G8 oder G9 an Bayreuther Gymnasien?

Von Jana Stammberger und Frank Schmälzle
Was denn nun? Ab dem Schuljahr 2018/19 sollen die Gymnasien selbst wählen können, ob sie achtstufig, neunstufig oder beides sein wollen. Bayreuther Direktoren sagen: Für eine Entscheidung brauchen sie noch mehr Fakten. Foto: Archiv/dpa Foto: red

Was tun mit dieser Entscheidung der bayerischen Staatsregierung? Ab dem Schuljahr 2018/19 haben die Gymnasien die Qual der Wahl: Weiter mit dem achtstufigen Gymnasium, doch wieder ein neunstufiges, oder beides parallel. Das hat Kultusminister Ludwig Spaenle am Dienstag bekanntgegeben. Für Direktoren an Bayreuther Gymnasien sind zu viele Fragen offen. Was sie allerdings wissen: Kinder brauchen Zeit.

 
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G8 oder  G9? Für den Chef des Gymnasiums Christian-Ernestinum, Franz Eisentraut, ist die Lage noch zu unübersichtlich. Zum jetzigen Zeitpunkt stelle sich die Frage, wie es funktionieren soll, wenn sich ein Gymnasium für acht, das nächste für neun Klassen entscheidet. Ein Beispiel: die Stundentafel, die vorsieht, wie viele Stunden für ein Fach in einer Jahrgangstufe vorgesehen werden. Soll die für alle Gymnasien gleich sein? Oder soll jede Schule ihre eigene Stundentafel entwerfen, weil Gymnasium eben nicht gleich Gymnasium ist? Nächste Frage: Sollen die Schüler während ihrer gesamten Zeit an einem Gymnasium mehr Zeit zum Lernen haben? Oder bleibt es bei dem Modell der Mittelstufe Plus, an dem sich das GCE mit 46 anderen Schulen in Bayern beteiligt und das den Schülern in der Mittelstufe ein Jahr mehr Zeit lässt? Seit einem Jahr läuft dieses Modellprojekt. 75 Prozent der Schüler am GCE, die zu Beginn des vergangenen Schuljahres in die achte Klasse kamen, hatten sich für die Mittelstufe Plus entschieden. In der achten Klasse, die mit Beginn des kommenden Schuljahres startet, sind es über 80 Prozent. „Die Schüler nehmen die Wahlfreiheit in Anspruch.“ Und nicht nur die Schwächeren entscheiden sich für die längere Lernzeit. Die Effekte sind am GCE bereits sichtbar: „Wir haben in der Mittelstufe wieder einen Chor und eine Theatergruppe. Die Zufriedenheit der Schüler und Eltern mit der längeren Lernzeit ist groß.“ Das sei nicht nur an seiner Schule so, der Trend sei an allen 47 Modell-Gymnasien gleich. Trotzdem: „Ich sehe mich nicht als Befürworter des alten G 9“, sagt Eisentraut. „Aufgabe ist es, eine Schule zu schaffen, die den vielfältigen Anforderungen an die Schüler gerecht wird.“ Dazu gehöre es, die Lernzeit wieder auszuweiten. Schüler bräuchten die Zeit, auch um persönlich zu reifen. „Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.“

Eher G9 als G8? „Wir fassen die neun Jahre ernsthaft ins Auge“, sagt die Schulleiterin des Richard-Wagner-Gymansiums, Ursula Graf. Eine Entscheidung allerdings ist noch längst nicht gefallen. „Wir müssen abwarten, wie die Rahmenbedingungen aussehen.“ Die Stundentafel und der Lehrplan gehören dazu. „Erst wenn wir Klarheit haben, können wir planen.“ Das wird nach Angaben des bayerischen Kultusministers Ludwig Spaenle Ende 2016 oder Anfang 2017 der Fall sein. „Dann erarbeiten wir ein Konzept für unsere Schule“, sagt Graf. Dieses Konzept werde die Schwerpunkte des Richard-Wagner-Gymnasiums berücksichtigen. Das Gymnasium bietet einen wirtschaftswissenschaftlichen, einen sozialwissenschaftlichen und einen sprachlichen Zweig an.

G8 und G9 parallel an einem Gymnasium? Das wird nicht klappen, sagt der Direktor des Graf-Münster-Gymnasiums, Rolf Müller. Allein schon wegen der sinkenden Schülerzahlen. Und wegen der organisatorischen Probleme, vor die die Gymnasien damit gestellt würden. „Wir können kaum Parallelgruppen anbieten, die dann durch die Zweigwahl nochmals kleiner werden würden.“ Das Meinungsbild der Eltern tendiere deutlich zum G 9. Und das werde Auswirkungen gerade in Bayreuth haben: Fünf Gymnasien gibt es in der Stadt. „Für die Eltern wird es ein Entscheidungskriterium sein, welches Gymnasium sich für welches Modell entscheidet. Wir Schulleiter verstehen uns zwar gut. Am Ende stehen wir aber auch in einer Konkurrenzsituation um die Schüler.“  Was Müller vorschlägt: zurück zum G9 und begabten Schülern das Überspringen einer Klasse erleichtern.

G9 auf dem Land - G8 in den Ballungsräumen? Auch die Schulleiterin des Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasiums, Elisabeth Götz, hält wenig von einem gemischten Angebot von G8 und G9 an  Gymnasien. Einheitlich sollte die Schulausbildung schon sein. Sie erwartet, dass sich bei einer Entscheidungsfreiheit die ländlichen Gymnasien überwiegend für eine längere Schulzeit aussprechen würden, während in Großstädten mit höheren Schülerzahlen und knappen Kapazitäten eher die G8-Variante zum Tragen kommen werde. Und wer entscheidet denn eigentlich die Frage, ob G8 und G9 parallel eingeführt werden? Auf jeden Fall nicht die, die es betrifft. Eine Entscheidung über die Bildungsmöglichkeiten künftiger Generationen sollte auch von diesen getroffen werden. Stattdessen wird die Debatte unnötig in die Länge gezogen, sagt Götz. Darum ihr Vorschlag: „In dieser Sache sollten sich jetzt Schüler, Eltern und Schulleiter vehement zu Wort melden.“

Info: Der Direktor des Wirtschaftswissenschaftlichen Gymnasiums, Dieter Sippel, war nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

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