Teuer: Viele Händler brauchen neue Kassen

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Sie beraten schon lange zum Thema elektronische Kasse (GOBD) (von rechts): Sabine Köppel, Tobias Hoffmann, Daniel Baier. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Es ist zwar seit 2010 bekannt, doch jetzt wird es langsam eng, weil zum Jahresende die Übergangsfrist abläuft. Ab 1. Januar 2017 müssen elektronische Kassen neue Anforderungen erfüllen – für die meisten Einzelhändler bedeutet das Investitionen in eine neue Kasse oder zumindest ein Software-Update. Die Händler müssen also handeln.

 
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Worum geht es?
Zunächst um dieses Ungetüm: „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD). Damit schreibt das Bundesfinanzministerium ab 1. Januar 2017 neue Standards für elektronische Registrierkassen vor. Diese müssen dann gewährleisten, dass alle einzelnen Buchungen jederzeit verfügbar, maschinell les- und auswertbar sind – und zwar für einen Zeitraum von zehn Jahren. Das gilt auch für Buchungsabbrüche oder Stornos. Bislang war erlaubt, dass eine elektronische Kasse am Abend einen einzigen Tagesabschlussbon ohne Einzelbuchungen ausdruckt, der archiviert wurde.

Was soll damit erreicht werden?
Der Gesetzgeber will damit Betriebsprüfungen und in einem späteren Schritt auch spontane Kontrollen vor Ort erleichtern, indem Prüfer sofortigen und direkten Zugang über eine elektronische Schnittstelle auf die Kasse haben. Ein Hintergrund ist die Annahme, dass regelmäßig Milliarden Euro an Kassen und damit auch am Fiskus vorbeigeschleust werden.

Muss künftig jeder Händler eine elektronische Kasse haben?
„Nein – aber“, sagt Tobias Hoffmann (Leiter Referat Steuern, Finanzen, Handelsregister bei der IHK), der zusammen mit Sabine Köppel (Bezirksgeschäftsführerin Handelsverband Bayern) und Prof. Daniel Baier (Mitglied des Handelsausschusses der IHK) am Kurier-Telefon Leserfragen zum Thema beantwortete. Wer bislang keine elektronische Kasse hat – also zum Beispiel Markthändler oder Freiberufler –, muss auch keine anschaffen. Er kann wie bisher eine sogenannte offene Kasse und ein Kassenbuch führen. „Wer aber eine elektronische Kasse hat, der muss ab Januar auch die neuen Standards erfüllen“, sagt Hoffmann. Und das sei die große Mehrzahl der Händler, denn ohne solche Kassen lassen sich die Geschäfte ab einer gewissen Größe heute gar nicht mehr führen, zumal oft auch noch andere Systeme wie die Warenlogistik angegliedert sind.

Was kommt also auf die Händler zu?
Wer schon jetzt ein relativ modernes Kassensystem hat, bei dem reicht eventuell ein Software-Update und eine Ausweitung der Speicherkapazitäten, denn über zehn Jahre fallen natürlich teils enorme Datenmengen an. Viele werden aber nach Einschätzung unserer drei Experten nicht um eine Neuanschaffung herumkommen. Und die könne 3000 bis 6000 Euro teuer sein – pro einzelner Kasse. Insgesamt macht das in Deutschland hohe Millionen-, wenn nicht Milliardenbeträge aus.

Ist es damit dann getan?
Leider nein, befürchten Köppel, Hoffmann und Baier. Der Grund: Der Gesetzgeber bereitet bereits eine Verschärfung der Regelungen vor, die ab 2019 gelten soll. Mit ihr sollen auch Kassenmanipulationen an sich ausgeschlossen werden. Mit der Folge, dass der Händler nicht weiß, ob seine jetzt gekaufte neue Kasse die ab 2019 geltenden Anforderungen erfüllt oder sich zumindest dementsprechend aufrüsten lässt. „Das sorgt für neue Unsicherheit im Handel“, beklagt Sabine Köppel, die deshalb ihren Mitgliedsbetrieben rät, sich mit einer Neuanschaffung noch bis zum Herbst zurückzuhalten: „Vielleicht wissen wir dann ja schon ein bisschen mehr.“

Am besten also noch abwarten?
So weit wollen Köppel und Hoffmann dann auch nicht gehen. Wer es noch nicht getan habe, solle sich bei seinem Kassenhersteller auf jeden Fall schon einmal erkundigen, ob sich sein bisheriges System aufrüsten lässt oder ob es doch eher auf eine Neuanschaffung hinausläuft. So könne man vermeiden, in Zeitnot zu kommen, weil es möglicherweise Richtung Jahresende zu Lieferengpässen kommt. Laut Hoffmann kann es ärgerliche Folgen haben, wenn die neuen Anforderungen nicht erfüllt werden. Der Jahresabschluss könne bei einer Betriebsprüfung verworfen und stattdessen geschätzt werden – mit einem für den Händler nachteiligen Aufschlag.

Was drückt den Handel bei dem Thema noch?
Da sind sich unsere drei Experten einig. „Dass alle unter Generalverdacht gestellt werden, weil es einige schwarze Schafe gibt, das tut den Händlern richtig weh“, sagt Köppel. Und Hoffmann gibt zu bedenken, ob es der richtige Weg ist, eine ganze Branche mit hohen Kosten und zusätzlicher Bürokratie zu belasten, nur um einigen wenigen auf die Schliche zu kommen: „Kassenmanipulationen sind kein Kavaliersdelikt, das steht außer Zweifel. Aber wäre es nicht besser, im Verdachtsfall die Betriebsprüfungen zu intensivieren, als einen ganzen Wirtschaftszweig unter Generalverdacht zu stellen?“ Und Baier ergänzt: „Das könnte wieder ein Sargnagel für kleine Einzelhändler sein, weil die sich jetzt zweimal überlegen, ob sie die nötigen Investitionen noch stemmen können, wo es ihnen doch oft sowieso schon nicht so gut geht. Da stellt sich schon die Frage, ob das politisch so gewollt ist. Denn der Onlinehandel ist ja nicht betroffen, aber zum Beispiel der kleine innerstädtische Laden, der sowieso schon zu kämpfen hat.“

Gibt der Handel die Kosten weiter?
„Die Betriebe werden wohl versuchen, einen Teil der Kosten weiterzugeben“, sagt Sabine Köppel. Aber wegen des harten Preis- und Konkurrenzkampfs sei das gar nicht so einfach. Das heiße im Umkehrschluss, dass die Händler zusätzliche Kosten stemmen müssen, „die ihm im Verhältnis zum Kunden fehlen“. Es müsse also beim Marketing oder bei Aktionen gespart werden.

Weitere Informationen zum Thema gibt es hier:

Handelsverband Bayern, Bezirk Oberfranken: Telefon: 09 21/72 63 00; Mail: oberfranken@hv-bayern.de

IHK für Oberfranken (Bayreuth), Tobias Hoffmann: Telefon: 09 21/88 62 25; Mail: T.Hoffmann@bayreuth-ihk.de

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