Wagner-Prozess: Entscheidung vertagt

Von Michael Weiser
Der Zankapfel: Das Festspielhaus. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Haben die Wagners bei den Festspielen als Familie noch etwas zu sagen? Und wenn ja, wie viel? Der Versuch, zwischen den klagenden Wieland-Erben einerseits sowie Stiftung und Festspiele-GmbH andererseits eine gütliche Einigung herbeizuführen, scheiterte am Landgericht. Am 17. November dürfte die Entscheidung fallen. Dann äußert sich das Landgericht Bayreuth voraussichtlich mit einem Urteil.  

 
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Nike Wagner stand vor dem jugendstil-verzierten Eingang des Sitzungssaals und warf ihre Hände in die Höhe. "Wir wollen doch nur, dass die Siftung geachtet wird", sagte sie an der Seite ihrer Schwester Daphner. Dass die Stiftung und damit die Stifter, die Familie, geachtet werden: Das ist der Kern all des Hin und Hers, des Austauschs von Schriftstücken, der Verhandlung, zu der nicht weniger als fünf Anwälte ans Landgericht Bayreuth anreisen. Nach Ansicht der Wieland-Erben sind die Rechte der Stifter missachtet.

Weil diese Stifter nur ein Pfund haben, mit dem sie wuchern können. Und weil dieses Pfund sozusagen in einem Schließfach ruht, seit zweieinhalb Jahren. Ohne dass den Stiftern nach ihrer Ansicht nach jemand einen eigenen Schlüssel ausgehändigt hätte. Es geht um das Festspielhaus. Einst hat es die Familie der Stiftung übergeben, auf dass die Stiftung das Haus an den Betreiber der Festspiele vermietet.

Damit aber hat die Stiftung das Recht zu bestimmen, wer hineindarf, und den auszuschließen, der wider die Stiftungssatzung handelt. So war es zumindest mal. Bis ein Mietvertrag die Karten neu mischte. Und eine Klage des Wieland-Stamms nach sich zog.

Gysi im Stau

Zu spät kam zum Gerichtstermin Starwalt Gregor Gysi, der die Wieland-Erben vertritt. Nicht, weil er sich in Bayreuth nicht auskennte. Immerhin war er schon mal da gewesen, vor den Gremien der Stiftung hatte er seinerzeit geharnischten Protest eingelegt. Doch ohne Erfolg. Weswegen er die Reise nochmals antreten musste - und sich am Mittwoch prompt im Stau wiederfand.

Man kann es so sagen: Einen durchschlagenden Erfolg brachte auch dieser Termin nicht. Man einigte sich auf nichts Bestimmtes, schon gar nicht auf diese Bedingung der Kläger: Die Stiftung solle einseitig ein Recht auf die außerordentliches Kündigung des Mietvertrages eingeräumt werden. Als "Maximalforderung" bezeichnete der Richter diese Forderung.

Und doch ist sie offenbar der einzige Weg, auf dem die Stifter direkt und unmittelbar ihren Einfluss geltend machen können.

Mieter oder nicht Mieter - das ist hier die wichtige Frage

Das Festspielhaus ist der wichtigste Besitz der Stiftung. Und die einzige wirkliche Geldquelle. Ein Pfund, wie gesagt. Aber vor allem ist es der Hebel, über den die Stiftung und darin die Familie ihre Rechte an der Mitbestimmung über die Festspielleitung wahren kann. Der zentrale Punkt der Festspielsatzung, der Paragraf 8, räumt einem Mitglied der Famlie Wagner ein Vorrecht auf die Leitung ein. Für den Fall, dass innerhalb der Familie kein geeigneter Kandidat zu finden sei, schreibt dieser Paragraf ein kompliziertes Procedere vor. Wer sich nicht daran hält - bekommt keinen Mietvertrag fürs Festspielhaus.

Was aber, wenn der Mietvetrag auf sehr, sehr lange Zeit fix und vergeben ist? Der Stiftung fehle damit die Möglichkeit der Sanktion, falls jemand gegen die zentrale Regel verstoße, sagte ein Anwalt der Kläger.   

Den Hebel gibt's - aber er ist festgeschweißt

Seit zweieinhalb Jahren nun, seit März 2014, ist tatsächlich der neue Mietvertrag in Kraft - und der gilt auf ein Vierteljahrhundert und länger. Anders gesprochen: Es gibt den Hebel immer noch - nur ist der bis 2040 festgeschweißt. Darum ging es also bei dieser so genannten Güteverhandlung: um einen Angriff auf den Mietvertrag. Der so auch nur abgeschlossen wurde, weil die Renovierung das Festspielhauses bevorstand. Keine Unterschriften, kein Geld - so argumentierten damals Bund und Freistaat nicht ohne Grund: Weil sie Planungssicherheit bräuchten.

Kompliziertes Procedere ohne bindendes Ergebnis

Die Gegenseite, die Stiftung und ihr Mieter, die Festspiele-GmbH, gingen auf die "Maximalforderung" nicht ein. Der Vorschlag des Gerichts dagegen dürfte Kennern juristischer Balanceakte ein genießerisches Lächeln auf die Lippen zaubern.

Also: Die Stiftung muss sich bei der allfälligen Kür eines Festspielleiters an Paragraf 8 samt notfalls verwickeltem Ablauf halten.

Aber: Die Festspiele-GmbH ist an das Ergebnis dieser Kür nicht gebunden. Nur, wenn die Kür als Farce betrieben werden sollte, sei so etwas wie Einspruch gegen einen anderen Kandidaten möglich. "Das zu beweisen, wird aber schwierig sein", sagte Kläger-Anwalt Gregor Gysi hinterher.

Die Argumente sind ausgetauscht, ein Urteil zu erwarten

Die mündliche Verhandlung ist abgeschlossen, weitere aufwendige Reisen sollen den Beteiligten nicht zugemutet werden. Am 17. November ist daher bereits ein Urteil zu erwarten. Für den Fall der Fälle scheint Gysi seinen Trumpf bereit zu haben. Über die Frage, ob der Mietvertrag in Kraft sei oder - wegen eines Formfehlers - doch nicht, diese Frage der "schwebenden Unwirksamkeit" wurde nicht abschließend diskutiert. Es gab daneben ja auch genügend unübersichtliche und unebene Felder zu beackern.

Vielleicht geht's beim nächsten Mal aber auch ganz schnell und glatt. "Wir wären zufrieden, wenn der Paragraf 8 mit Leben erfüllt und für die Zukunft gesichert wäre", sagte Gysi noch.  

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