Badetod: Aufsicht muss vor Gericht

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Die Mutter der im Himmelkroner Freibad ertrunkenen achtjährigen Vanessa hat nicht locker gelassen. Nun wird nach drei Jahren gegen zwei der Aufsichtspersonen Anklage erhoben. Foto: privat Foto: red

Wenige Wochen vor Weihnachten wirkt die Nachricht wie ein kleines Wunder. Vor über drei Jahren ertrank ein achtjähriges Mädchen im Himmelkroner Freibad. Trotz vieler Widerstände kommt es nun doch zum Prozess wegen fahrlässiger Tötung.

 
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Das zuständige Amtsgericht Kulmbach teilte jetzt mit, dass Anklage der Staatsanwaltschaft Bayreuth zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet wird.

Denn die Mutter von Vanessa gab nie auf. "Für mich ist das ein ganz besonderer Tag", sagt sie zum bevorstehenden Prozessauftakt. Wann dieser genau sein wird, gibt das Amtsgericht noch bekannt. "Ich freue mich, dass es endlich weitergeht", sagt Ruslana Koska. "Jetzt müssen sie Antworten geben." Im Mittelpunkt der Anklage stehen eine Betreuerin und die damalige Badeaufsicht des Himmelkroner Freibades.

Traumatisiert nach Tod der Tochter

Bisher scheiterte der Beginn des Prozesses an dem Beschuldigten. Sein Rechtsanwalt Oliver Heinekamp versuchte, ein Strafbefehlsverfahren auszuhandeln. Für seinen Mandanten sei ein öffentliches Verfahren eine zu große psychische Belastung. Doch auch die Mutter befand sich nach dem tragischen Tod ihrer Tochter in psychiatrischer Behandlung. Auch sie ist schwer traumatisiert.

Anwalt Heinekamp berief sich auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Der "bedauerliche Todesfall wäre nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden", wenn sich sein Mandant anders verhalten hätte. Durch seine psychische Erkrankung sei er lange Zeit arbeitsunfähig gewesen und inzwischen in Rente. Deshalb sei der Mann freizusprechen, da er persönlich bereits unter den Folgen des Unfalls zu leiden habe.

"Selbstmitleid unerträglich"

Der Anwalt der Mutter des Todesopfers, Gert Lowack, sieht das anders. Für ihn wirkt das Verhalten "uneinsichtig" und von "fehlender Empathie" geprägt. Die Mutter werde die Geschehnisse um den Tod ihres Kindes, ohne dass die Schuldigen zu Rechenschaft gezogen werden, nie verarbeiten können. Für die Eltern, die ihr Kind verloren, sei dieses Selbstmitleid "unerträglich".

Laut einem psychiatrischen Gutachten ist der Mann durchaus verhandlungsfähig. Er sei in der Lage, Gesprächssituationen folgen zu können und sie zu verstehen. Sollte er aufgrund der psychischen Belastung Probleme haben, dem Geschehen zu folgen, könne die Verhandlung unterbrochen werden. Darüber hinaus könne er im Verfahren von einem Arzt begleitet werden, schlug der Gutachter vor.

Mädchen war Nichtschwimmerin

Während eines Ausflugs der Kinderturngruppe in das Himmelkroner Freibad ist Vanessa vor mehr als drei Jahren ertrunken. Die Kinder wurden von Betreuerinnen des Turn- und Sportvereins beaufsichtigt. Auch eine Badeaufsicht war im Freibad. Das Mädchen Vanessa konnte nicht schwimmen. Als sie leblos treibend im tiefen Becken des Schwimmbades gefunden wurde, kam anscheinend bereits jegliche Hilfe zu spät. Denn Aufsichtspersonen gelang es nicht, das Kind wiederzubeleben. Das Mädchen starb wenige Tage später im Klinikum Bayreuth.

Zweifel an Aufsichtspersonen

Die Staatsanwaltschaft Bayreuth stufte den Vorfall zunächst als Unfall ein und stellte die Ermittlungen ein. Aber die Mutter erzwang mit Hilfe ihres Rechtsanwaltes Gert Lowack beim Oberlandesgericht in Bamberg, das der Fall wieder aufgenommen wurde. Danach erhob die Staatsanwaltschaft tatsächlich Anklage wegen fahrlässiger Tötung. Sowohl eine der Betreuerinnen als auch der Bademeister sollen sich vor Gericht verantworten. Denn die Mutter und ihr Anwalt hatten immer wieder Zweifel angemeldet, dass diese ihrer Aufsichtspflicht rechtmäßig nachgekommen sind.

Ruslana Koska wartet jetzt auf den ersten Verhandlungstag. Sie ist momentan im Ausland und hat wieder eine Tochter bekommen. Ohne die Medien und die Öffentlichkeit, ist sie überzeugt, hätte sie es nicht erreicht, dass es zu einer Verhandlung kommt. Der Prozess wird auch sie strapazieren, das ist ihr bewusst. Für Vanessa will sie das auf sich nehmen. "Das ist für mein Kind."

 

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