Dann kam er wieder nach Hause. Schon nach wenigen Tagen war sie wieder da. Die Angst.
Das Zittern am ganzen Körper, die Unruhe, das rasende Herz, die enge Brust. Altendorf bekam diesmal nicht nur Angst, er wurde auch unheimlich traurig. Er vermisste die Menschen aus Bad Rappenau. Die, die ihn so gut verstanden hatten. Die sein Leid teilten. Heute weiß er, dass das eine Depression war. Oliver Altendorf musste sich eingestehen, dass sein Problem groß war. So groß, dass er sein Leben umkrempelt musste, um das Problem loszuwerden. Erst ein Aufenthalt in einer Burnout-Klinik bei Bad Staffelstein hat Oliver Altendorf geholfen, sein Leben in den Griff zu bekommen.
"Heute kann ich sagen: Ich durfte diese Krankheit haben. Sie hat mein Leben verändert. Das war schmerzhaft. Aber es musste sein, auch wenn es radikal war."
Altendorf und seine Lebensgefährtin trennten sich nach acht Jahren Beziehung und gaben die gemeinsame Wohnung auf. Er kaufte sich jedes einzelne Möbelstück neu. Das alte Leben, es sollte ihn nicht über einen Schrank oder ein Sofa heimsuchen. "Ich mache meiner Ex-Freundin keine Vorwürfe", sagt Altendorf. "Sie hat während meiner Krankheit ihr Bestes gegeben". Und Altendorf weiß: Er war ein schwieriger Partner während des Burnouts. Gereizt, ständig müde und erschöpft, in sich gekehrt. "Vielleicht hat sie mein Problem nicht ganz verstanden. Viele begreifen das nicht." Heute pflegen die beiden ein freundschaftliches Verhältnis zueinander.
Altendorf gab einen seiner beiden Jobs auf, er gab Freunde auf. Er brach den Kontakt zu Leuten ab, die immer nur etwas von ihm gewollt hatten. Könntest du kurz? Würdest du mal? Altendorf lernte, Nein zu sagen. Er ist heute nicht mehr davon besessen, es immer jedem recht machen zu wollen.
„Das heißt nicht, dass ich meine Arbeit nicht liebe“, sagt er. Altendorf arbeitet als Medienberater beim „Nordbayerischen Kurier“. "Mein Arbeitgeber hat mich immer unterstützt, ich konnte mit ihm offen über mein Syndrom sprechen." Aber seit Altendorf seinen zweiten Job aufgegeben hat, kann er all seine Kraft in eine Aufgabe stecken. „Früher habe ich bei zwei Jobs 90 Prozent gegeben statt bei einem 100 Prozent.“ Sagt Altendorf. Früher ergab das 180 Prozent - eine Last, die den Bayreuther im Lauf der Jahre krank machte. Rückenschmerzen, Gliederschmerzen, Halsschmerzen, Magen- und Darmprobleme, Gereiztheit, irgendwas zwickte immer. Aber Altendorf hörte nicht hin, wenn sein Körper um Hilfe schrie.
Altendorf sucht die Verantwortung für sein Burnout-Syndrom nicht bei anderen. "Ich habe Fehler gemacht. Mein Leben bestand nur aus Arbeit und Verpflichtungen. Keine Hobbys, kein Sport. Ich habe meine Partnerin vernachlässigt. Wir haben nichts gemeinsam unternommen, es gab keine gemeinsamen Ausflüge oder Urlaube. Es war schwer für mich, das zu erkennen." Doch Altendorf hat es geschafft. Er erzählt seine Geschichte offen, weil er anderen Menschen Mut machen will. Weil er zeigen will, dass es einen Ausweg gibt.
Das Burnout-Syndrom hat Oliver Altendorf sensibler gemacht, für sich selbst, aber auch für die anderen. Er geht wieder zum Sport, in die Sauna, in die Therme, ruht sich aus. Und er beobachtet seine Kollegen genau. Und manchmal sagt er einfach zu ihnen: "Pass gut auf dich auf. Und: Entspann dich." Weil er niemandem diese schreckliche Angst wünscht.
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Und dazu auch: Ein Interview mit Manfred Wolfersdorf, Chefarzt am Bezirkskrankenhaus Bayreuth.