Stadt will Rotmainhalle mindestens vier Monate lang schließen Diskussion um Rotmainhalle: Marktkaufleute sind geschockt

Von Frank Schmälzle
Was wird aus der Rotmainhalle? Was wird aus dem Wochenmarkt? Mehr als 350 Bayreuther kamen gestern Abend zu der Informationsveranstaltung der Stadt in den Balkonsaal der Stadthalle. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Mittwoch ist wieder Wochenmarkt. „Wir stehen um 5 Uhr auf der Matte“, sagten die Marktbeschicker Dienstagabend nach einer heißen Diskussion darüber, ob die Rotmainhalle als Ersatzspielstätte für die Stadthalle taugt. Heute wird es besonderer Markttag. Denn der Schock nach der Informationsveranstaltung der Stadt sitzt tief.

 
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Was die Markthändler erschüttert: Ihre Befürchtungen werden möglicherweise noch übertroffen. „Am besten wäre es“, sagt der Leiter des Hochbauamtes der Stadt, Stefan Bouillon, „wir könnten die Halle für vier, fünf Monate schließen und die Sanierung und den Umbau durchziehen.“ Nach dem jetzigen Zeitplan soll das ab April nächsten Jahres stattfinden. „Das ist unsere Hauptsaison“, sagt Marktbeschicker Andreas Kraus vor 350 Bayreuthern, die zu der Informationsveranstaltung in den Balkonsaal der Stadthalle gekommen sind. Und er sagt: „Wenn die Kunden erst einmal weg sind, bleiben sie weg.“ Ein paar Wochen hätten sie verkraftet. Aber Monate? „Das geht nicht.“

An einer Sanierung geht kein Weg vorbei

Dass die Rotmainhalle ohnehin irgendwann fällig ist, ist für die Marktkaufleute kein Argument. Ja, das Dach muss gemacht werden, die Fenster und der Boden auch. Stadtbaureferent Hans-Dieter Striedl sagt: „Das kommt ohnehin. Und dann müssen wir die Stadthalle eben nicht nächstes, sonder übernächstes Jahr schließen.“ Eine Sanierung, die die Rotmainhalle auch zur Kulturstätte machen würde, hätte auch Vorteile für die Marktkaufleute. Eine Dämmung, die ihnen im Sommer die Wärme aus der Halle heraushält zum Beispiel. Oder eine Lüftungsanlage. Und der Brandschutz entspricht nicht mehr den geltenden Auflagen.

Marktbeschicker sagen: "Es geht um unsere Existenz"

Bei den Marktbeschickern zieht das nicht. Denn all das, was Striedl auflistet, kann man auch zu einer anderen Zeit machen, sagen sie. Nicht unbedingt zu der Zeit, in der die Geschäfte besonders gut gehen. Elisabeth Schulze sagt: „Es geht hier nicht um Ängste oder Befürchtungen von uns Marktkaufleuten. Es geht um unsere Erfahrungen und um unsere Existenz. Vier oder fünf Monate reichen aus, um den Kunden den Wochenmarkt abzugewöhnen.“

Immer wieder widersprüchliche Informationen

Eine Beschickerin scheut sich, es auszusprechen. Dann tut sie es doch: „Wir haben das Vertrauen in die Stadtverwaltung verloren.“ Mal heißt es, die kleinen Läden am Ende der Halle könnten bleiben. Bei der Infoveranstaltung wurde nun klar: Sie sollen raus und durch neue ersetzt werden. Mal heißt es, die Bühne und die Teleskoptribüne für Kulturveranstaltungen bräuchten Platz in der Halle. Jetzt legt Bühnenplaner Walter Kottke andere Zahlen vor: Von den 1050 Quadratmetern der Rotmainhalle würden nur 50 Quadratmeter für Lagerflächen gebraucht. Vor kurzem war noch von einer sechsteiligen Bühne die Rede. Eine Bühne braucht es nicht, heißt es bei der Informationsveranstaltung. Und wo der Markt hin soll, wenn die Rotmainhalle zu ist, das ist auch noch nicht klar.

Kurios: Die Stadthalle könnte Ausweichplatz für den Wochenmarkt werden

Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe sagt, der Marktplatz sei eine Möglichkeit von mehreren, die gerade geprüft werden. Dort gebe es Strom und Wasser. Aber wie sollen die Beschicker ihre Kühltheken dort hin bringen? Dann die Überraschung: Im Rathaus denkt man auch darüber nach, den Wochenmarkt in das Foyer und auf die Außenflächen der Stadthalle zu verlegen. Die Stadthalle liege auch zentral und Parkplätze seien vorhanden. Die Stadthalle, ihr Umbau und Sanierung ab Anfang 2016, hatten die ganze Sache ins Rollen gebracht. Für das Große Haus der Stadthalle braucht es eine Ausweichspielstätte. Und die Rotmainhalle, sagt Kulturreferent Fabian Kern und sagen auch die Oberbürgermeisterin und Stadtbaureferent Striedl, werde geprüft. So wie es der Stadtrat beschlossen habe.

Was für die Rotmainhalle spricht

Sehr ernsthaft geprüft, weil eine Reihe von Argumenten für sie als Ausweichkulturort sprechen. Die Halle gehört der Stadt. Was die Stadt dort hineinsteckt, ist also kein verlorenes Geld. Es nutzt nicht nur der Kultur, sondern auch dem Markt. Im Rathaus hat man kalkuliert: Die „Sowieso-Kosten“ liegen bei 1,2 Millionen Euro. Damit sollen alle dringenden Erneuerungen und Verbesserungen bezahlt werden können. Die braucht es, mit oder ohne Kultur. Noch einmal eine Million würde die Lüftungsanlage, die Fassadendämmung und eine Galerie kosten. Auch das käme dem Markt zugute, wenn die Stadthalle Ende des Jahres 2019 wieder zur Verfügung stünde und die Rotmainhalle als Ersatzspielstätte nicht mehr genutzt werde. Denn eines sei klar: Die Rotmainhalle ist ein zeitlich befristeter Ersatz. Wenn die Stadthalle fertig ist, findet die Kultur wieder dort statt.

Was gegen die Alternativen spricht

Eine weitere Million würde dann noch für das Umrüsten der Rotmainhalle zur Ersatzspielstätte anfallen. Viel weniger als bei allen anderen möglichen Orten, die die Verwaltung geprüft habe. Der Max-Bahr-Baumarkt am Stadtrand? Zu teuer. Der Reichshof? Nicht im Besitz der Stadt und mit über fünf Millionen Euro Investition ebenfalls zu teuer – auch wenn Reichshof-Befürworter an dieser Summe zweifeln. Die Oberfrankenhalle? Zu groß und sie hat nicht genügend freie Termine. Das Festspielhaus? Geht nicht, weil dort nur Wagner-Opern aufgeführt werden dürfen. Bleibt also die Rotmainhalle. Offenbar die einzige Möglichkeit, die die Stadtverwaltung für Veranstaltungen sieht, die 600 Plätze brauchen, um rentabel zu sein. Michael Ehrhard sagt bei der Informationsveranstaltung: Die Stadtkirche hat auch 600 Plätze und ist akustisch für große Konzerte bestens geeignet. Ehrhard ist Abteilungsleiter im Staatlichen Bauamt. Er hat acht Jahre lang die Sanierung der Stadtkirche geleitet.

Ungewöhnlicher Ort - das kann gut werden

Es gibt aber auch die andere Meinung. „Ich bin eine Marktkundin“, sagt eine Bayreutherin. „Aber ich bin auch Sängerin im Philharmonischen Chor.“ Wenn ihr Chor während der vier Jahre, in denen die Stadthalle nicht zur Verfügung steht, nicht auftreten kann. „dann ist er tot. Weil das Publikum weg ist.“ Gudrun Wessel sagt, sie verstehe die Welt nicht mehr. Um die 100 000 Besucher hat der Wochenmarkt ihrer Hochrechnung nach im Jahr. „Er ist ein wichtiger Begegnungsort.“ Aber es wäre doch „ein Wahnsinn“, wenn es nicht gelänge, eine Lösung ohne Bürgerentscheid zu finden. Der Verein „Rettet die Rotmainhalle“ sammelt gerade Unterschriften für einen solchen Bürgerentscheid, der die Rotmainhalle als reine Markthalle festschreiben soll. „Wozu einen Bürgerentscheid? Das kostet nur Zeit und Geld. Warum müssen wir immer nur rumeiern?“ Sie meint: Gemüse und Kultur vertragen sich.

Sehr gut sogar, sagt Stephan Jöris. Der Dramaturg und Regisseur hat in Hallen gearbeitet, die nicht für Kultur gebaut wurden. Und er sagt: „Ein ungewöhnlicher Ort und ein ungewöhnliches Programm – das kann ein Aushängeschild für Bayreuth werden.“

Die Versprechen der Oberbürgermeisterin

Was bleibt von diesem Abend? Das Versprechen der Oberbürgermeisterin, dass die Rotmainhalle nicht an das Rotmain-Center verkauft oder verpachtet wird. Genau das befürchten Kritiker des Umbaus zur Ersatzspielstätte, weil die Stadt dann auf die Kooperation mit dem Rotmain-Center angewiesen ist. Und das Versprechen der Oberbürgermeisterin, mit den Marktkaufleuten nach einer gemeinsamen Lösung suchen zu wollen.

Daran glauben viele Beschicker nicht mehr. „Wenn die das so beschließen, müssen wir uns fügen“, sagen sie nach der Veranstaltung. Dann gehen sie. Denn heute morgen um 5 Uhr stehen sie wieder auf der Matte.

Hier können Sie das Minuten-Protokoll der Veranstaltung noch einmal nachlesen.

Darum geht's, kurz und knapp im Video erklärt:

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