Interview: Wenn der Nachbar Krach macht

Von Katharina Wojczenko
Rechtsanwalt Roland Konrad (43), stellvertretender Vorsitzender des Bayreuther Anwaltsvereins. Foto: red Foto: red

Am Donnerstag verhandelt das Verwaltungsgericht eine Klage eines Anwohners gegen die Stadt Bayreuth. Es geht um den Übungsplatz der Bogenschützen. Wenn der Nachbar Krach macht, muss man sich nicht alles gefallen lassen, sagt Rechtsanwalt Roland Konrad (43).

 
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Konrad ist stellvertretender Vorsitzender des Bayreuther Anwaltsvereins. Er sagt: Bei einer Sportanlage gelten andere Regeln. Erlaubt ist trotzdem nicht alles.

Woher weiß ich, wie viel Lärm in meiner Nachbarschaft erlaubt ist?

Roland Konrad: Die Grundregel: Je reiner das Wohngebiet, desto leiser muss es dort sein. Baugebiete haben verschiedene Nutzungsarten und von denen hängt ab, wie laut es sein darf. Zum Beispiel gibt es reine Wohngebiete, allgemeine Wohngebiete und Mischgebiete. Die Stadt legt im Bebauungsplan fest, welche Funktion eine Fläche haben soll - zum Beispiel Wohn-, Gewerbegebiet, Grünfläche. Sie schreibt auch die erlaubten Nutzungsarten fest.

Wie kann ich mich als Anwohner wehren, wenn ich befürchte, dass es in meiner Nachbarschaft künftig zu laut wird?

Konrad: Als künftigem Nachbar stellt mir die Stadt die erteilte Baugenehmigung zu. Ich habe dann einen Monat Zeit, vor dem Verwaltungsgericht gegen die Stadt zu klagen. Wenn das Haus schon steht und der Nachbar ständig zu laut ist, schaut das anders aus.

Erhebliche Belästigung, unnötige Störung

Welche Bestimmungen greifen, wenn schon gebaut ist?

Konrad:In Bayreuth gibt es zum Beispiel die Lärmbekämpfungsverordnung. Darin steht, welche Formen von Vergnügungs- und Nachbarschaftslärm erlaubt sind. Über Verstöße kann ich mich beim Ordnungsamt beschweren.

Wenn man sich den Text anschaut, sieht man aber: Das ist eine Definitions- und Wertungsfrage. Denn was ist eine "erhebliche Belästigungen" für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft? Was ist eine "unnötige Störung"?

Was ich immer machen kann ist, zivilrechtlich direkt gegen den Nachbarn vorzugehen. Allerdings habe ich dann das Beweisproblem, brauche unter Umständen einen Gutachter.

Wer entscheidet, was stört?

Konrad: Wer sich nicht an die Lärmbekämpfungsverordnung hält, muss mit einem Bußgeld rechnen. Für Sportanlagen greift zum Beispiel zusätzlich das Bundes-Immissionsschutzgesetz, das aus vielen Verordnungen besteht, darunter die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV). Darin steht genau, wie viele Dezibel erlaubt sind.

Ein Sportplatz im Gewerbegebiet darf viel lauter sein als - das ist der schlimmste Fall - im Kurgebiet. Dort sind tagsüber außerhalb der Ruhezeiten nur 45 Dezibel erlaubt - das entspricht einem normalen Gespräch. Im Gewerbegebiet sind es 65 Dezibel. Ein Rasenmäher liegt schon bei etwa 80 Dezibel.

Gibt es Ausnahmen bei Veranstaltungen wie Fußballspielen?

Konrad: Sportanlagen sind im Gesetz etwas bevorzugt. "Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen" erlaubt die Verordnung. Für Sportanlagen gelten außerdem Ausnahmen von den üblichen Ruhezeiten an Sonn- und Feiertagen, sofern die Veranstaltung nicht länger als vier Stunden dauert. Zudem kann die Behörde für "internationale oder nationale Sportveranstaltungen von herausragender Bedeutung im öffentlichen Interesse" Ausnahmen erlauben.

In der Saas haben Häuslebauer unterschrieben

Spielt es eine Rolle, ob der Anwohner oder die Sportanlage zuerst da war?

Konrad: Nein. Schließlich kann eine Sportanlage, die sich jahrelang im Rahmen gehalten hat, dank einer neuen Lautsprecheranlage plötzlich lauter werden, oder weil sich die Nutzung von Inlineskaten auf Motorcross ändert. Es geht einzig um die Grenzwerte. Das Paradebeispiel sind Anwohner, die sich über Glockenläuten beschweren, obwohl die Kirche seit Jahrhunderten so läutet.

Ein Grundstück im Neubaugebiet in der Saas, das in der Nähe des Sportplatzes liegt, bekommt man beispielsweise nur, wenn man gleichzeitig eine sogenannte Dienstbarkeit zur Duldung von Lärm durch Grundschule, Tierheim und Sportanlage eintragen lässt. Dies bedeutet, dass man sich später nicht mehr wegen des Lärms beschweren kann.

Geht das wirklich so einfach?

Konrad: Sie kaufen ein Grundstück im Wissen, dass es möglicherweise laut werden kann. Das Problem: Lärm ist höchst subjektiv. Mir würde es nichts ausmachen, neben einem Kindergarten zu wohnen. Aber Mandanten wohnen neben einem Pflegeheim, wo verwirrte Bewohner manchmal um Hilfe schreien. Das belastet sie.

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