Metzger richtet E-Tankstelle ein

Von Norbert Heimbeck
Nicht einmal zehn funktionierende Stromtankstellen für Elektroautos gibt es aktuell in Bayreuth. Stadtrat und Metzgermeister Helmut Parzen will, dass die Stadt beim thema E-Mobilität eine Vorbildfunktion übernimmt. Foto: Jan Woitas/dpa Foto: red

„Wenn Sie Einsamkeit suchen, besuchen Sie doch mal eine unserer Stromtankstellen.“ Was Stadtwerke-Chef Jürgen Bayer bei der Bayreuther Bürgerversammlung im November 2014 so flapsig sagte, stimmt längst nicht mehr. Die - immer noch seltenen - Stromtankstellen im Stadtgebiet sind gut frequentiert. Wenn sie denn funktionieren.

 
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Aktuell ist die Ladestation am Rathausparkplatz außer Betrieb. Nach Auskunft der Bayernwerk AG wird sie normalerweise "sehr gerne angenommen". Wegen ihrer Anfälligkeit für Defekte soll die Ladesäule nun ausgetauscht werden. Ende September soll ein neues Modell auf die Fahrer von Elektroautos warten. Auch die Ladestation beim ADAC ist geschlossen.

Stadt soll Vorbild sein

Helmut Parzen klingt ein bisschen frustriert, als er diese Beispiele aufzählt. Der Stadtrat und Metzgermeister hat jetzt selbst die Initiative ergriffen und eine E-Tankstelle eingerichtet: "Während ihres Einkaufs können Kunden bei uns ihr E-Auto oder E-Bike aufladen." Die Stadt kümmere sich zuwenig darum, das Thema E-Mobilität voranzubringen, klagt er: "Die Stadt müsste als Vorbild agieren."

OB: Erst mal abwarten

Bereits im August 2015 hat Parzen eine Anfrage an die Oberbürgermeisterin gerichtet. Darin fragt er nach der Zahl der E-Tankstellen im Stadtgebiet und will wissen, wie die Strategie der Stadtverwaltung bei dem Thema E-Mobilität aussieht. Im Januar hat die CSU-Fraktion dann offiziell beantragt, die Stadtverwaltung solle ein E-Mobilitätskonzept erstellen. In der Antwort der Oberbürgermeisterin heißt es, die Rahmenbedingungen für ein solches Konzept müssten zuerst geklärt werden. Damit will sich Parzen nicht zufrieden geben.

"Es gibt viele Städte die bei diesem Thema aktiv werden", sagt er. Und nennt Beispiele: Die Stadt Brackenheim im Landkreis Heilbronn hat rund 15.000 Einwohner. Ihr vom Bundesumweltministerium geförderter Klimaschutzmanager hat im Juli 2015 angeregt, den städtischen Fuhrpark auf E-Autos umzurüsten - zwei Autos und zwei E-Fahrräder (sogenannte Pedelecs) sind jetzt im Einsatz. In Solingen (rund 160.000 Einwohner) freut sich die Stadt über 80.000 Euro Fördergeld vom Bund für ein kommunales E-Mobilitätskonzept. Die Stadt Bensheim an der Bergstraße (rund 40.000 Einwohner) betreibt inzwischen sechs von sieben Dienstautos mit Strom.

Bauhof ist überzeugt

In Bayreuth selbst ist die Situation überschaubar: Der Stadtbauhof betreibt zwei kleine E-Fahrzeuge und einen elektrisch betriebenen Schmutzsauger, das Stadtgartenamt hat ebenfalls kleine E-Mobile im Einsatz. Bauhof-Leiter Bernd Sellheim sagt: "Anfangs waren meine Mitarbeiter skeptisch, aber die E-Autos haben sich bewährt. Wenn wir künftig Fahrzeuge ersetzen müssen, werden wir auch E-Autos berücksichtigen."

Bis Kulmbach und retour

Ganze 41 Elektromobile sind bei der Zulassungsstelle der Stadt derzeit registriert. Helmut Parzen fährt eines davon: "Wir haben jetzt einen komplett elektrisch betriebenen Lieferwagen. Mit dem bin ich schon bis nach Kulmbach und zurück gefahren, ohne Probleme." Seine E-Ladestation ist gut besucht, sagt er. Eine Straße entfernt von der Metzgerei hat die Handwerkskammer im Juni eine eigene E-Tankstelle aufgemacht, der Strom dazu wird von den Stadtwerken kostenlos geliefert. Es gibt zwar wegen der kurzen Zeit noch keine Statistik, aber die HWK-Mitarbeiter berichten von häufig wechselnden Lade-Gästen. Pressesprecherin Kerstin Spieler: "Wir hatten auch schon den Fall, dass uns ein Hotel einen Gast zum Laden geschickt hat."

Klicken Sie auf die Karte, um eine Übersicht der Stromtankstellen zu sehen.

Stadtwerke als Sponsor

Stadtwerke Chef Jürgen Bayer begründet die Tatsache, dass das Unternehmen nicht nur die HWK-Ladesäule sponsert, sondern auch auf dem Campus der Universität ab Herbst eine Ladesäule mit Gratisstrom für die Nutzer aufstellt, so: "Wir haben eine Strategie erarbeitet, die vorsieht, in den kommenden Jahren mehrere E-Tankstellen in Bayreuth zu errichten. Wir tun das, weil wir davon überzeugt sind, dass die E-Mobilität einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Leider gibt es noch deutlich zu wenige E-Autos." Die ganze Sache erinnert an die Frage, ob die Henne oder das Ei zuerst da war: Anbieter sagen, es gebe zu wenig Nutzer. Potenzielle Autokäufer schrecken vor dem E-Auto zurück, weil es nur wenige Tankstellen gibt.

Info: Im Stadtgebiet Bayreuth gibt es derzeit nicht einmal zehn funktionierende E-Tankstellen.

 

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