Rick Wheeler singt vom Schneeberg

Einst Luftwaffe, heute Adidas

Rick Wheeler (76), der heute in Virginia lebt, war gerade 20 Jahre alt, als seine schicksalhafte Reise in der "Herzo Base" begann. Die Herzo Base, ein ehemaliger Flugplatz der Hitler-Luftwaffe, gibt es in Teilen heute noch, sie ist heute Hauptquartier des Sportartikelherstellers Adidas. Doch vor fast 57 Jahren war hier eine amerikanische Einheit stationiert, um die die US-Regierung bis heute Geheimnisse macht: die "Army Security Agency" - der Geheimdienst des US-Heeres. Die ASA war in Ländern aktiv, wo sie offiziell nie war. Wie zum Beispiel Vietnam. Rick Wheeler selbst war später etwa in Äthiopien stationiert. Die bis heute fortdauernde offizielle Geheimniskrämerei hängt womöglich damit zusammen, dass nach Auflösung der ASA ihre Aufgaben von der "National Security Agency" (NSA) übernommen wurden ...

Frontsoldat im Kalten Krieg

Rick Wheeler war ein Frontsoldat im Kalten Krieg. Seine Waffen waren nicht tödlich, aber trotzdem potenziell kriegsentscheidend: hochkomplexes elektronisches Gerät, mit dem vom Schneeberg aus Funksprüche hinter dem Eisernen Vorhang abgehört und Radarsignale verfolgt wurden, um möglichst früh einen möglichen Überraschungsangriff des Warschauer Paktes erkennen zu können. "Da unsere Mission geheim war, durften wir keine Fotos vom Innern der Diensträume machen", so Rick. Und verboten war aus dem gleichen Grund noch etwas anderes: "Uns war nicht erlaubt, enger oder sogar romantisch mit der einheimischen Bevölkerung zu verkehren."

Aber diese Regel scheiterte oft an der Realität - "bei mir auf alle Fälle!" Denn im Jahr 1960 fiel ihm im "Roten Ochsen" in Röslau ein Mädchen auf. "Ich konnte nicht die Augen von ihr lassen und nahm all meinen Mut zusammen, sie zum Tanz zu bitten, denn ich war nie ein guter Tänzer. Es war die wohl beste Entscheidung meines Lebens." Das Mädchen hieß Wilma, und die beiden sind bis zum heutigen Tag verheiratet. Sohn Thomas kam 1962 im US-Militärhospital in Nürnberg zur Welt.

Zweiter Platz bei Talentshow

Rick mag kein guter Tänzer gewesen sein, aber er konnte Gitarre spielen. Bevor er auf den Schneeberg versetzt wurde, spielte er in einer Band, die gelegentlich auch auftrat mit Rock'n'Roll der 50er Jahre. Beim Semifinale der Europäischen Talentshow in Nürnberg belegte die Band den zweiten Platz. Mit einem Song von Ricky Nelson. Und einem Song, den Rick Wheeler selbst geschrieben hatte.

1964 verließ Rick den Schneeberg. Damit war er deutlich länger als die allermeisten Kameraden geblieben; die übliche Dienstzeit auf dem Schneeberg betrug zwei Jahre.

Schock und Enttäuschung

Dass er nach über 35 Jahren wieder zur Gitarre griff, hat einen traurigen Grund. Im August 2004 war Rick mit seiner Frau zum letzten Mal in Deutschland. Er besuchte auch den Schneeberggipfel. Das alte "Operations building", das Symbol für die besten Jahre seines Lebens, das Haus aus "Mörtel und Stein", das er mehr als 40 Jahre zuvor als erstes auf dem Schneeberg erblickte, war in einem beklagenswerten Zustand. Doch damit nicht genug: Wieder zu Hause, musste er wenige Wochen später erfahren, dass es kurz nach seinem letzten Besuch abgerissen worden war. "Es war ein Schock und eine Enttäuschung für uns, die ihre frühen Jahre dort oben gelebt und gearbeitet hatten. Es war, als verlöre man ein Stück seiner persönlichen Geschichte. Ich glaube, die meisten von uns hatten gehofft, dass es überleben würde als Restaurant oder Stützpunkt für Langläufer oder Skiwanderer."

Rick entschloss sich, seine Erinnerungen, seine Gedanken und Gefühle des Verlustes in selbst geschriebenen Songs zu verarbeiten. Das Ergebnis war eine CD mit mehreren Songs und dem Titel "Mortar and Stone" (Mörtel und Stein). Ein paar seiner Titel hat er illustriert und auf Youtube veröffentlicht, den letzten erst vor wenigen Wochen.

Der Schneeberg birgt noch viele andere Geschichten. Auch die NSA horchte hier oben.

Gleich neben dem ehemaligen US-Areal, das der Landkreis Wunsiedel kaufte und renaturierte, liegt das einstige Bundeswehrgelände. Das ist inzwischen an die Stadt Wunsiedel verkauft.