

Eine erste Telefonkonferenz mit allen teilnehmenden Kommunen, Mitarbeitern des Bundesbauministeriums und den Beratern vom Unternehmensnetzwerk UPJ fand vergangene Woche statt. Vier Mal kommen die Berater nach Bayreuth. Es gibt außerdem eine Plattform im Internet für Austausch und Rat. Die Teilnehmer tauschen sich bei zwei Erfahrungswerkstätten aus. Die erste findet im Mai in Köln statt. Außer Bayreuth machen noch Prenzlau, Darmstadt, Köln, Brandenburg an der Havel, Gelsenkirchen, Duisburg, Dresden und Berlin-Neukölln mit.

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