Decker-Gegner lehnen Neubaugebiet ab

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In Neuenmarkt rumort es. Gegner des Baugebiets Steigengasse haben rund 500 Unterschriften für ein Bürgerbegehren gesammelt. Sie kritisieren den mangelnden Hochwasserschutz. Der Bürgermeister findet: Das eine habe mit dem anderen nichts zu tun.

 
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Vor einer Woche erst haben die Gegner des Neubaugebiets, auf dem die Gemeinde 27 Bauplätze anbieten will, eine Bürgerinitiative gegründet. Binnen weniger Tage sammelten sie mehr als 240 Unterschriften ein. Um ein Bürgerbegehren auf den Weg zu bringen, müssen zehn Prozent der Stimmberechtigten in einer Gemeinde unterschreiben. In Neuenmarkt sind das 2453 (Stand Kommunalwahl 2014).

"Die Gemeinde sollte erst einmal ihre alten Hausaufgaben machen und ihre Bausünden beseitigen", sagt Dieter Sachs. Er ist der Sprecher der Hegnabrunner Familien, die nach dem Unwetter im August 2014 erhebliche Schäden an ihren Häusern erlitten. Sachs unterstützt die Anwohner, die Bedenken gegen ein Baugebiet zwischen Steigengasse und Schrenkweg hegen. Wie im Ortsteil Hegnabrunn würden die Häuser dort an landwirtschaftliche Flächen angrenzen. Auch dort werde es Probleme mit der Ableitung des Oberflächenwassers geben, sagt Sachs voraus. "Die Leute sind richtig verärgert, weil der Kanal nicht endlich gemacht wird." Mittlerweile seien fast 500 Unterschriften zusammengekommen, die Ende nächster Woche im Rathaus überreicht werden sollen. Es sei zu befürchten, dass die unteren Häuser das ganze Wasser aus Richtung See abbekommen.

Decker: Haben ausreichend Vorsorge getroffen

Bürgermeister Decker betont dagegen in einem Gespräch im Rathaus, die Gemeinde habe gemeinsam mit dem Planungsbüro IBP ausreichend Vorsorge getroffen. Die Ingenieure erarbeiteten ein großangelegtes Hochwasserschutzgebiet für die ganze Gemeinde. "Ein Unwetter wie 2014, in dieser Dimension, ist noch nie vorgekommen", sagt Decker. Über alle Fraktionen hinweg sei danach mit großer Mehrheit beschlossen worden, ein Schutzkonzept erstellen zu lassen.

Baugebiet und Hochwasserschutzkonzept zwei Paar Stiefel

Das Baugebiet dürfe mit dem Hochwasserschutzkonzept nicht verknüpft werden. Er wolle vermeiden, dass sich jetzt Fronten auftun zwischen Baugebietsbefürwortern und Hochwasserschutzopfern, so Decker. Für das Neubaugebiet liege ein genehmigter Bebauungsplan vor. Wegen des geplanten Bürgerbegehrens müsse die Gemeinde die Baufreigabe zunächst stoppen.

Situation der Hinterlieger in Zukunft besser

Die Gemeinde sei verpflichtet, Wachstumsimpulse zu setzen: "Wenn wir den Bauwilligen kein Angebot machen, dann gehen die Leute woanders hin." Dabei würden dem Rathaus schon Bauvoranfragen vorliegen. Als das Gebiet entwickelt worden sei, habe die Gemeinde die Bürger einbezogen, ihre Einwände behandelt und in einer Bürgerversammlung informiert. Dass es in dem Bereich "wild abfließendes Hangwasser" aus See gebe, hätten die Planer nicht ignoriert. Vielmehr werde das Gelände angehoben und ein Entwässerungsgraben angelegt. "Damit verbessert sich die Situation der Hinterlieger", ist Decker überzeugt.

Das zweite Bürgerbegehren in Neuenmarkt

Ein Bürgerbegehren sei ein demokratisches Mittel, gegen das nichts einzuwenden sei. Über das Thema Nahwärmeversorung habe es bereits einen Bürgerentscheid in Neuenmarkt gegeben, so der Bürgermeister. Bisher sei es der einzige gewesen. Der Gemeinderat sei bis 2020 gewählt und wäge seine Entscheidungen genau ab. Das Kulmbacher Landratsamt vermag keine Steigerung der Anzahl der Bürgerbegehren erkennen: Ungefähr alle zwei Jahre finde eines statt, teilte Abteilungsleiter Kommunales Thomas Weber mit. 

"Hochwasserschutzkonzept greift nicht in Kanalnetz ein"

Ingenieur Erich Hahn von IBP aus Kulmbach versichert: "Wir versuchen, so viel Sicherheit wie möglich für die Anwohner zu schaffen." Für den Hochwasserschutz seien neben dem Graben ein Damm und ein Rückhaltebecken vorgesehen. Über Drainagen soll das Wasser vom Hang abfließen. Auf die Frage, warum das Ausarbeiten des Hochwasserschutzkonzept so lange dauere, antwortet Hahn: "Das Gebiet ist sechs Quadratkilometer groß. Wir mussten dafür erst einmal ein Geländemodell erstellen und die Niederschläge berechnen." Ende Januar sei der erste Durchlauf erfolgt. Er sei zuversichtlich, das Konzept im Frühjahr abschließen zu können. Die Entwässerung der bebauten Flächen über die Kanalisation habe ansich nichts mit dem Hochwasserschutzkonzept zu tun, so Hahn. "Unser Konzept greift nicht in das Kanalnetz ein."

Gemeinderätin: Enttäuscht über fehlendes Vertrauen

Klaus Zahner (Freie Wähler) bat darum, den Hochwasserschutz und die innerörtliche Entwicklung nicht miteinander zu vermengen. Dass noch nichts passiert sei, stimme nicht. Und man könne auch nicht sagen, ob die Gemeinde überhaupt noch ein weiteres Mal von so einem Niederschlagsereignis betroffen sein werde. Auch Patricia Lerner (SPD/OL) findet nicht, dass in der Gemeinde nur Stillstand herrsche. "Wir wollen neue Familien ansiedeln und die alten behalten." Sie verstehe zwar die Bedenken der Bürger, sei aber entttäuscht, dass den Verantwortlichen im Gemeinderat so wenig Vertrauen entgegen gebracht werde. Niemand wolle eine Verschlechterung der Situation. "Demokratie ist keine Einbahnstraße", ist die Ansicht von Ulrich Stelter (Neuenmarkter Gemeinschaft). "Ich hätte mir gewünscht, dass die Bürger mehr auf uns zugehen." Natürlich sei das Hochwasserschutzkonzept wichtig für die Menschen: "Der Bürger will einfach wissen: Ist mein Bauplatz sicher?"

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