Software von Xavo plant Produktionsprozesse minütlich neu, wenn es sein muss Das Navi für die Industrie 4.0

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Das Xavo-Team ist bunt gemischt, mit im Schnitt 35 Jahren aber relativ jung. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Ist eine Software-Schmiede mit 40 Mitarbeitern klein? Für Detlef Riedel, Vorstandschef der Bayreuther Xavo AG, ist etwas ganz anderes wichtig. „Wir müssen innovativ sein, Lösungen bieten für Dinge, für die es bislang keine Lösungen gibt und dabei schnell sein.“

 
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Sagt sich leicht, doch Riedel hat ein kaum von der Hand zu weisendes Argument auf seiner Seite: „Unsere Kunden heißen BAT, Roche, Novartis oder Japan Tobacco International. Warum sonst sollten die Lösungen von uns wollen?“ Schließlich seien diese Konzerne groß, richtig groß – mit eigenen IT-Abteilungen, die allein ein Vielfaches der Xavo-Mannschaft beschäftigen und das „Normale“ selber beherrschen. Da sei die 2000 gegründete Xavo, die seit 2005 auch eine Niederlassung in Basel hat, wie ein Schnellboot zwischen Tankern. Ein Bild, das Riedel gefällt, der in seinem „früheren Leben“ beim Zigarettenhersteller BAT für die IT-Steuerung der Produktion in den europäischen Werken verantwortlich war.

Junges Team

Der Xavo-Chef kennt sich also aus mit industriellen Produktionsabläufen und hat mit seinem jungen Team – der Altersdurchschnitt liegt bei 35 Jahren – Lösungen erarbeitet, die unter das Schlagwort Industrie 4.0 passen. Mit radikalen Veränderungen in den Fabrikhallen. „Früher hat man gedacht, man kann den kompletten Produktionsprozess vorausplanen bis hinunter an jede einzelne Maschine und möglichst für eine Woche im Voraus. Wenn es dann irgendwo gehakt hat, dann oft richtig“, sagt Riedel. Heute sei das dank der Erfassung einer Unmenge von Daten ganz anders: „Man weiß stets in Echtzeit, wie weit ein Auftrag in der Fabrik ist.“ Mit der Folge, dass der Produktionsplan durch die entsprechende Software ständig angepasst werden könne. Wenn nötig also Reaktion im Minutentakt statt Wochenplan, wobei immer der gesamte Produktionsprozess im Blick gehalten werde, nicht nur einzelne Abschnitte.

Wie ein Navigationssystem

Riedel vergleicht das gerne mit einem Navigationssystem im Auto, das ständig auf die Verkehrsverhältnisse achten, bei Staus Umfahrungen anbieten und auf das reagieren müsse, was der Fahrer macht. In der Produktion sieht das dann so aus: Das Produkt erreicht eine gewisse Fertigungsstufe und „fragt“ die nächste Maschine, ob sie bereit ist. Zugleich aber wird abgeglichen, ob es nicht günstiger ist, eine andere Maschine zu nutzen, weil die gerade Kapazitäten hat. Oder vielleicht ist es sogar besser, gleich eine dritte Maschine umzurüsten, was zwar Zeit kostet, die aber dafür dann länger zur Verfügung steht. Was wiederum günstig ist, wenn ein größeres Produktionsvolumen ansteht. Überwacht und gesteuert von der Xavo-Software – mit Entscheidungs- und Eingriffskompetenz des Menschen, wie Riedel betont. Der Vorteil: Produktions- und Rüstzeiten werden ebenso optimiert wie die sowohl kurz- als auch langfristige Lagerhaltung. „Und am Ende des Tages rechnet es sich.“

In der Anfangsphase des Unternehmens „haben wir fast jeden Auftrag angenommen“, sagt Riedel. Schließlich musste man ja erst mal auf die Beine kommen. Doch irgendwann begann die Spezialisierung, und mittlerweile sei Xavo ein erfolgreicher Nischenanbieter, der sich seit etwa 2012 vor allem auf die beiden Bereiche Nahrungs- und Genussmittelindustrie sowie Pharmaindustrie konzentriert.

Neues Feld Pharma

Dabei sei gerade auch der Pharmabereich sehr interessant. Hier gelte es bei der Suche nach neuen Medikamenten, Zellkulturen mit Wirkstoffen zusammenzubringen und anschließend jederzeit reproduzierbare Ergebnisse zu bekommen. Was nur möglich sei, wenn Maschinen und Software exakt aufeinander abgestimmt sind. Entsprechend eng sei die Zusammenarbeit zwischen Pharmaunternehmen, Maschinenbauer und eben Xavo bei solchen Projekten bereits im Vorfeld.

Auch hier bemüht Riedel gern das Beispiel des Navigationssystems. „Es gibt das Auto mit seiner eigenen Hard- und Software. Und dann kommen wir und bauen als zusätzliche Lösung das Navi ein, das wichtige neue Anwendungen erlaubt. Wir brauchen also im übertragenen Sinne die Plattform Auto, und das Auto braucht uns als Mehrwert.“ Wobei eine nicht zu unterschätzende Hürde ist, dass die Xavo-Software nahtlos mit der im entsprechenden Unternehmen verwendeten Software harmonieren muss.

20 Prozent Wachstum

„Die neuen, eigenen Produkte geben uns ein Alleinstellungsmerkmal“, sagt Riedel. Die namhaften Referenzkunden, zu denen in der Region auch der Bayreuther Spezialist für Dokumenten- und Datenlesegeräte Desko gehört, öffnen neue Türen. Und so soll das Unternehmen in Zukunft kräftig wachsen, nach einer Zeit der Investitionen jetzt die Ernte eingefahren werden. „Wir planen dank der neuen Produkte mit einem jährlichen Zuwachs der Erlöse von 20 Prozent. Unsere Zukunft sieht gut aus“, sagt Riedel – ausgehend von derzeit vier Millionen Euro Umsatz bei ordentlicher Profitabilität. Auch die Mitarbeiterzahl könnte leicht steigen, derzeit sind zum Beispiel drei Auszubildende mit an Bord. Außerdem behilft man sich mit externen Partnern, um Spitzen abzufedern. „Das bringt auch mal frische Ideen ins Unternehmen“, sagt Riedel.

So richtig groß aber wird sein Laden wohl nie werden. „Wir wollen lieber innovativ und schnell sein.“ Schließlich sind die Fabriken, die mit Xavo-Software gesteuert werden, die viele Millionen Euro wert sein können und in ganz Europa, den USA, Mexiko oder China stehen, schon groß genug.

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