Die jetzige Entscheidung hat auch mit dem Klage-Erfolg eines bayerischen Piraten zu tun: Tobias McFadden, Mitglied der Piraten-Partei,hatte eine Abmahnung des Musikkonzerns Sony erhalten. Über sein frei zugängliches WLAN-Netz wurde ein Album der Gruppe „Wir sind Helden“ zum kostenlosen Herunterladen angeboten, das entsprechend von einem Dritten wahrgenommen wurde. McFadden hatte im Gegenzug eine negative Feststellungsklage gegen Sony erhoben.
Entscheidung könnte mit EUGH-Einschätzung zu tun haben
Daraufhin gab es ein Gutachten des Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof - der das bestehende für unzulässig hielt: Geschäfte, Bars oder Hotels mit ungesichertem WLAN-Netz sollen nicht für Urheberrechtsverletzungen Dritter haften. Nationale Gerichte dürften zwar eine Lösung des Problems verlangen, argumentierte Generalanwalt Maciej Szpunar in seiner Stellungnahme (Rechtssache C-484/14). Allzu weitreichende Auflagen hält er aber nicht für zulässig, beispielsweise eine bereits diskutierte Identifizierungspflicht für WLAN-Nutzer und eine anlasslose Vorratsspeicherung von IP-Adressen sei unverhältnismäßig und ineffektiv.
Die Befürworter offener WLAN-Netze sehen sich dadurch gestärkt. Die Argumentation Szpunars bezog sich jedoch auf geschäftliche Betreiber von WLANs, wie das Branchenmagazin Golem anmerkt, dürfte sich also rein rechtlich nicht ohne weiteres auf private Freifunker übertragen lassen. Unklar ist außerdem, ob das Gericht dem Gutachten folgen wird. Die Piratenpartei kämpft schon lange für den Sturz der Störerhaftung. MCFadden sagte am Mittwoch laut Mitteilung: "Ich freue mich sehr, dass sich der lange Kampf offenbar gelohnt hat und die Bundesregierung anhand des Gutachtens des EuGH-Generalstaatsanwaltes die Störerhaftung abschafft!"
Warum überhaupt freies WLAN?
Braucht man denn unbedingt flächendeckendes WLAN, wenn mittlerweile fast jeder über großes Datenvolumen für sein Smartphone oder Tablet verfügt? Für Netz-Aktivisten wie Freifunk ist das inzwischen eine höchst politische Angelegenheit. Informationsfreiheit und damit auch technisch freier Zugang zu Informationen sei ein Menschenrecht, argumentieren sie. Und auch wenn Handy-Verträge mit hohen Datenvolumen immer billiger werden: Nicht jeder könne sich das leisten, und so entstehe bei der Digitalisierung eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Auch deswegen müsse die Störerhaftung unbedingt aufgehoben werden.
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