Kritiker wehren sich gegen das von der Gemeinde Neudrossenfeld geplante Neubaugebiet Dreschenau: Filetstück wird Baugebiet

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Bauen auf der grünen Wiese? Oder lieber den Ortskern weiterentwickeln? In Neudrossenfeld regt sich Unmut über die Bauleitplanung der Gemeinde. Die plant bei Dreschenau, direkt am Rotmainradweg, ein riesiges Baugebiet.

 
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Die Kritiker: Als einen „Angriff auf die Sonnenseite Neudrossenfelds“ bezeichnen die Kritiker das geplante Neubaugebiet bei Dreschenau. Lauter "Filetstücke" für die künftigen Bauherrn. Den Gegnern missfällt zum einen die Dimension des neuen Baugebiets: 70 000 Quadratmeter Fläche soll es umfassen. Das entspricht der Größe von sieben Fußballplätzen für mindestens 70 bis 80 Wohnhäuser. Damit entstehe ein neuer Ortsteil, 500 Meter vom eigentlichen Ortsschild Dreschenau entfernt, „ein Satellitendorf, von dem die übrigen Einwohner nichts haben“.

Vielmehr werde deren Lebensqualität beeinträchtigt. Denn das Erholungsgebiet in Nähe des Kernortes werde damit kleiner. Dabei sei es bei Wanderern und Radfahrern beliebt. Egon Dörfler, Landwirt aus Dreschenau, sorgt sich um die von ihm gepachteten landwirtschaftlichen Grundstücke: „Wenn Flächen in Hofnähe wegfallen, ist das langfristig existenzbedrohend.“ Weil die Flächen nur noch eingeschränkt genutzt werden könnten. Es droht Ärger wegen Staub, Lärm und Güllegeruch. Bauern und Jäger seien auch dann betroffen, wenn es um Ausgleichsflächen geht. „Durch das Neubaugebiet wird die Jagd zweigeteilt“, sagt Jagdpächter Herbert Ponater, „und dann ist sie fast nicht mehr zu verpachten.“ Er macht sich auch Sorgen um die Tierwelt in den Rotmainauen und in dem Landschaftsschutzgebiet.

Das größte Problem ist jedoch der Verkehr: Die Bergmühlgasse in Neudrossenfeld, die in die Dreschenauer Straße übergeht, sei schon jetzt „ein Nadelöhr“. Mindestens 700 Fahrzeuge fahren täglich hindurch, schätzt Matthias Kampa. Wieder werde der Verkehr durch den alten Ortskern geleitet, befürchten Wolfgang List und Margit Schönauer, Anwohner der Ledergasse. „Das passt alles nicht zusammen“, meinen die Kritiker zur Bauleitplanung der Gemeinde. Dabei gebe es noch andere Gebiete, die man erschließen und erweitern könnte, wie etwa gegenüber des Sportplatzes. Ganz zu schweigen von den Leerständen und Baulücken im Gemeindegebiet.

Das Landratsamt: Von Bedenken gegen das Neubaugebiet weiß das Landratsamt noch nichts. Nicht mal etwas von dem Vorhaben selbst. „Wir haben noch nichts vorliegen“, sagt Philipp Hetzel vom Landratsamt Kulmbach zur vorgesehenen Änderung des Flächennutzungsplans. Die städtebau- und naturschutzrechtliche Seite werden im Zuge der öffentlichen Beteiligung geprüft. Bisher sei lediglich das Änderungsverfahren eingeleitet worden. „Gegen das Bauen mitten im Außenbereich spricht grundsätzlich einiges“, sagt der Abteilungsleiter für Bauwesen, Natur und Umwelt. Denn im Baugesetzbuch stehe ganz klar: „Die Innenentwicklung hat vorrangig zu geschehen.“ Und auch das Landesentwicklungsprogramm sehe die Anbindung an den bestehenden Ort vor. „Ein Baugebiet soll demnach nicht losgelöst in der freien Natur angesiedelt werden.“

Der Bürgermeister: Harald Hübner, Neudrossenfelder Bürgermeister, sieht die Sache pragmatisch. "Fakt ist: Wir müssen neue Baugebiete anbieten." Nicht nur, weil die Gemeinde an Einwohnern verliert. Sondern auch, weil es Interessenten gebe, deren Nachfrage im Moment nicht befriedigt werden könne. Dass sich Widerstand gegen das Neubaugebiet Dreschenau formiert, lässt ihn kalt: "Das ist zwangsläufig bei der Ausweisung von solchen Flächen so, dass sich Kritiker melden." Diese würden aber vergessen, dass die Gemeinde zeitgleich das Baugebiet an der Schule weiterentwickle. Selbstverständlich werde er sich mit den Einwänden befassen, versichert der Bürgermeister. Dass sich in dem Neubaugebiet nur reiche Neubürger statt junge Familien ansiedeln würden, nennt Hübner "Gerüchte". Es könnten dort genauso kleinere Parzellen angeboten werden, zum Beispiel für Mietwohnungen. "Man möge uns verzeihen, dass wir eine schöne und keine hässliche Gegend dafür ausgewählt haben. Aber schließlich wollen wir unsere Bauplätze verkaufen und nicht auf ihnen sitzen bleiben."

Die Nachbargemeinde: Auch in Altenplos, Gemeinde Heinersreuth, sind einige Bürger bereits alarmiert. "Bei mir sind etliche Anrufe eingegangen", sagt Bürgermeisterin Simone Kirschner. Besonders die Zufahrt über Neuenplos werde von vielen als problematisch angesehen. Bei Hochwasser werde die Straße teilweise gesperrt. "Aber wir wissen ja noch nicht, wie das Gebiet wirklich erschlossen wird", sagt Kirschner. "Dann erst können wir das Thema im Gemeinderat diskutieren." Im Moment handle es sich nur um Spekulationen.

Wie geht’s weiter: Bis 19. Juni werden die Einwände im Rathaus gesammelt. Sie werden wiederum von den Gemeinderäten diskutiert und bewertet. Auch die Nachbargemeinden und das Landratsamt geben dann ihre Stellungnahmen ab. Die Kritiker sammeln seit gestern Unterschriften und haben ihre Bedenken in einem Brief an den Bürgermeister zusammengefasst. Sie erwägen, eine Bürgerinitiative gegen das Neubaugebiet zu gründen.

Hintergrund: Baugebiet oder Naherholung - so machen es andere Gemeinden

> Mistelgau: Mistelgau hätte ein ideales Baugebiet: Die Felder hinterm Rewe, Südhang, nah an der Ortsmitte. Doch Bürgermeister Karl Lappe hat den Gedanken bereits wieder verworfen: „Die Grundstücke wären zum Teil erschwert zu bekommen gewesen. Und die Erschließung wäre so teuer, dass die Gemeinde nicht handeln konnte.“ Doch Lappe stört das nicht. Er hat weitergesucht und das Baugebiet „Mashalder“ am nordwestlichen Rand Mistelgaus gefunden. Ein Großteil der 29 Parzellen sei mittlerweile schon vorgemerkt. „Die Erschließung neuer Baugebiete hängt von drei Faktoren ab: Bekomme ich die Grundstücke? Ist die Erschließung technisch und finanziell möglich? Und kann ich die Parzellen verkaufen?“ Gebiete von vorne herein auszuschließen, hält Lappe deshalb für sinnlos.

> Goldkronach: Das Grundstück am Schlosspark, südwestlich der Ortsmitte, sei „tatsächlich ein Filet-Baugrundstück“, sagt Bürgermeister Holger Bär. Lange war geplant, dort Mehrgenerationenwohnen anzubieten, doch die Pläne zerschlugen sich wegen mangelnder Nachfrage. Jetzt sind laut Bär mehrere Ein- oder Zweifamilienhäuser geplant, mit denen junge Familien nach Goldkronach gelockt werden sollen. Flächen, die jetzt noch der Naherholung dienen, mittelfristig zu Baugebieten zu machen, das wird es in Goldkronach wohl nie geben. Nicht, weil sie besonders schützenswert wären. „Nein, solche Flächen besitzt die Stadt einfach nicht.“

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