Gößweinstein streitet über Flachdach

Von Heike Hampl

In Gößweinstein gibt es Streit um ein neues Haus. Interessenten wollen am Büchenstock bauen, doch nicht allen Gemeinderäten gefällt der Plan. Das Haus füge sich nicht in die Bebauung ein, die Mitglieder erteilten deswegen mit knapper Mehrheit der Bauvoranfrage ein Absage.

 
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So viel Frust ist selten: Nach der Sitzung des Bauausschusses am Dienstagabend stehen zwei ratlose Bauwillige, ein Paar, vor dem Haus des Gastes in Gößweinstein. Ihren Namen wollen sie nicht in der Zeitung lesen. Sie haben zwei Grundstücke am Büchenstock gekauft - von der Stadt. "Vorher haben wir uns die Siedlung natürlich angeschaut", sagt die Frau. Und festgestellt: Die Häuser sind bunt, unterschiedlich und unkonventionell. Der perfekte Ort für ein weiteres modernes Haus, glaubten sie. Und irrten sich.

Streitpunkt Dach

Die Mitglieder des Bauausschusses haben mit vier zu drei Stimmen die Bauvoranfrage in dieser Form abgelehnt. Streitpunkt ist das Flachdach. Georg Lang (CSU), Altbürgermeister, ist der energischste Gegner des Wohnhauses mit flachem Dach. "Das ist ein Geben und Nehmen. Wir haben bei dem Haus schon viele Zugeständnisse gemacht. Die Bauwerber sollten jetzt nicht auch noch auf das Dach bestehen", sagt Lang.

Diese Meinung teilt nicht jeder. Konrad Schrüfer (FW) sagt: "Wir haben in dem Baugebiet schon so viel genehmigt. Da kann ich diesem Haus auch zustimmen." Seine Meinung teilen Bürgermeister Hanngörg Zimmermann (BMG) und Daniela Drummer (FW). "Wir haben am Büchenstock Tür und Tor geöffnet. Hier konnte sich bisher jeder verwirklichen. Es wäre ungerecht, jetzt wegen des Dachs anders zu entscheiden", sagt sie.

Gleichbehandlung

Bürgermeister Zimmermann meint sogar: Es würde dem Gleichbehandlungsgrundsatz widersprechen, wenn die Gemeinde dem einen Bauherren eine andere Dachform als im Bebauungsplan erlaubt, dem anderen aber nicht. Deswegen hat er das Thema ein zweites Mal auf die Tagesordnung gesetzt. Obwohl die Mitglieder des Bauausschusses dem flachen Dach schon im Januar eine Abfuhr erteilt haben.

Darüber ärgert sich Altbürgermeister Lang, Zimmermanns abgewählter Vorgänger: "Ich bin ein bisschen sauer, weil ein Thema erneut auf der Tagesordnung landet. Offenbar solange, bis die Abstimmung das ergibt, was die Interessenten wollen." Er meint, das Gremium solle weichgekocht werden. Dieses Vorgehen sei nicht im Sinne der Gemeindeordnung.

Abhängig vom Einzelfall

Diesen Vorwurf lässt Zimmermann nicht gelten. Er wolle nur verhindern, dass das Landratsamt, wie schon einmal geschehen, der Gemeinde widerspricht. Denn die Aufsichtsbehörde kann den Bau anstelle der Gemeinde genehmigen. Holger Strehl, Sprecher des Landratsamtes Forchheim sagt: Ja, im äußersten Fall kann das Landratsamt die Zustimmung der Gemeinde ersetzen. Aber immer erst nach einer Prüfung. "Wenn in einem Baugebiet schon viele Ausnahmen bei Dächern gemacht wurden, ist das natürlich etwas anderes, als wenn jemand 20 Meter neben die Basilika bauen will." Heißt: Es hängt immer vom Einzelfall ab.

Zimmermann ermahnte seine Räte am Dienstagabend: "Wir sind hier nicht bei ,Wünsch-dir-was'. Unsere Aufgabe ist es nicht, zu beurteilen, ob uns das Haus gefällt. Wir müssen den Bebauungsplan prüfen, wir müssen die Ausnahmen vom Bebauungsplan prüfen, die wir bereits erteilt haben. Und dann müssen wir sachlich und gerecht entscheiden."

Mehrheit dagegen

Sein Zureden erhörten vier Räte nicht, sie waren in der Mehrheit. Gegen das Haus mit dem flachen Dach stimmten: Georg Bauernschmidt (SPD), Georg Lang (CSU), Georg Rodler (CSU) und Matthias Wendler (JuF).

Der zuständige Architekt ist auch am Tag nach der Entscheidung noch irritiert. "Bebauungspläne sind nicht dazu da, um die Gestaltung eines Hauses zu beeinflussen, sondern um Städtebau zu steuern." Weil der Gemeinderat bereits andere Dachformen erlaubt habe als im Plan stehen, habe er eine andere Entscheidung erwartet. "Ich fordere nicht mehr als andere bekommen haben. Aber auch nicht weniger."

Das Thema Baustil führt nicht nur in Gößweinstein zum Streit.