Überraschung im Bauausschuss: Oberbürgermeisterin legt veränderten Beschluss vor Archiv: Stadträte flirten mit Neubau

Von Frank Schmälzle
Ist der alte Stadtbauhof der richtige Ort für das Stadtarchiv? Die Sanierung kostet voraussichtlich sechs Millionen Euro. Der linke Kopfbau bereitet die größten Probleme: Die Eichenpfähle, auf denen der Bau aus den 1930er Jahren steht, sind verrottet, das Gebäude sackt ab. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Erst einmal abwarten, was der Bürgerentscheid zur Graserschule am 13. März bringt. Die Mitglieder des Bauausschusses haben am Dienstag eine Grundsatzentscheidung darüber vertagt, ob das Stadtrachiv in den ehemaligen Stadtbauhof am Hohenzollernring umziehen soll. An den Plänen der Verwaltung und der Oberbürgermeisterin, das denkmalgeschützte Gebäude für sechs Millionen Euro zu sanieren und zum Archiv umzubauen, haben inzwischen immer mehr Stadträte Zweifel. Und: Ein Neubau scheint jetzt möglich.

 
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Der Schwenk kam plötzlich: Eigentlich hätte der Bauausschuss beschließen sollen, dass die Verwaltung die Planung zum Umbau des alten Bauhofs zum Stadtarchiv "zügig vorantreiben" und für den Haushalt 2017 Baugelder in den Haushalt einstellen solle. Das wäre eine Vorentscheidung gewesen. Dagegen hatten sich im Vorfeld der Sitzung Stadträte der CSU und der SPD gewandt. In der Sitzung zogen Baureferent Hans-Dieter Striedl und Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe einen anderen Beschlussvorschlag aus der Tasche. Die Entscheidung über den richtigen Platz für das Stadtarchiv solle bis nach dem Bürgerentscheid über die Graserschule vertragt werden. Weil ein Teil der Graserschule als Stadtarchiv in Betracht kommt, sollte sich die Mehrheit der Bayreuther am 13. März für einen Schulneubau aussprechen. Was allerdings mit dem veränderten Beschlussvorschlag erreicht ist: Im Haushalt der Stadt für 2016 sind 350000 Euro an Planungsmittel für ein neues Domizil des Stadtarchivs enthalten. Nach dem Bürgerentscheid kann die Verwaltung also handeln.

Die Riesenchance für Bayreuth

Grund dafür: Bayreuth hat eine Riesenchance, sagt die Oberbürgermeisterin. Mehrere Stämme der Familie Wagner haben signalisiert, Nachlässe nach Bayreuth zu vergeben. Konkret nannte Merk-Erbe den Nachlass von Wieland Wagner. Die Nachlassverwalter stellten allerdings eine Bedingung: Es müssen geeignete Räume vorhanden sein. Den alten Stadftbauhof sieht die Oberbürgermeisterin als den richtigen Standort an. Weil genügend Raum für das Stadtarchiv vorhanden sei. Weil losgelöst davon Raum für die Wagner-Nachlässe geschaffen werden könne - in unmittelbarer Nähe zum Richard-Wagner-Museum. Das dort geplante Depot werde für die Nachlässe aber nicht ausreichen. Merk-Erbes drittes Argument: Der alte Stadtbauhof gehört der Stadt, er ist ein Denkmal. Die Stadt habe die Pflicht, ihre historischen Gebäude zu erhalten und sinnvoll zu nutzen. Fehler der Vergangenheit dürften sich nicht wiederholen: "Wir würden uns die Finger schlecken, hätten wir heute noch das Reitzensteinpalais."

Sanieren und neu bauen - das geht beides

Das sehen nicht alle Stadträte so. Es ist eben nicht unbedingt Aufgabe der Stadt, alte Gebäude im Besitz zu haben und Jahr für Jahr hohe Summen für deren Unterhalt aufzubringen, sagt Stefan Schuh (Junges Bayreuth). Er könne sich einen Verkauf des Gebäudes vorstellen. Und auch einen Neubau für das Stadtarchiv. Sechs Millionen Euro für die Sanierung des Bauhofs schrecken ihn. Aber: Dieser hohe Betrag komme vor allem deshalb zustande, weil nach den bisherigen Vorgaben aus dem alten Stadtbauhof ein Archiv mit besonderen technischen Ansprüchen werden solle. Wenn sich das ändert, wenn der Stadtbauhof nicht als Archiv saniert werden muss, sinken die Kosten. Und dann bleibt Geld für einen Neubau.

Was manchen Stadtrat ärgert: Die Verwaltung hat neben dem ehemaligen Bauhof nur ein weiteres Gebäude auf seine Tauglichkeit als Stadtarchiv geprüft. Die ehemalige Bundesbank-Filiale an der Rosestraße. Das Ergebnis: Weder ist das Gebäude geeignet, noch lässt sich ein Umbau wirtschaftlich darstellen.

"Wenn wir das vermasseln, gehören wir abgeschellt"

Georg Kämpf (BG) redet seinen Kollegen ins Gewissen. "Wir müssen uns bis zum Bürgerentscheid im März im Klaren sein, welche der drei Optionen für das Stadtarchiv wir wollen." Graserschule, falls ein Schulneubau kommt. Alter Bauhof oder eben einen Neubau für das Archiv. "Die Sache drängt und wir sollten dann nicht in eine langwierige Diskussion geraten. Denn wenn wir die Chance auf die Wagner-Nachlässe vermasseln, gehören wir links und rechts abgeschellt."

Übrigens: Die Schlaraffia Baruthia könne mit dem Vertagen der Entscheidung leben, sagt der stellvertretende Vorsitzende Dieter Schweingel. Der Verein ist Mieter in dem ehemaligen Bauhof. Nicht nur weil Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe eine verträgliche Lösung, vielleicht sogar ein weiteres Verbleiben des Vereins in dem Gebäude angekündigt hat. Auch, weil sich neue Perspektiven ergeben hätten. Schweingel: "Ich kann mir einen Neubau für das Stadtarchiv und eine Sanierung des Bauhofes vorstellen." Beides sei innerhalb des Kostenrahmens von sechs Millionen Euro wohl zu machen. "Und dann könnten wir unsere Burg behalten" - die Schlaraffen nennen ihre Räume die "Gralsburg".

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