Demnächst mehr freies WLAN?

Von Kerstin Fritzsche
Die sogenannte Störerhaftung fällt. Am Donnerstag gab es dazu sogar eine Entscheidung auf europäischer Ebene. Private Anbieter von freiem Wlan haben dadurch mehr Rechtssicherheit. Aber ändert das auch das Verhalten von Geschäftstreibenden? Bei Angriffen haben nach wie vor viele Angst, dass ihre Sicherungsmaßnahmen nicht ausreichen. Archivfoto: Julian Stratenschulte/dpa Foto: red

Jahrelanger Streit beendet, endlich folgt Rechtssicherheit: Die sogenannte Störerhaftung für private Betreiber von freiem WLAN ist ungerecht und muss in Deutschland fallen, entschied am Donnerstag der Europäische Gerichtshof. Aber gibt es deswegen jetzt plötzlich überall offenes WLAN in Bayreuth? Eine Umfrage unter Geschäftsleuten ergab einen sehr unterschiedlichen Umgang mit der aktuellen Situation. Denn die Angst vor Missbrauch und dann Abmahnungen ist bei Betreibern von Cafés, Hotels und Gaststätten immer noch hoch.

 
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Sehr lang herrschte Stillstand. Zwar gab es einen entsprechenden Gesetzesentwurf mit einer Änderung von der Bundesregierung bereits seit 2015. Um ihn wurde aber sehr lange gerungen; eine zweite und dritte Lesung im Bundestag wurde wieder und wieder verschoben. Im Mai einigten sich CDU, SPD und CSU dann auf einen Gesetzesentwurf: Die sogenannte Störerhaftung wird abgeschafft.

Eine Rolle spielte auch die Klage eines bayerischen Mitglieds der Piratenpartei, die ein Gutachten des Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof zur Folge hatte. Der EuGH kam zu dem Ergebnis: Das bestehende Gesetz ist unzulässig. Geschäfte, Bars oder Hotels mit ungesichertem WLAN-Netz sollen nicht für Urheberrechtsverletzungen Dritter haften müssen.

Was war eigentlich das Problem?

Was war aber überhaupt das Problem mit privaten Anbietern von freiem WLAN? Viele potenzielle Anbieter von WLAN-Hotspots, etwa Cafés, Vereine oder Privatpersonen, hatten Angst, wegen der Störerhaftung belangt zu werden. In Deutschland war trotz langer Diskussion die Haftung für Gesetzesverstöße in einem öffentlich zugänglichen WLAN-Netz bislang nicht klar geregelt. Im Telemediengesetz ist zwar festgelegt, dass Internetprovider wie die Telekom nicht dafür geradestehen müssen, wenn ihre Kunden im Netz illegale Dinge tun. Für Privatleute griff diese Regelung bisher jedoch nicht.

Viele Experten und auch der Handelsverband Deutschland waren sogar der Meinung, der neue Entwurf mache die Sache gar noch schlimmer, verhindere gerade bei mittelständischen Unternehmen Wettbewerb und Kundenbindung. Am Donnerstag entschied dann auch der Europäische Gerichtshof: Die bisherige deutsche Regelung geht so nicht. Allerdings solle der private Anbieter sein Netzwerk mit einem Passwort schützen.

Und jetzt?

Gibt es jetzt viel mehr freies WLAN in Bayreuth? Eine nicht-repräsentative Umfrage in Bayreuther Gaststätten, Hotels und Cafés ergab, dass die meisten nichts ändern. Wer vorher schon WLAN hatte, der schützte es bereits mit einem Passwort und hatte sich auch Gedanken über die Sicherheit des kompletten Netzwerks gemacht. Etwa Reinhold Dumproff vom Hotel "Goldener Hirsch" in der Bahnhofstraße. "Frei werden wir unser WLAN nicht machen, es soll ja ein Service für unsere Gäste sein. Aber klar hat man auch Angst vor Angriffen und dass man dann belangt werden kann. Allerdings finde ich die ganze Diskussion sehr deutsch und behördenlastig. Noch vor drei Jahren musste man sich richtig in das Thema reinarbeiten und ein halber Techniker sein, wenn man das ordentlich machen wollte. Das ist aber servicefeindlich. Und absolute Sicherheit hat man nie." Jetzt sähe er das alles sehr gelassen.

Abmahnung nach illegalem Download

Gelassen war auch Stéphanie Blandin vom "Miam Miam Glou Glou". Bis ihr im Frühjahr eine Rechnung von Sony ins Haus flatterte, weil einer ihrer Gäste in nur zwei Sekunden einen Film heruntergeladen haben soll. Trotz Sicherung. Das muss dieselbe Welle von Sony-Klagen gewesen sein, die auch den Piraten erwischte, der dann geklagt hatte. "Wir haben das sofort mit einem Anwalt abgewehrt", erzählt sie. Und bis jetzt nichts mehr gehört. Erschüttert hat der Vorfall Blandin aber schon. Im Nachhinein haben sie und ihr Partner Cédrik Ray ihr WLAN-Netz noch weiter gesichert. "Das ist schon sehr ärgerlich alles, wenn man doch eigentlich etwas für die Kunden tun möchte", sagt Blandin. Sie ist froh, wenn es jetzt Rechtssicherheit gibt.

Aus Installation und Sicherung wird ein Geschäft gemacht

Auf die hat auch Arnika Mühmel gewartet. Sie hat im April die "Brühbar" in der Sophienstraße eröffnet und bisher kein Internet für ihre Kundschaft angeboten. Was gerade bei einer Kaffeebar "echt blöd ist", wie sie sagt, "da erwarten das ja alle". Die bisherige Rechtslage war ihr aber zu unsicher, um WLAN anzubieten, ob jetzt frei oder passwort-gesichert. Hinzu kommt: Diese missliche Lage von Gewerbetreibenden weckt Begehrlichkeiten, das wiederum zum eigenen Geschäft zu machen. Es gibt eine Reihe von Firmen, die Installation, Sicherung und regelmäßige Wartung eines Netzwerkes anbieten. "Aber da zahlt man Minimum noch mal 30 Euro im Monat und wusste bis jetzt nicht, ob das überhaupt langt an Sicherungsmaßnahmen", sagt Mühmel. Jetzt werde sie sich aber schnell für eine Lösung entscheiden. "Man muss Internet haben mit einem Café. Das geht gar nicht anders."

Auch der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga begrüßt die gerichtliche Entscheidung und die Einigung der Bundesregierung, weil die Störerhaftung im Gastgewerbe in der Vergangenheit immer wieder zu Problemen geführt habe, so der Dehoga-Bezirksgeschäftsführer für Oberfranken, Günther Elfert. Eine ganze Abmahn-Industrie habe sich da gebildet, einige Mitglieder hätten Beratungsbedarf gehabt. Zwar gab es immer Gerichtsentscheidungen zugunsten der Hotel-Betreiber. Aber überhaupt vor Gericht gehen zu müssen, ist freilich ärgerlich und kostet Nerven. Und die Energie würde jeder lieber in den Service für seine Gäste stecken.

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