Faktencheck zum Haager Schulstreit

Von Thorsten Gütling
Wohin mit den Haager Grundschülern? An die Robert-Kragler-Schule in Creußen, die zum Teil der Gemeinde Haag gehört? Oder an die Lerchenbühlschule in Bayreuth? Was kostet wieviel. Der Faktencheck im Kurier. Foto: Ralf Münch Foto: red

Am 24. April stimmen die Haager Bürger ab. Sollen ihre Grundschulkinder künftig in Bayreuth oder Creußen unterrichtet werden? Eine Bürgerinitiative und Gemeinderäte werfen sich Meinungsmache und Falschaussagen vor. Schulrat Werner Lutz, Klaus Ruckriegel von der Rechtsaufsicht im Landratsamt und Martin Dannhäußer, Vorsitzender des Schulverbands Creußen, klären auf.

 
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Die Initiatoren des Bürgerbegehrens sagen: Die Gemeinde Haag hat jahrelang Kopfpauschalen an Bayreuther Schulen überwiesen, aber ihr Mitspracherecht nicht wahrgenommen. Stimmt das?

Antwort: Die Stadt Bayreuth und die Gemeinde Haag haben 2009 einen Vertrag geschlossen. Darin ist geregelt, dass die Stadt den Schulaufwand übernimmt. Im Gegenzug zahlt die Gemeinde Beiträge, die sich nach dem Schulfinanzierungsgesetz berechnen. Pro Jahr und Schüler sind das für Grund- und Mittelschulen je 1500 Euro. Die Gemeinde Haag erwirbt dadurch aber kein weiteres Mitspracherecht.

Der Haager Bürgermeister Robert Pensel kritisiert, dass am Schulstandort Creußen zu wenige Klassen gebildet werden und deshalb zu viele Haager Kinder bis nach Pegnitz fahren müssen. Hätte die Gemeinde das ändern können?

Antwort: Nein, die Gemeinde nicht. Die Klassenbildung innerhalb eines Schulverbundes funktioniert so: Auf Grundlage der gemeldeten Schüler wird dem Schulverbund die Zahl der zu erwartenden Lehrerstunden zugeteilt. Auf dieser Grundlage wird der Verbundkoordinator eine erste Grobplanung für die Klassenbildung an den Mittelschulen im Verbund erstellen. Er ist bei der Planung an die Vorgaben der Verbundvereinbarung gebunden, beispielsweise zu Standorten von M-Klassen und Ganztagsangeboten. Dem müssen die einzelnen Schulleiter und der Verbundausschuss zustimmen. Diesem Ausschuss gehören für jede am Schulverbund beteiligte Schule ein Vertreter der Gemeinde, der Schulleiter, der Elternbeiratsvorsitzende und die Schülersprecher an. Wird sich der Ausschuss nicht einig, entscheidet der Verbundkoordinator.

Wenn das Bürgerbegehren Erfolg hat und künftig nicht nur alle Mittelschüler, sondern auch alle Grundschüler der Gemeinde Haag in Bayreuth unterrichtet werden, ist dann der Schulstandort Creußen in Gefahr?

Antwort: „Zwei bis drei Grundschüler mehr könnten uns guttun“, sagt Martin Dannhäußer. Die Creußener Grundschule könnte dann drei- statt zweizügig geplant werden. Bei der Mittelschule sieht das etwas anders aus. Dannhäußer befürchtet, dass in Creußen schon im nächsten Schuljahr keine Mittelschulklasse mehr unterrichtet wird. Sicher sei das erst nach Ablauf der Anmeldefrist. Eine Schätzung will er nicht abgeben. Das Schulamt sagt: Auf der Basis einer langfristigen Schülerzahlprognose und in Absprache innerhalb des Schulverbunds muss geprüft werden, ob der Standort dann erhalten werden soll.

Was ist dran an der Aussage des Haager Bürgermeisters Robert Pensel, die Stadt Bayreuth habe den Stein ins Rollen gebracht, indem sie höhere Preise für den Schülertransfer nach Bayreuth forderte? Um wieviel mehr geht’s eigentlich?

Antwort: Bisher sah der Vertrag zwischen Haag und Bayreuth vor, dass die Beförderungspauschale zur Lerchenbühlschule 50 Euro je Schüler betrug. In dem von der Stadt vorgelegten Änderungsvertrag soll der Preis auf 70 Euro angehoben werden. Grund ist eine kostendeckende Anpassung. Auslöser des Haager Schulstreit wäre demnach eine Erhöhung der Kosten um insgesamt 240 Euro pro Jahr.

Die Initiative für das Bürgerbegehren sagt: Der Gemeinderat hat sich für die mit Abstand teuerste Lösung entschieden. Stimmt das?

Antwort: Seit vergangenem Mittwoch steht fest: Für einen Mittelschüler, der in Creußen unterrichtet wird, muss die Gemeinde Haag 1500 Euro im Jahr überweisen, für einen Grundschüler 1510. Inklusive ist dabei der Transport zur Schule. Die Kosten in Bayreuth wären demnach für jeden Grund- und Mittelschüler im Jahr 1500 Euro hoch. Dazu kämen an Transportkosten zur Lerchenbühlschule 70 Euro pro Schüler und Jahr, zu jeder anderen Schule wäre es der aktuelle Preis eines Monatstickets für den Stadtbus. Derzeit sind das 15,70 Euro für Kinder bis zehn Jahre und 30,70 Euro für ältere. Tatsächlich wären die Kosten für einen Grundschüler in Bayreuth 60 Euro im Jahr höher als in Creußen. Blieben die Schülerzahlen so, wie in diesem Jahr, wären das Mehrkosten von 2300 Euro im Jahr für die Gemeinde.

Müsste die Gemeinde Haag aus dem Grundschulverband austreten, wenn sie ihre Kinder nicht mehr nach Creußen schickt? Und was bedeutet das für die anderen Mitglieder des Schulverbands?

Antwort: Bei der Einbeziehung des gesamten Gemeindegebietes Haag in einen Sprengel der Stadt Bayreuth würde die Gemeinde Haag von Rechts wegen aus dem Schulverband Creußen ausscheiden. Der Schulverband würde mit den restlichen Mitgliedsgemeinden, Creußen und Prebitz, weiter existieren. Allerdings müsste geklärt werden, was mit dem Haager Anteil am rund vier Millionen Euro teuren Creußener Schulhaus geschieht. Der Schulverband könnte einem Abzug des Haager Sprengels aber auch widersprechen. Genauso wie die Stadt Bayreuth oder die Regierung von Oberfranken.

Im Mittelpunkt der Diskussion stehen die Kinder aus Unternschreez und Haag. Was passiert mit den Kindern anderer Ortsteile, beispielsweise aus Spänfleck, die derzeit die Grundschule in Hummeltal besuchen?

Antwort: Wenn alle Schüler aus der Gemeinde Haag einem Schulstandort zugeführt werden sollen, wären grundsätzlich auch die Schüler aus dem Ortsteil Spänfleck betroffen.

Unterschiedlicher Meinung sind Initiative und Gemeinderat in der Frage, wieviele Anträge von Haager Eltern in letzter Zeit abgelehnt wurden, die einen Gastschulantrag für Bayreuther Schulen gestellt hatten.

Antwort: Bürgermeister Robert Pensel beteuert: Im vergangenen Schuljahr sei das genau ein Antrag gewesen. Der Antragssteller hat die Entscheidung anschließend auch nicht angefochten. Dann nämlich würde das Landratsamt eingeschaltet. Dort heißt es: Es liegen keine Widersprüche vor.

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