Sessellift außer Betrieb - Tagesgäste fehlen Bayreuther Hütte: In prekärer Lage

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Auf der Bayreuther Hütte in Tirol ist es ruhig geworden. Zu ruhig. Der Hüttenwirt wähnt sich in einer prekären Lage. Foto: red Foto: red

Wer tagsüber die Bayreuther Hütte im Rofangebirge erreicht, der kann den Blick ins Inntal, das Zillertal und das Alpbachtal in aller Stille genießen. Nur noch selten kommen Tagesgäste hinauf. Die Übernachtungsgäste erreichen die Hütte erst am späten Nachmittag. So herrscht Ruhe auf der weitläufigen Terrasse. Diese Ruhe macht dem Hüttenwirt Anton Herrmann schwer zu schaffen.

 
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Seit dem Sommer 2015 steht die Sonnwendjochbahn, ein kleiner Sessellift, still. Und zwar aus technischen Gründen, die Betriebserlaubnis ist erloschen. Es hätten neue Rollen eingebaut, die Seilführung verbreitert und alle Sessel getauscht werden müssen. Ob die Statik der Bahn die Neuerungen aushalten würde, sei auch nicht sicher, so Bernhard Zisterer, Bürgermeister von Kramsach. Der Lift überwand rund 1000 Höhenmeter, die Tagesgäste nun laufen müssen. Doch das ist der Mehrheit zu anstrengend. So bleiben der Hüttenwirt Anton Herrmann und seine Helfer tagsüber unter sich.

Übernachtungen mehr als verdoppelt

Seit elf Jahren führt Anton Herrmann die Hütte der Bayreuther Alpenvereinssektion erfolgreich. In der Zeit haben sich die Übernachtungen auf rund 2700 mehr als verdoppelt. Das hilft zwar der Sektion in Bayreuth, aber dem Hüttenwirt nicht. „Am Wochenende sind wir zwar immer voll. Aber das Tagesgeschäft ist völlig eingeschlafen“, berichtet Herrmann. „Für Kaffee und Kuchen mindestens drei Stunden lang zu gehen, ist den meisten Leuten einfach zu weit. Früher war das anders, aber mittlerweile ist die Gegend etwas für Leute, die Einsamkeit suchen und eigentlich niemanden treffen wollen.“

Die besseren Zeiten

Anton Herrmann erinnert sich an bessere Zeiten. Da transportierte die Sonnwendjochbahn 30.000 bis 40.000 Touristen pro Saison auf den Rosskopf. 2000 bis 3000 davon machten sich auf den Weg zur Bayreuther Hütte, die man von der Bergstation des Liftes sehen kann. Doch das ist vorbei. „Von Montag bis Freitag kommen in der Regel nur noch zehn Tagesgäste.“ Für den Hüttenwirt bedeutet das Leerlauf, Leerlauf, Leerlauf. „Für mich ist das wirklich schwierig, mit den Einnahmeausfällen zurecht zu kommen“.

Mehr Bettengeld für den Hüttenwirt

Das Problem des Hüttenwirts ist bei der Sektion in Bayreuth bekannt. Bereits im vergangenen Jahr waren die ausbleibenden Tagesgäste das Thema einer Besprechung. Der Vorstand ist dem Hüttenwirt finanziell entgegengekommen. „Wir haben daraufhin das Bettengeld“ kräftig angehoben“, sagt der Vorsitzende Joachim Fend. Jahr für Jahr nehme die Sektion Geld in die Hand, um die Hütte in Schuss zu halten. „Wir haben erneut rund 20000 Euro investiert“, so Fend. Der Abwasserbehälter musste repariert werden. Zudem gab es neue Matratzen und zwei neue Fenster mussten sein. Notwendig war auch ein Weidezaun, um die Ziegen vom benachbarten Anwesen von der Terrasse der Hütte fern zu halten. Fend räumt ein, dass der Sektion ein Teil ihrer Einnahmen fehlt, weil sie das Bettengeld für den Hüttenwirt angehoben hat.

Doch das genügt nicht, um die Verluste im Tagesgeschäft auszugleichen. Hüttenwirt Herrmann spricht von einer für ihn prekären Lage. Er ist skeptisch. „Ich kann ja nur noch hoffen, dass sich in Sachen Reaktivierung oder Neubau des Liftes etwas tut.“

Rückblick

 

  • Anfang Juni 2015: Die Sonnwendjochbahn bleibt geschlossen wegen technischer Mängel, berichtet die Lokalzeitung Rofan-Kurier. Das kommunalpolitisches Drama um den 1968 gebauten Sessellift beginnt. Die Vorwürfe der Bürger richten sich gegen die Alpbacher Bergbahnen. Sie hätten den Lift in einem besseren technischen Zustand halten müssen.
  • Anfang Februar 2016: Der Eigentümer, die Alpbacher Bergbahnen, kann die nötigen 800.000 Euro für die Sanierung offenbar nicht allein aufbringen. Daher sollen die Kosten  nun zu je 25 Prozent auf die Gemeinde Kramsach, den Tourismusverband, die Alpbacher Bergbahnen und die Gemeinden in der Region aufgeteilt werden.  Doch nicht alle wollen zahlen. Argument: Warum soll die öffentliche Hand drei Viertel der Kosten für die Sanierung eines privaten Betriebes aufbringen.
  • Anfang Juli 2016: Vor der Gemeinderatswahl wird ein Sanierungs-Plan für die Sonnwendjoch-Bahn präsentiert. Damit sollte 2016 der Sommer-Betrieb gesichert werden. Doch die Bahn steht. Eine Bustaxi-Lösung scheitert an der Ablehnung der Agrargemeinschaft(en) Münster, die die Wege pflegen.
  • Ende November 2016: Der Kramsacher Lift wird abgebaut. Die Erneuerung ist zu teuer. Der Kramsacher Gemeinderat sucht nun nach Alternativen für den Lift.
  • Mitte Dezember 2016: Im Gemeinderat präsentiert Bürgermeister Bernhard Zisterer den Plan für eine neue Seilbahn und die Wiederbelebung des Rofan-Gebietes. Eine Zehner-Gondel-Bahn mit 22 Stützen und versetzter Bergstation soll gebaut werden. 34 Gondeln sollen im Vollbetrieb 800 Personen pro Stunde auf die Rosswies befördern. Die Bergstation würde versetzt und östlich des Rosskopfes gebaut werden.
  • Mitte April 2017: Die Bürgermeister-Liste bleibt mit den Grünen allein in der Arbeitsgruppe "Lift" des Gemeinderats. Der Vertreter des Bündnisses "Gemeinsam für Kramsach schmeißt hin. Grund ist ein Presseartikel über einen Investor für den Lift. Bürgermeister Zisterer will das Thema Lift "warm halten".
  • Mitte Mai 2017: Die Tiroler Tageszeitung berichtet von der Insolvenz der Sonnwendjochbahn. Angeblich bestehen Verbindlichkeiten von rund 900.000 Euro.

 

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