Wirtschaftselite tagt in Bayreuth

Von Norbert Heimbeck
Der neunte Bayreuther Ökonomiekongress ist eröffnet. BWL-Professor Klaus Schäfer (rechts im BIld) fragte in seiner Eröffnungsrede "Gestalten wir den Wandel oder sind wir Getriebene der Digitalisierung?". Foto: Andreas Harbach Foto: red

Die Uni Bayreuth ruft – und alle kommen: Kurz nach 9 Uhr am Donnerstag sind alle Plätze im Audimax besetzt, sogar auf den Treppen stehen Zuhörer in engen Reihen. Der neunte Ökonomiekongress hat begonnen. Zur Eröffnung verrät Pater Anselm Grün 1500 Jahre alte Regeln aus dem Kloster als Leitlinie für die Manager von morgen.

 
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Den mit Spannung erwarteten Eröffnungsvortrag hält Pater Anselm Grün. Der Mann mit dem grauen Bart steht in seiner schwarzen Kutte vor über 800 Zuhörern, die wahlweise dunklen Anzug oder Businesskostüm tragen. In schlichten Worten spricht er über das Thema „Menschen führen – Leben wecken“. Eine Stunde lang redet der promovierte Mönch, der Theologie und Betriebswirtschaft studiert hat, den Führungskräften der deutschen Wirtschaft ins Gewissen.

Seine Botschaft: „Technisch haben sie es drauf, aber menschlich strahlen sie nichts aus.“ Die 1500 Jahre alte Lehre des heiligen Benedikt könnte modernen Managern Lebenshilfe leisten, sagt Grün. Eine Führungskraft solle weise sein und unaufgeregt. Soll heißen: Sie müsse sich selbst mögen und solle Veränderung nicht um ihrer selbst anstreben: „Manche Führungskräfte arbeiten nach der Methode Staub aufwirbeln.“ Stattdessen sollten Führungskräfte ihren Mitarbeitern den Rücken stärken.

Narzisstische Spiele

40 Prozent der Energie in den Unternehmen würden durch „narzisstische und unreife Spiele“ der Führenden vergeudet, sagt Grün, der über 30 Jahre lang wirtschaftlicher Leiter des Klosters Münsterschwarzach war. Gute Mitarbeiter würden entwertet, aus Angst, sie könnten besser sein als der Chef. Führung sei für ihn, Grün, eine weltliche Form der Seelsorge: „Was wir täglich acht Stunden lang tun, ist nicht nur Geld verdienen, sondern eine Kultur zu schaffen.“ Lang anhaltender Applaus für den 72 Jahre alten Referenten.

Thema Digitalisierung

Betriebswirtschaftsprofessor Klaus Schäfer hatte den Kongress eröffnet mit der Bemerkung, er strahle weit in die Republik hinaus. Ein Blick auf die Autokennzeichen zeigt Teilnehmer von HH bis M. Vor neun Jahren, sagt Schäfer, habe der Kongress unter dem Schock der Bankenkrise gestanden: „Es scheint, als hätten wir daraus gelernt.“ Heute wachse die Wirtschaft, der Aufschwung halte an. Man habe den Referenten kein Thema vorgegeben, Digitalisierung habe sich als Schwerpunkt herauskristallisiert: „Die Frage ist, gestalten wir den Wandel oder sind wir Getriebene der Digitalisierung?“ Uni-Präsident Stefan Leible fragte: „Wie viel Wahrheit steckt in 140 Zeichen?“ Er wünschte sich ein Kommunikationsklima, in dem sich jeder „seines Verstandes bedient“ und Nachrichten kritisch hinterfragt. Bayreuths zweiter Bürgermeister Thomas Ebersberger warnte in seinem Grußwort vor „Blendern und Saboteuren“, die den digitalen Wandel für sich nutzen wollten.

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