Nicht alle wollen Söders BayernWLAN

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Eine Studentin sitzt mit dem Latop auf einer Wiese auf dem Campus: Online sein kann man in Städten an allerlei Orten. Denn an vielen Stellen gibt es schnurlose Verbindungen ins Internet. Nur auf dem Land sind es noch zu wenige. Der Freistaat will das ändern, aber die Kommunen ziehen noch nicht mit. Foto: Michael Hanschke/dpa Foto: red

Überall bequem surfen: Das soll in Bayern bis 2020 in der Stadt wie auf dem Land kein Problem sein. Mindestens 10.000 Hotspots versprach Finanzminister Markus Söder (CSU). Doch sein Programm BayernWLAN wird bisher nur zögerlich in den Kommunen angenommen. Trebgast kümmerte sich längst selbst um eine Lösung.

 
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Im November versprach Söder, er werde Bayern damit zum "WLAN-Land Nummer eins in Deutschland" machen. Denn jede Kommune erhalte somit kostenlos Zugang zum Internet. Freies WLAN sei ein Standortvorteil im ländlichen Raum. Die "digitale Chancengleichheit" sei notwendig, um gleichwertige Lebensbedingungen in Bayern zu garantieren. Das Ziel: Ein enges Netz an 5.000 Standorten in ganz Bayern mit über 10.000 Zugangspunkten. 

120 Pilotstandorte in Bayern

Wie ein Ministeriumssprecher auf Nachfrage mitteilte, sind bayernweit bereits 120 Pilotstandorte mit Hotspots in Betrieb. Dabei handelt es sich zumeist um staatliche Behörden, denn die sollen, wie bereits berichtet, zuerst das BayernWLAN erhalten. Erste Kommunen wie Freyung, Hersbruck, Straubing, Vilshofen und Weiden erprobten die WLAN-Hotspots. Den Aufbau des BayernWLAN übernimmt eine zentrale Stelle in Straubing. Die Kommune gestattet die Einrichtung der Zugangspunkte und trägt die Betriebskosten. Der Freistaat übernimmt die Kosten für die Ersteinrichtung.

Wie hoch sind die laufenden Kosten?

Doch die Städte und Gemeinden, zum Beispiel im Landkreis Kulmbach, zögern noch. "Ich werde zwar oft auf die Sache angesprochen", sagt Breitband-Manager Detlef Arnold. "Aber viele wollen erst einmal noch abwarten wegen der laufenden Kosten." Arnolds Dienstsitz im Kulmbacher Finanz- und Vermessungsamt in der Georg-Hagen-Straße verfügt bereits über die BayernWLAN-Hotspots. In Bayreuth findet man einen vor dem Neuen Schloss. Der Staat stellt die Infrastruktur bereit - erlaubt allerdings das Surfen nur mittels eines gefilterten Systems. "Man kann zwar unbegrenzt surfen, aber das Aufrufen von Seiten mit illegalen Inhalten wird verweigert." Wer das öffentliche Netz nutze, müsse vorher einer Datenschutzerklärung zustimmen, informierte Arnold. Er habe jedoch die Erfahrung gemacht, dass sogar teils Werbeanzeigen blockiert werden.

Trebgast handelte auf eigene Kosten

Wo ein lokaler Hotspot eingerichtet werde, darüber entscheiden Bürgermeister und Räte selbst. Für manche Kommune kommt das Söder-Programm mittlerweile zu spät. So hat sich etwa der Trebgaster Gemeinderat am Montagabend gegen eine Teilnahme ausgesprochen. Obwohl der Freistaat pro Hotspot 2.500 Euro Zuschuss gewährt. "Wir sind grundsätzlich schon für WLAN, und Investitionen in die Infrastruktur sind uns wichtig", sagt Bürgermeister Werner Diersch (SPD). "Deshalb haben wir am Eingang zum Badesee längst auf eigene Kosten einen Telekom-Hotspot eingerichtet."

Als weitere Standorte wären der Bahnhof, das Rathaus und der Marktplatz infrage gekommen. Am Marktplatz bietet bereits der Gasthof Friedrich für seine Gäste freies WLAN an. Und die Zukunft der Bahnhofstraße und des Bahnhofsgebäudes hingegen vom Ausgang des laufenden Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzepts ab.

Für BayernWLAN fallen monatlich Gebühren an

Hauptargument gegen weitere Hotspots waren für die Trebgaster die monatlichen Gebühren. Die könnten zwischen 30 und 100 Euro betragen, so Diersch. "Da muss sich das dann schon wirklich rentieren und einen Nutzen bringen. Nur weil es gerade ein Förderprogramm gibt, müssen wir nicht mitmachen." Denn schließlich handele sich dabei um Steuergelder. Völlig ausschließen wolle er es nicht, dass in Zukunft doch noch weitere Standorte für Hotspots gefunden werden.

Die meisten Kommunen scheinen es mit dem BayernWLAN nicht besonders eilig zu haben, stellt der Landkreis-Breitbandmanager Arnold fest. In Kulmbach gibt es noch sehr wenige offene Hotspots wie im Einkaufscenter Fritz und bei McDonald's - und diese sind privat von den Firmen oder in Kooperation mit einer Telekommunikationsfirma betrieben. Im Freibad, in der Stadtbücherei und in der Stadthalle sind öffentliche Hotspots in Kooperation mit der Stadt vorhanden. Ebenfalls in Kooperation mit der Stadt kann man über Kabel Deutschland am Marktplatz, am Zentralparkplatz und am Schießgraben für jeweils 30 Minuten frei surfen.Kulmbach ist seit September 2013 dabei, um damit dieCity-App der Stadt besser zu vermarkten.

Bei der aktuellen Entwicklung ergibt eine Abfrage über Kabel Deutschland 13 Einwahlpunkte von Netzbetreiber Vodafone in Kulmbach. Vodafone erhielt Arnold zufolge den Zuschlag für den BayernWLAN-Rahmenvertrag. Ab 1. Juli soll's bayernweit losgehen.

Problem: Geringe Reichweite

"Trotzdem wird es noch lange dauern, eine Flächendeckung herzustellen", meint der Fachmann. "Denn das Problem ist die geringe Reichweite: Nach 300 Metern ist meistens Schluss." Beim kabellosen Internetzugang sei in den nächsten drei, vier Jahren "noch viel Bewegung drin". Neben finanzieller Hilfe müsse es vor allem Erleichterung im Telemediengesetz geben. Wie vielen anderen geht auch Söder der aktuelle Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht weit genug. Weil noch nicht alle WLAN-Anbieter und Datennetzbetreiber bei der Haftung gleichgestellt sind (ab sofort offensichtlich nicht mehr, die Störerhaftung soll fallen).

Hintergrund: Störerhaftung

(kfe). Viele potenzielle Anbieter von WLAN-Hotspots, etwa Cafés, Vereine oder auch Privatpersonen, haben Angst, wegen der sogenannten Störerhaftung belangt zu werden. In Deutschland ist trotz langer Diskussion die Haftung für Gesetzesverstöße in einem öffentlich zugänglichen WLAN-Netz bislang nicht klar geregelt. Im Telemediengesetz ist zwar festgelegt, dass Internetprovider wie die Telekom nicht dafür geradestehen müssen, wenn ihre Kunden im Netz illegale Dinge tun. Für Privatleute greift diese Regelung jedoch nicht.

Einen Gesetzesentwurf mit einer entsprechenden Änderung hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht. Um ihn wird aber immer noch gerungen; eine zweite und dritte Lesung im Bundestag wurde wieder und wieder verschoben. Viele Experten und auch der Handelsverband Deutschland sind der Meinung, der Entwurf mache die Sache sogar noch schlimmer, verhindere gerade bei mittelständischen Unternehmen Wettbewerb und Kundenbindung.

Der Arbeitskreis Urheberrecht im Bundestag äußerte: "Der Vorschlag zur Neufassung des Paragrafen acht des Telemediengesetzes führt unbestimmte Rechtsbegriffe ein, schafft daher nicht die angestrebte Rechtssicherheit und wird im Ergebnis nicht zu mehr, sondern zu weniger offenen WLAN-Angeboten führen."

UPDATE 11.05.2016, 10.15 Uhr: Wir schreiben darüber, und just fällt die Störerhaftung, wie Spiegel Online berichtet. Nach einem zähen Streit haben sich Union und SPD am Mittwoch auf ein neues WLAN-Gesetz geeinigt: Die allseits ungeliebte Störerhaftung fällt nach Spiegel-Online-Informationen weg - der Weg für offene Hotspots ist damit frei, ohne dass die Betreiber Angst vor rechtlichen Konsequenzen haben müssen.

 

Hier sind überall Hotspots in Bayreuth:

 

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