Elektroautos: Exoten in der Region

Von und Andrea Pauly

Wie lange reicht die Batterie? Wo kann ich sie aufladen? Rechnet sich der Kaufpreis? Viele begegnen Elektroautos noch skeptisch, wie unsere Umfrage ergab. Trotz Prämie wird sich Elektromobilität wohl nicht so schnell durchsetzen.

 
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Das sagen die Nutzer: Erwin Pschierer fährt einen VW e-up als Dienstfahrzeug bei der Firma SiLi in Warmensteinach. Seit vier Wochen pendelt er damit zwischen seinem Wohnort Kastl und seiner Arbeitsstätte. "Mit voller Batterie kann ich zirka 120 Kilometer fahren", berichtet er. "Ich war anfangs ziemlich nervös, weil man ja nicht einfach irgendwo eine Tankstelle anfahren kann, wenn man nachladen muss." Doch die Strecken seien in der Regel gut planbar, so dass er noch keine Überraschungen erlebt habe.

Sein Fazit: "Das Auto geht wirklich schön zu fahren und ist vor allem sehr leise." Allerdings werde es dadurch leicht von Fußgängern übersehen. "Das ist mir in der kurzen Zeit jetzt schon ein paar Mal passiert, so dass dies ein reales Risiko zu sein scheint." Privat würde er sich trotzdem kein E-Auto zulegen, obwohl er "die Idee sympathisch" findet. Auf dem Land sei die geringe Reichweite störend, weshalb er trotz Förderung nicht umsteigen würde. "Ein Elektroauto ist noch kein vollwertiger Ersatz und finanziell nicht unbedingt preiswerter, weil die Anschaffungskosten relativ hoch sind."

Ein Jahr im Selbstversuch hat Günther Neuberger aus Kulmbach mit seinem Elektroauto jetzt hinter sich. "Ich bin umweltbewusst und eher zufällig über ein Angebot gestolpert", sagt Neuberger, der täglich nach Bayreuth pendelt. Nach der Testfahrt hat er seinen Erdgas-Panda gegen einen Renault Zoe ausgetauscht. Mittlerweile sind er und seine Frau 20.000 Kilometer mit ihrem Elektroauto gefahren. "Das Auto hat alles, was man braucht, vom Navi bis zur Klimaanlage", sagt Neuberger.

Doch das Beste ist: "Ich habe erst eine Inspektion gebraucht und die war sehr günstig." Anfangs sei beim Fahren viel Psychologie im Spiel gewesen, schildert er seine Erfahrungen. "Man ist unsicher wegen der Ladestruktur und muss erst lernen, dass man unterwegs nicht verloren ist." Er weiß, dass er mit seinem E-Auto zirka 120 bis 150 Kilometer fahren kann, bis er erneut laden muss. Trotzdem verfolgt er immer gebannt die Kilometeranzeige und kommt ins Schwitzen, wenn sie zu schnell sinkt. Mit einem Adapter, denn er immer bei sich hat, kann er aber an normalen Steckdosen Strom nachladen.

Neuberger nutzt das Elektroauto allerdings als Zweitwagen, "weil es noch keines mit einer Reichweite über 300 Kilometer gibt". Doch die Entwicklung sei noch im Fluss, "ähnlich wie bei den Handy-Akus". Neuberger ist skeptisch, ob die Prämie allein die Elektromobilität beflügelt. "Wenn man ehrlich ist, macht man kein Geschäft damit, weil die Autos wenig in die Werkstatt müssen."

Klicken Sie auf die Karte, um eine Übersicht der Stromtankstellen zu sehen.

Das sagen die Händler: "Noch ist die Nachfrage nicht sehr zufriedenstellend", sagt Stefan Wedlich, vom gleichnamigen Autohaus. Die Marktsituation sei eher enttäuschend, obwohl er vom Nutzen der Elektromobiliät überzeugt ist. "Sie ist zukunftsorientiert und ein wichtiges Signal für die Umwelt." Wedlich vertreibt den Renault Zoe, für den der Hersteller bereits eine Prämie von 5000 Euro anbietet. Der von der Bundesregierung geplante Bonus könnte dem Verkauf von E-Autos durchaus neue Impulse geben, so Wedlich. "Das ist endlich einmal eine klare Ansage, wenn der Kunde weiß, er kann mit 4000 Euro Zuschuss rechnen." Viele Kunden sorgten sich, dass der Aku nicht lange genug halte. Doch Renault tausche zum Beispiel die Batterie kostenlos aus. "Ich wünsche mir noch mehr Interessenten und begeisterte Kunden, die nach einer Probefahrt sagen: Ja, ich will einen haben."

Autoservice Popp in Bayreuth bietet ein Elektroauto und ein Hybrid-Fahrzeug von Mitsubishi an. Martin Popp freut sich, dass beide Varianten künftig in den Genuss einer Förderung kommen sollen. "Denn bisher ist die Nachfrage eher gering", räumt Popp ein. Zwar sei ein Preisnachlass von 2000 Euro gewährt worden, eine Verdoppelung in Zukunft aber noch besser. Das Hybrid-Modell komme bislang noch besser an, weil der Kunde damit im Parallelmodus bis zu 800 Kilometern weit fahren könne. "Ich bin selbst von dem Konzept überzeugt, weil es eine saubere und fortschrittliche Technik ist und es einfach Spaß macht, so ein Auto zu fahren." In der Region mache er öfters  bei der Schnellladestation in Himmelkron halt. Denn was die Ladestationen anbelange, sei Bayreuth "eine absolute Wüste". Unter Autofahrern sei noch viel zu wenig bekannt, wo es Ladesäulen gebe. Die Kommunen dürften diese Entwicklung jedoch nicht verschlafen. Die neue Prämie sollte seiner Ansicht nach keine versteckte Abwrackprämie sein. "Viel besser wäre es, das Geld in die Infrastruktur zu stecken."

Das sagt das Kfz-Handwerk: Die Entwicklung hin zu mehr Elektroautos habe "gravierende Auswirkungen" auf die Ausbildung im Kfz-Handwerk, sagt Siegfried Zillig aus Kasendorf, Vorsitzender des Ausschusses für Berufsbildung in der Kfz-Innung Oberfranken. Das Berufsbild hat sich in den vergangenen Jahren massiv verändert: Vom Kfz-Mechaniker hin zum Mechatroniker, nun weiter mit der Fachrichtung System- und Hochvolttechniker. "Die suchen wir händeringend", sagt Zillig. Derzeit gebe es nur drei oder vier Lehrlinge in Oberfranken. Im Juli stehen die ersten praktischen Prüfungen für diese Azubis an. Ihr Wissen über die Elektronik bekommen die Azubis in Fachzentren der Industrie- und Handwerkskammer. "Da sind wir sehr weit vorn", sagt Zillig, "und wir sind wesentlich weiter als die Betriebe."

Das sagen Verkehrsexperten: "Diese Autos und Elektrofahrzeuge muss man, wenn überhaupt, dann jetzt auf den Markt bringen", sagt Prof. Dieter Brüggemann vom Lehrstuhl Technische Thermodynamik und Transportprozesse an der Uni Bayreuth. "Bisher ist der Anteil unterhalb von einem Prozent. Das ist verschwindend gering." Erst, wenn Elektrofahrzeuge nicht mehr als Exoten wahrgenommen würden, hätten sie eine Chance, sich zu etablieren. Dafür müssten sie einen Anteil von fünf bis zehn Prozent ausmachen."Wenn man ganz ernsthaft den CO2-Ausstoß reduzieren will, ist das die Richtung, in die man gehen muss", sagt Brüggemann. "Die Alternative wären auf Wasserstoff basierende Verfahren, die sich aber bisher nicht duchgesetzt haben."

Bei den an einem Elektroauto Interessierten handele es sich zu einem sehr großen Teil um die gleichen Menschen, die auch Wert auf Ökostrom legen, sagt Brüggemann. Nach seiner Einschätzung werden sich die Elektrofahrzeuge zunächst bei Kunden durchsetzen, die ausschließlich in einem kleineren Umfeld wie einer Stadt unterwegs sind oder in Unternehmen, deren Fahrzeuge hauptsächlich auf einem eingeschränkten Gelände fahren. Außerdem sehe er Potenzial in einer Gruppe, die ein Elektro-Auto als Zweit- oder Drittwagen nutzt, aber immer einen Kombi oder ein ähnliches Auto besitzt. 

Der ökologische Verkehrsclub VCD steht der Kaufprämie für E-Autos skeptisch gegenüber. "Die alleinige Konzentration auf den Elektroantrieb reicht nicht aus, um die verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen in erforderlichem Maße zu senken", teilt der VCD zum Thema mit.

Der VCD fordert stattdessen eine Bonus/Malus-Regelung, die bei der Kfz-Steuer ansetzt:  Wer eine bestimmte Grenze beim CO2-Ausstoß unterschreitet, bekommt einen Zuschuss. Wer viel Abgase produziert, wird über die Steuer kräftiger zur Kasse gebeten. Elektrisch betriebene Sportwagen und SUV sollten aus Sicht des VCD gar nicht gefördert werden.

Elektrofahrzeuge sind bei sehr langsamen Geschwindigkeiten deutlich leiser als Autos mit Verbrennungsmotor. Das sei einerseits ein Vorteil, andererseits bereite es aber auch Probleme, sagt Christian Buric, Pressesprecher beim ADAC in München. Gerade Blindenverbände verweisen auf höhere Gefahren, weil E-Autos schlechter zu hören sind. Aus diesem Grund gebe es mittlerweile Software, die ein künstliches Geräusch abspielt, wenn das Fahrzeug so langsam ist, dass der Reifenabrieb nicht zu hören ist. "Es wird ein Umlernen einsetzen müssen, bei Fußgängern und Autofahrern." 

So sieht's in der Region aus: Nach Angaben von Ingrid Flieger, Klimaschutzbeauftragte am Landratsamt in Kulmbach, beteiligt sich der Landkreis Kulmbach an einem Modellprojekt der Metropolregion Nürnberg. Dieses hat zum Ziel, eine E-Ladeinfrastruktur mit öffentlichen Ladesäulen aufzubauen. Dem Initiativkreis Elektromobilität gehören auch die Landkreise Bamberg und Forchheim an.

Der Kreisausschuss beschloss, eine öffentliche E-Ladesäule am Landratsamt zu errichten, die 24 Stunden lang allen Nutzern zur Verfügung steht. Installiert wird die AC-Ladesäule vom Typ 2 mit zweimal 22 kW von der N-Ergie Nürnberg. Im Fuhrpark des Landratsamts befinden sich zwei E-Dienstfahrzeuge, Audi e-tron und BMWi3, die in der Tiefgarage aufgeladen werden können. Die Stadt Kulmbach will bis 2017 am Zentralparkplatz eine Ladesäule für E-Fahrzeuge installieren.

Beteiligen am Pilotprojekt Elektromobilität wollen sich Marktleugast, Himmelkron, Presseck, Untersteinach, Stadtsteinach, Marktschorgast, Thurnau und Mainleus. Öffentliche Ladestellen bestehen bereits in Kulmbach, in Mainleus und in Himmelkron.

Aktuell sind 23 Elektroautos und 133 Hybridfahrzeuge im Landkreis Kulmbach zugelassen (bei 48.025 Zulassungen). Im Januar waren es noch 21 Elektroautos, im Juni 2015 lediglich 14.

Der Landkreis Bayreutharbeitet noch an einem Förderkonzept für Elektromobilität. Im August 2015 wurden dafür Fördermittel beantragt. Laut Pressesprecher Michael Benz soll systematisch ein "nachhaltiges und klimafreundliches Mobilitätskonzept" erarbeitet werden, das zum Beispiel den ÖPNV, die Radwege und das Car-Sharing einbezieht.

Derzeit gebe es sechs öffentlich zugängliche Ladestationen im Landkreis, wovon zwei Privatleuten gehörten: in Ahorntal, Gefrees, Pegnitz, Bindlach, Pottenstein und Weidenberg. Im Landkreis sind derzeit 53 Elektrofahrzeuge zugelassen und 128 Hybrid-Fahrzeuge.

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